Jörg Blöming zur Abschaffung der anonymisierten Bewerbungsverfahren

11.07.2017

Herr Präsident / Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

Die anonymisierte Bewerbung wird abgeschafft. Aus meiner 15jährigen Erfahrung als Ausbildungsleiter bei der Stadt Erwitte kann ich sagen: Das ist genau richtig! Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, haben dieses Instrument geschaffen, weil Sie ein immenses Misstrauen gegen die Personalverantwortlichen im öffentlichen Dienst hegen. Sie halten dieses Mittel für notwendig, weil Sie glauben, dass die Personaler migranten- und frauenfeindlich sind. Das ist Ihr Weltbild! Das ist Ihre Haltung gegenüber den Menschen, die für unsere Kommunen und unser Land arbeiten. Und anstatt sich diesem – durch Sie festgestellten – Problem durch Aufklärung entgegenzustellen, da haben Sie diese anonymisierten Bewerbungsverfahren geschaffen. Sie wollten also einen von Ihnen im System identifizierten Fehler nicht beheben! Sie wollte nicht für das Thema sensibilisieren! Sie wollten und wollen tricksen. Damit tun Sie niemandem einen Gefallen! Das System des anonymisierten Bewerbungsverfahren ist mit der vorangegangenen Evaluationsphase ein Musterbeispiel für: „Lang geplant, aber zu kurz gedacht“. Liebe Kolleginnen und Kollegen zur Linken: Sie können uns und den Bürgern doch nicht ernsthaft verkaufen wollen, dass Menschen, die wie von Ihnen unterstellt denken… Dass diese Menschen im Bewerbungsgespräch plötzlich vom Saulus zum Paulus werden und ihre Vorurteile vergessen. Das ist realitätsfremd! Wer als Mitarbeiter keine Frau, keinen Menschen mit Handicap und keinen mit Migrationsgeschichte haben will, der wird dies auch nicht plötzlich im Bewerbungsgespräch wollen! Und noch etwas: Sie beharren auf dem Klischee des benachteiligten Migranten und verfestigen es durch diese Maßnahmen sogar noch. Die neue Landesregierung macht es besser! Sie sagt den Menschen: Wir brauchen Euch! Wir brauchen Euch, eben weil Ihr eine Geschichte habt! Anders als im Antrag auf die heutige Aktuelle Stunde geschrieben, widerspricht die Abschaffung der anonymisierten Bewerbung somit keineswegs dem Ansatz, mehr Menschen mit Migrationsgeschichte einzustellen. Die Abschaffung ist vielmehr konsequent! Denn nur so ist überhaupt erst die Möglichkeit zur strategischen Einstellung dieser Bevölkerungsgruppen gegeben. Wir brauchen die Menschen in der Verwaltung und nicht nur bei der zweiten Hürde: dem Telefonat oder dem Bewerbungsgespräch! Hier muss man ansetzen! Man muss das System objektivieren – von der ersten bis zur LETZTEN Stufe des Bewerbungsverfahrens. Dazu ist notwendig, dass wertvolle Informationen und Fähigkeiten, die die Bewerber erst für einen Job besonders geeignet erscheinen lassen nicht unter den Tisch fallen. Sprachfähigkeiten in Muttersprach-Qualität. Geografische, kulturelle und religiöse Kenntnisse. All dies sind Parameter, die auf eine Migrationsgeschichte schließen lassen. Aber genau diese Fähigkeiten – um nur einige Beispiele zu nennen – sollen ignoriert, verheimlicht und geschwärzt werden. Dies ist aber ein Potential, das man nicht achtlos ignorieren sollte! In Zeiten des Fachkräftemangels, sollte man dies nicht verschenken. Auch und gerade der öffentliche Dienst muss um geeignete Bewerber kämpfen. Die neue Landesregierung sieht dieses Potenzial und will es heben. Dazu braucht es eine objektive, strukturierte und transparente Personalauswahl. Hier muss man die Verantwortlichen in die Pflicht nehmen und nicht die Bewerber in die Anonymität drängen. Unabhängig ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder ihrer Einschränkungen: Wir brauchen Menschen mit Potenzial in unseren Verwaltungen und nicht nur im Bewerbungsgespräch. Das ist der Ansatz dieser Landesregierung. Die Abschaffung dieses Verfahrens ist da nur konsequent.

Vielen Dank!