
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
wir sprechen heute über einen Antrag der AfD, der unser Schulsystem in Nordrhein-Westfalen als Geschlechterungerecht darstellen will. Doch die Wirklichkeit ist eine andere: Unser Land hat sich in den vergangenen Jahren unter Schwarz-Grün zielgerichtet für eine moderne, gemeinschaftliche und leistungsorientierte Bildungspolitik entschieden – und genau das ist der richtige Weg.
Nach der Lektüre dieses Antrags bleiben vor allem zwei Dinge zurück: Kopfschütteln – und eine Vielzahl von Fragen.
Was haben Sie sich bei der Ausarbeitung eigentlich gedacht? Sind Ihnen die Unterstellungen gegenüber weiblichen Lehrkräften tatsächlich bewusst? Und halten Sie Ihre Vorschläge ernsthaft für tragbar?
Zur Mitte Ihres Textes beginnen Sie, von „Heteronormativität“ zu schwadronieren – einem angeblichen „Feindbild des Feminismus“, wie Sie es nennen. Allein diese Wortwahl und die Art, wie Sie den Begriff instrumentalisieren, entlarven das ideologische Fundament Ihres Antrags.
Damit sind wir beim Kern: Sie fordern mehr männliche Lehrkräfte, um einer vermeintlich „feministischen Lehre“ – einer systematischen Benachteiligung von Jungen entgegenzuwirken.
Glauben Sie eigentlich selber das, was Ihnen Referenten Ihre im Antrag aufgeschrieben haben?
Unsere Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen – und zwar unabhängig von ihrem Geschlecht – leisten jeden Tag Großartiges, indem sie genau das Gegenteil dessen tun, was Sie hier unterstellen: Sie fördern Zusammenarbeit, sie stärken das Miteinander der Geschlechter und sie sehen das Kind in seiner Einzigartigkeit und Individualität.
Unsere Schulen trennen nicht, sondern verbinden. Schülerinnen und Schüler sollen lernen, dass sie gemeinsam stark sind – egal, ob sie besser in Mathematik, Sprachen, Musik oder Sport sind. Unser Schulgesetz schreibt ausdrücklich fest, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter zu achten ist. Es geht nicht darum, Unterschiede künstlich zu nivellieren, sondern allen Kindern faire Chancen zu geben – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sozialem Hintergrund.
Unser Schulministerium bietet dafür einen klaren Rahmen: Mit der „Pädagogischen Orientierung für eine geschlechtersensible Bildung“ werden praxistaugliche Materialien bereitgestellt, die Lehrkräfte im Alltag unterstützen – keine Ideologie, sondern Hilfen für Unterricht, Kommunikation und Schulkultur. Und hätten Sie auch nur eine Minute damit verbracht, sich mit der Handreichung näher zu befassen, wäre Ihnen aufgefallen, dass Sie gar keine heiße Spur verfolgen, keine Geheimverschwörung der Männerhasser in unserem Bildungssystem aufgedeckt haben.
Das Ministerium beschreibt beispielsweise die Leistungsunterschiede zwischen den Geschlechtern und die Tatsache, dass mehr Schüler als Schülerinnen die Schule ohne Abschluss verlassen ziemlich deutlich – und zwar ohne Schaum vor dem Mund, ohne Verschwörungstheorie.
Und im Gegenzug zu Ihrem Antrag finden sich konkrete Handlungsempfehlungen mit dem Ziel, dass alle Kinder und Jugendlichen ihre individuellen Potenziale bestmöglich entfalten können und Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts vermieden und abgebaut werden.
So können Lehrkräfte beispielsweise bei Bedarf die Geschlechter trennen und spezielle Angebote für Mädchen und Jungen unterbreiten. Auch sollen sie unterschiedliche geschlechterbezogene Vorerfahrungen und Interessen im Unterricht berücksichtigen.
Und halten Sie sich fest: Es wird auch eine möglichst ausgeglichene und vielfältige Repräsentanz der Geschlechter in verschiedenen Bereichen des Schullebens empfohlen. Und selbstverständlich fehlt auch nicht der Hinweis, dass männliche Lehrkräfte oder weitere pädagogische Fachkräfte für Jungen als Vorbilder wirken können, indem sie durch ihr eigenes Verhalten deutlich machen, dass sich Anstrengungsbereitschaft und Männlichkeit keineswegs ausschließen.
Unser Leitbild ist dabei klar: Schulen in NRW sind Orte der Gemeinschaft, der Leistung und der Zukunft. Wir wollen Kinder und Jugendliche stärken. Wir bauen auf Vertrauen in unsere Lehrkräfte, auf attraktive Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen UND Lehrer sowie auf die stetige Weiterentwicklung unseres Bildungssystems.
Ihren Unterstellungen und Stigmatisierungen weiblicher Lehrkräfte widersprechen wir entschieden und lehnen daher Ihren ideologisch aufgeladenen Antrag ab.
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