Jonathan Grunwald zu TOP 12 "Mehr männliche Lehrer an Grundschulen"

29.03.2023

Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Herr Clemens, es überrascht mich dann doch ein wenig, dass es
ausgerechnet die AfD-Faktion ist, die das Geschlecht zu einem
Einstellungskriterium machen möchte und in Ihrem Antrag von einer
Quote fabuliert. Bei der Besetzung von Vorständen soll das Geschlecht
keine Rolle spielen, aber im Lehramt schon? Das klingt genauso wild und
unabgestimmt wie Ihre gesamte Politik.
Richtig ist, dass männliche Lehrkräfte an unseren Grundschulen klar in
der Unterzahl sind. Und keiner von uns hätte etwas dagegen, wenn sich
dieses Verhältnis zugunsten der männlichen Lehrer verschieben würde.
In einer freiheitlichen Demokratie ist es jedoch üblich, dass sich junge
Menschen ihren Berufsweg frei auswählen dürfen und keine
planwirtschaftlichen Vorgaben à la DDR bekommen.
Und aus dem bestehenden Geschlechterverhältnis an unseren
Grundschulen eine Benachteiligung für männliche Schüler abzuleiten, ist
–wie so oft in Ihren Anträgen –deutlich zu kurz gesprungen. Die Ursachen
für die Leistungsunterschiede von Jungen und Mädchen sind vielfältig. Ich
empfehle dazu die Lektüre der maßgeblichen Werke aus der
Neuropsychologie von Ruben Gur und Bennet Shaywitz von der Yale
University, die eine unterschiedliche Reifeentwicklung, eine differente
Gehirnentwicklung sowie hormonelle Unterschiede im Kinder- und
Jugendalter als zentrale Ursache für die Leistungsunterschiede
verantwortlich machen.2
Diese biologisch bedingten Ursachen werden wir nicht durch eine
Veränderung des Geschlechterverhältnisses unter den Lehrkräften
verändern können. Vielmehr müssen wir junge Menschen, völlig
unabhängig vom Geschlecht, motivieren, den Karriereweg als Lehrerin
oder Lehrer einzuschlagen. Wir müssen ihnen noch viel deutlicher
aufzeigen, dass sie es sind, die einen ganz entscheidenden Teil zur
Zukunftsfähigkeit unseres Landes beitragen können. Schulministerin
Dorothee Feller hat mit ihrem Handlungskonzept Unterrichtsversorgung
bereits an den zentralen Stellschrauben gedreht. Die Zukunftskoalition
aus CDU und Grünen setzt auf Wertschätzung und Entlastung und nicht
auf eine Quote!
Und gestatten Sie mir zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung:
Zwei meiner drei Söhne besuchen eine Grundschule –und, jetzt halten
Sie sich fest, sie werden von Frauen unterrichtet. Und diese Frauen
machen ihre Arbeit verdammt gut und ich bin dankbar für ihren Einsatz an
der Schule und ihren engagierten Dienst für das wichtigste, was wir haben
–nämlich unsere Kinder.
In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss
und danke für die Aufmerksamkeit!