Jonathan Grunwald zu TOP 7 "Wo bleibt ein deutsches ChatGPT? - NRW zur Deep-Tech-Fabrik machen!"

09.03.2023

Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

große Teile Ihrer Schilderungen im Antrag, liebe Kollegen der FDP, kann ich sofort unterschreiben. ChatGPT und weitere KI-gestützte Chatbots
werden Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, insbesondere auf unser Bildungssystem, haben. Auch den von Ihnen beschriebenen disruptiven
Charakter des Tools würde ich sofort attestieren. In einem wesentlichen Punkt unterscheidet sich jedoch unsere Bewertung –im Unterschied zu
Ihnen bin ich sehr optimistisch, dass wir in Nordrhein-Westfalen sehr gut für die bevorstehenden Entwicklungen aufgestellt sind.
Erst letzte Woche haben wir uns als CDU-Landtagsfraktion im größten Startup-Accelerator des Landes mit Technologieexperten zu Chancen und
Risiken der neuen Anwendungen ausgetauscht. Und wissen Sie, was uns dort berichtet wurde? In NRW haben sich bereits die ersten Startups
gegründet, die Anwendungssoftware entwickeln, die auf der ChatGPT-Schnittstelle aufsetzt. Wir sind Innovationsland und sollten stolz auf
unsere Gründerinnen und Gründer sein!
Zudem ist nicht ausgemacht, dass ChatGPT den Markt monopolisieren wird –auch Alphabet, Meta und das Heidelberger Unternehmen Aleph
Alpha verfügen über ähnliche KI-Modelle. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am 20. Februar, die KI von Aleph Alpha habe in
Vergleichstests annähernd gleiche Ergebnisse wie OpenAI erzielt. Mit dem Bürgerassistenten „Lumi“besteht auch bereits ein
anwendungsorientierts Kommunikationstool, das –anders als ChatGPT –Aussagen mit kuratierten Quellen belegt. Und auch das IT-Systemhaus
der Bundeswehr BWI in Meckenheim, bei uns in NRW, arbeitet bereits mit dieser in Deutschland entwickelten Technologie. Ihre Frage, wo ein
deutsches ChatGPT bleibe, erübrigt sich daher gewissermaßen.
Volkswirtschaftlich wird es viel wichtiger sein, dass unsere Unternehmen in NRW in der Lage sind, die Schnittstellen der KI-Programme für ihre
Geschäftsmodelle zu nutzen, denn so entsteht eine echte Produktivitätssteigerung, die wir in Zeiten des demografischen Wandels
dringend brauchen, um unser Wirtschaftswachstum auch in den kommenden Jahrzehnten aufrecht zu erhalten.
Lassen Sie mich diesen Punkt anhand einer Analogie erklären: Android und IOS dominieren den Markt für die Smartphone-Software –dennoch
haben etliche kleine und große App-Entwickler diese Plattformen genutzt, um eigene Anwendungen zu entwickeln, damit Geld zu verdienen,
Arbeitsplätze zu schaffen und den digitalen Raum somit mitzugestalten.
Kongruent dazu werden es auch unsere Startups aus NRW sein, die den digitalen Raum in der neuen KI-Welt mitgestalten werden.
Sie sehen –ich bin diesbezüglich sehr optimistisch, weil wir unter den beiden CDU-geführten Landesregierungen seit 2017 etliche wichtige
Pflöcke einschlagen konnten.
Bereits 2018 haben wir die Plattform KI.NRW mit dem Ziel gegründet, den Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu intensivieren.
Dadurch haben wir eine wichtige Grundlage gelegt, um Forschungsergebnisse aus NRW möglichst unmittelbar in eine
unternehmerische Tätigkeit zu überführen.
Erst vor wenigen Monaten haben unser Ministerpräsident Hendrik Wüst und Ministerin Ina Brandes mit dem Lamarr-Institut für Maschinelles
Lernen und Künstliche Intelligenz einen neuen Hotspot der KI-Forschung in NRW eröffnet. In den nächsten fünf Jahren investieren wir gemeinsam
mit dem Bund 126 Millionen Euro, um unser Land zum Anlaufpunkt für die klügsten Köpfe aus der gesamten Welt zu machen!
Ergänzend dazu nehmen wir weitere 5 Millionen Euro in die Hand, um das Center for Advanced Internet Studies (CAIS) in Bochum zum Institut für
Digitalisierungsforschung auszubauen. Damit schaffen wir eine interdisziplinäre Spitzeneinrichtung, die alle Facetten des technologischen
Wandels betrachtet und analysiert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, sie sehen –wir haben das Potential und die Wachstumsmöglichkeiten von KI nicht nur erkannt, wir
h
aben bereits mit dem Haushalt 2023 unsere Ressourcen eingesetzt, um NRW zum KI-Hotspot in Europa zu machen. 
Zusätzlich stellen wir durch die Förderlinie „Künstliche Intelligenz/Maschinelles Lernen“weitere 5 Millionen Euro zur Verfügung, um „KI made in NRW“zu stärken. Sowohl das Förderformat „KI-Starter“, 
das sich an junge Gründerinnen und Gründer richtet als auch das Graduiertenkolleg „DataNinja“fördern innovative Projekte im Bereich der
KI-Grundlagenforschung. Aktuell werden auf diesem Weg mehrere Forschungsvorhaben zum tieferen Verständnis neuronaler Netze gefördert.

Damit aus der Grundlagenforschung aber auch tragfähige Geschäftsmodelle erwachsen können, haben wir etliche Programme
aufgesetzt, die jungen Gründerinnen und Gründern unter die Arme greifen. Ob die fünf vom Land kofinanzierten DigitalHubs in Bonn,
Düsseldorf, Aachen, Münster und Essen, das K67 in Düsseldorf oder den STARTPLATZ in Köln und Düsseldorf –an der Schnittstelle zwischen
Wissenschaft und Wirtschaft finden sich in unserem Land tolle Angebote, die Gründer mit der nötigen Infrastruktur, finanziell, aber auch beratend
unterstützen. Die Grundlagen dafür hat nicht zuletzt unser letzter Digitalminister Professor Pinkwart gelegt - auch deshalb bin ich ein wenig
über den besorgten Unterton in Ihrem Antrag verwundert, liebe Kollegen der FDP. Freuen Sie sich doch lieber, dass jedes fünfte deutsche Startup
seinen Sitz in Nordrhein-Westfalen hat. In keinem anderen Flächenland gibt es pro Kopf mehr Startups!
Doch damit geben wir uns nicht zufrieden: Die Zukunftskoalition in NRW setzt sich für einen proaktiven Umgang mit Künstlicher Intelligenz ein.
Bildungsministerin Dorothee Feller hat erst letzten Monat einen ausführlichen Handlungsleitfaden zum Umgang mit KI vorgestellt, der
verdeutlicht, dass wir uns chancenorientiert positionieren, um unsere Zukunftsfähigkeit zu wahren. Nicht verbieten, sondern befähigen –das ist
unsere Strategie für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz!
Wir werden in den nächsten Jahren weitere Maßnahmen in die Wege leiten, um „KI made in NRW“weiter zu stärken.
Dazu gehört auch eine Stärkung der MINT-Bildung an unseren Schulen.
Ein gut ausgebildetes Verständnis für mathematische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge wird unsere Schülerinnen und
Schüler befähigen, die Algorithmen zu verstehen, zu bedienen und selber zu programmieren. Wir werden daher für eine dauerhafte Absicherung des
Projektes „Zukunft durch Innovation“, dem europaweit größten MINT-Netzwerk, alleine im Jahr 2023 10 Millionen Euro in die Hand nehmen und
stärker als bisher außerschulische Lernorte wie das Deutsche Museum und den Makerspace in Bonn in den Schullalltag integrieren, um für KI zu
begeistern.
Nicht zuletzt unterstreichen wir unsere proaktiven Umgang mit KI durch unseren Antrag „Chancen von Künstlicher Intelligenz im Bildungswesen
und Forschung nutzen und Herausforderungen souverän begegnen“, den Kollege Tigges heute Nachmittag im Plenum vorstellen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sie sehen –für die schwarz-grüne Zukunftskoalition steht KI ganz oben auf der politischen Agenda. Lassen Sie uns daher gemeinsam daran
arbeiten, die Chancen von KI für unsere Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar zu machen: Zur Sicherung von Wachstum und Wohlstand, aber
auch zur Sicherung unserer Demokratie und unseres Wertesystems. Ich freue mich daher auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und danke
für Ihre Aufmerksamkeit!