
Sehr geehrte Frau Präsidentin/sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
„it‘s the economy, stupid.“ Nicht erst seit dem Wahlkampf von Bill Clinton wissen wir, wie wichtig ökonomische Bildung ist – gerade auch für junge Menschen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben. Dabei geht es mir weniger um die Anleitung zum Ausfüllen der Steuererklärung oder Anlageempfehlungen für ETFs oder Anleihen – in Zeiten von YouTube und TikTok erschließen sich junge Menschen dies auch ohne Unterstützung einer Lehrkraft. Mir geht es um etwas Grundsätzlicheres:
Der ökonomische und gesellschaftliche Aufstieg der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg fußt auf den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Freiheit und Verantwortung, Subsidiarität und Solidarität – das waren damals und das sind sie auch noch heute: Die elementaren Grundsätze, die unser Land zu dem geformt haben, auf das wir heute zu Recht stolz sind. Die Soziale Marktwirtschaft ist dabei mehr als nur eine Wirtschaftsordnung, nein, sie ist auch die zentrale Gesellschaftsordnung unseres Landes!
Doch in einer sich immer schneller wandelnden Welt, in der auch Weltanschauungen und Werte in einem Systemwettbewerb stehen, müssen auch Errungenschaften immer wieder neu erklärt und verteidigt werden.
Wenn wir jungen Menschen das Grundprinzip des Förderns und Forderns näherbringen wollen, wenn wir junge Menschen für die Übernahme von Eigenverantwortung oder die Gründung eines Unternehmens motivieren wollen, dann brauchen wir, meine Damen und Herren, mehr Soziale Marktwirtschaft. In den Unternehmen, in den Zeitungen und TV-Debatten, in unserer Politik und auch im Schulunterricht!
Deshalb, liebe Kollegen der FDP, freue ich mich, dass Sie sich offenbar so gerne an die gemeinsame Regierungszeit erinnern und den Erfolg der Einführung des Schulfaches „Wirtschaft“ bzw. „Wirtschaft-Politik“ mit Ihrem Antrag noch einmal unterstreichen. Durch die schrittweise Einführung in den verschiedenen Schulformen ist es uns gelungen, die ökonomische und wirtschaftspolitische Bildung an unseren Schulen zu stärken! Das war richtig und daran halten wir fest.
Wenn wir jedoch über die Stärkung ökonomischer Bildung im Unterricht sprechen, müssen wir die Debatte ehrlich führen.
Liebe Kollegen der FDP, Sie verweisen in Ihrem Antrag darauf, dass Wirtschaft häufig fachfremd unterrichtet wird. Die wesentliche Ursache dafür, müsste Ihnen jedoch bekannt sein: In Folge der Einführung des neuen Schulfaches wurde das Lehramtsfach „Wirtschaft-Politik“ erst zum Studienjahr 2021/2022 umgestellt, sodass wir ab 2026 mit den ersten Absolventen rechnen können, die in ihrem Studium wirtschaftsdidaktische Kenntnisse erworben haben. Der Anteil des fachfremden Unterrichts wird konsequenterweise in den kommenden Jahren stetig abnehmen.
Gleichwohl teile ich Ihren Punkt, in der Lehrerfortbildung ökonomische Bildung stärker abzubilden. Ich bin daher unserer Schulministerin Dorothee Feller dankbar, dass Sie den Mut und die Kraft aufbringt, die über Jahrzehnte in NRW entstandene unübersichtliche Fortbildungslandschaft systematisch mit dem 6-Punkte-Plan anzupacken, um mehr Verbindlichkeit und mehr Steuerung zu implementieren.
Geschätzte Kollegin Müller-Rech, Ihren Vorstoß bezüglich eines Abiturfaches Wirtschaft kann ich nur bedingt nachvollziehen, wo doch eine Abiturprüfung mit wirtschaftlichen Bestandteilen bereits heute möglich ist. Das Fach Sozialwissenschaften, mit dem Teilbereich Wirtschaftswissenschaft, kann sogar als Leistungskurs belegt werden, und in den Vorgaben für das Zentralabitur 2024 findet sich in den Grund- und Leistungskursen das Prüfungsfeld „Wirtschaftspolitik“. Bei einer besonders ausgeprägten Wirtschaftsaffinität können Schüler ihr Abitur zudem an Wirtschaftsgymnasien ablegen und auf diesem Weg den Anteil der ökonomischen Themen in ihrem Abitur deutlich erhöhen.
Ob Startup-Zukunft, Junior-Schülerfirmen oder die Schülergenossenschaften – wir haben in NRW bereits zahlreiche praxisorientierte Projekte im Bereich der ökonomischen Bildung an unseren Schulen. Doch es wird nicht reichen, dass wir uns hier in Düsseldorf tolle Projekte ausdenken – entscheidend ist die Überführung dieser Projekte in die schulische Praxis. Wie dies gelingen kann, zeigt meine ehemalige Schule, das Siebengebirgsgymnasium in Bad Honnef, eindrucksvoll:
Allein in den letzten Jahren haben die Schüler aus Bad Honnef dreimal den bundesweiten Wettbewerb business@school gewonnen. Durch das Zusammenspiel aus engagierten Lehrern und einer bereits bestehenden Initiative ist die ökonomische Bildung am Siebengebirgsgymnasium bereits heute absolut spitze!
Wir brauchen das Rad gar nicht neu zu erfinden: Lassen Sie uns vielmehr unsere Kanäle als Abgeordnete nutzen, um die bestehenden Angebote noch stärker an unsere Schulen zu tragen und für mehr ökonomische Bildung zu sensibilisieren. Hier befindet sich der Hebel für eine echte Stärkung der Wirtschaftskompetenz unserer Schülerinnen und Schüler!
Einer weiteren Professionalisierung der ökonomischen Bildung an unseren Schulen stehen wir aufgeschlossen gegenüber und freuen uns daher auf die Beratungen im Ausschuss, die wir vielleicht auch im Rahmen von Expertengesprächen vertiefen können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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