Klaus Voussem zu TOP 20: „Erweiterung des Untersuchungsauftrages des Untersuchungsausschusses V (Hochwasserkatastrophe)“

23.03.2022

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin/
sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

uns allen sind noch die schrecklichen Bilder
der Folgen des heftigen Unwetters Mitte Juli 2021
lebhaft in Erinnerung.

Insbesondere der Ortsteil Blessem in Erftstadt
wurde von der Flut besonders schwer getroffen.

Durch die Überschwemmung und die starken Hochwasserzuflüsse
kam es zu starken Bodenerosionen
zwischen dem Tagebau Blessem, dem eigentlichen Ortsteil und der Erft mit erheblichen Gebäudeschäden.

Diese Bilder gingen um die Welt:

Bilder der überfluteten Kiesgrube
haben es ihrerzeit auf die Titelseite der New York Times geschafft.

Aktuell gibt es neue Erkenntnisse zu den -
in Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss stehenden -Ereignissen -
der Hochwasserkatastrophe.

Es besteht der Verdacht,
dass die Kiesgrube Blessem in Erftstadt
nicht ausreichend gegen Hochwasser geschützt war.
Aus diesem Grund ermittelt aktuell auch die Staatsanwaltschaft Köln.

Es bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
der am 26. August 2015 erteilten Zulassung des Sonderbetriebsplans
für die Errichtung eines Hochwasserschutzwalls
durch die Bezirksregierung Arnsberg als Bergbehörde.

Am 24. Juni 2015 wurde dort eine Bauzustandsbesichtigung durchgeführt.

Aus sachverständiger Sicht
soll der Südrand der Kiesgrube nicht durch einen –
den Bestimmungen entsprechenden –
Hochwasserschutzwall gesichert worden sein.

Auch die Böschungen sollen steiler als zulässig gewesen sein.

Wir müssen in diesem Zusammenhang Fragen stellen,
die über den bisherigen Untersuchungszeitraum
im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss hinausgehen.

Gerade die Situation rund um den Tagebau Blessem
kann nur untersucht werden,
wenn wir auch die Genehmigung von ihrer Erteilung bis hin zum Schadenseintritt
sowie das Verhalten der Bergbehörde sowie der weiteren beteiligten Landesministerien im Rahmen der Erteilung
untersuchen.

Aufgrund der Kürze der noch zur Verfügung stehenden Zeit,
werden wir leider
nicht alle offenen Fragen hinreichend beantworten können.
Der Untersuchungsausschuss V
hat in mehreren Beschlüssen bereits entschieden,
Beweis über den Hochwasserschutz der Kiesgrube in Erftstadt-Blessem und
die von ihr ausgehende Gefahr
zu erheben.

Dazu wurde u.a. das –
als oberste Bergbehörde zuständige –
Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes von Nordrhein-Westfalen
zur Aktenlieferung hinsichtlich des bisherigen Untersuchungszeitraumes vom 9. Juli bis 9. September 2021
aufgefordert.

Auch Minister Prof. Dr. Pinkwart ist aufgefordert,
als Zeuge Auskünfte zu den ihm vorliegenden Informationen
über den Hochwasserschutz der Kiesgrube Blessem und
deren mögliches Gefahrenpotential zu geben.

Bei der Befragung des Ministers kann es aber nicht ausschließlich
um die von ihm verfassten Berichte oder Kleine Anfragen gehen,
die der Minister im bisherigen Zeitraum gemacht hat.

Wir wollen die Vernehmung des Ministers
auch nicht durch weitere Aktenanforderungen hinauszögern.

Dieses Anliegen ist einer Aufklärung eher hinderlich,
denn Prof. Dr. Pinkwart war in dem relevanten Zeitraum
noch gar nicht Minister.

Hier muss schnell Licht ins Dunkel gebracht werden,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Politik wird den betroffenen Menschen in der Region nicht gerecht, wenn wir uns weiter
nur mit den Äußerungen des Ministers
im derzeitigen Untersuchungszeitraum befassen und
darüberhinausgehende Fragen
nicht stellen können.

Für eine umfassende Aufklärung und
Untersuchung der Vorgänge um die Kiesgrube Blessem
ist daher eine Erweiterung des Untersuchungszeitraumes
auf den 24. Juni 2015,
dem Tag der Bauzustandsbesichtigung der Hochwasserschutzeinrichtung der Kiesgrube Blessem,
erforderlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

für eine lückenlose Aufklärung
müssen wir uns
das Genehmigungsverfahren im Detail (!) anschauen,
denn daran bestehen erhebliche Zweifel.

An diesem Verfahren waren als zuständige oberste Landesbehörde
das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und
das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen beteiligt.

Mögliche Versäumnisse, Unterlassungen, Fehleinschätzungen und -
unter Umständen –
einem Fehlverhalten der vorherigen Landesregierung
in Bezug auf die Zulassung des Sonderbetriebsplans
für die Errichtung eines Hochwasserschutzwalls um Jahr 2015
müssen untersucht werden.

Der Untersuchungszeitraum des Untersuchungsausschusses
ist daher vorzuverlegen.

Wir müssen als Land
alles erdenklich Notwendige tun,
um diese Katastrophe aufzuklären und
Lehren für die Zukunft daraus zu ziehen.

Das sind wir den Menschen
in den betroffenen Regionen schuldig.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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