Foto: Rainer Holz
Sehr geehrte Frau Präsidentin / sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein deutsches Sprichwort besagt:
„Man muss das Rad nicht neu erfinden.“
Selten hat dies so gut gepasst wie heute – im wahrsten Sinne des Wortes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
wie kommt es, dass Sie exakt zwei Wochen,
nachdem die Landesregierung ihren Gesetzesentwurf zum Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz in die parlamentarische Debatte eingebracht hat,
mit einem eigenen Fahrradgesetz aufwarten?
Da muss ich mich doch wirklich fragen,
ob zuvor nicht in den Beratungen waren?
Nun kommen Sie mit einem eigenen Gesetzesentwurf um die Ecke,
der an vielen Stellen gar nicht weit genug geht und –
wieder einmal –
andere Verkehrsteilnehmer benachteiligt.
Er geht sogar so weit, die Menschen,
aber auch die Kommunen,
zu bevormunden!
Dieser Entwurf bremst ein gutes Vorhaben aus –
und zwar gewaltig.
Vielmehr stellt er eine „Rolle rückwärts“ dar.
Vor zwei Wochen waren wir an dieser Stelle schon wesentlich weiter!
Liebe Kollegen von BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN,
Sie haben Ihren Gesetzentwurf in Berlin abgeschaut,
doch das funktioniert nicht so einfach!
Berlin ist ein Stadtstaat und Nordrhein-Westfalen ein Flächenland.
Aber auch in Berlin ist dieses Fahrradgesetz nicht unumstritten!
Viele der angesprochenen Punkte lassen sich
aufgrund der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie in Nordrhein-Westfalen
nicht über die Landesgesetzgebung festschreiben und regeln!
Sie legen den Fokus ausschließlich auf das Fahrrad.
Das ist viel zu eindimensional gedacht –
da sollten wir heute eigentlich schon weiter sein,
liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der Entwurf der Landesregierung fördert zudem
den Fußverkehr und andere Formen der Nahmobilität.
Auch die Verkehrssicherheit
im Bereich der Nahmobilität
kommt in Ihrem Antrag viel zu kurz,
liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN!
Gewiss - eine ganze Reihe Ihrer Forderungen sind,
im Hinblick auf den Radverkehr,
im Entwurf der Landesregierung und in den Eckpunkten
für den gesetzesbegleitenden Aktionsplan
ebenfalls berücksichtigt.
Unser Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz verfolgt darüber hinaus aber einen deutlich umfassenderen Ansatz!
Der Netzgedanke steht im Mittelpunkt.
Das Land wird ein Radvorrangnetz definieren,
einen Bedarfsplan für Radschnellverbindungen des Landes aufstellen und
auch auf lokaler und überörtlicher Ebene
die Erstellung von Radverkehrsnetzen vorantreiben.
Dabei ist es den Gemeinden und Gemeindeverbänden überlassen,
die Radverkehrsnetze und – anlagen
in ihrem Gebiet auszugestalten.
Ihr Gesetzesentwurf ist hingegen ein massiver Angriff auf die kommunale Selbstverwaltung –
das muss man hier einmal ganz deutlich sagen!
Die NRW-Koalition ist der kommunalen Familie gegenüber
wesentlich partnerschaftlicher eingestellt!
Die Kommunen vor Ort sind wichtige Partner, wenn es darum geht,
unsere Städte und Gemeinden fahrrad- und fußgängerfreundlich zu gestalten.
Mit dem von ihr vor 14 Tagen vorgelegten Gesetzesentwurf
steht die NRW-Koalition an der Seite der Kommunen –
und bevormundet sie nicht!
Sie wertschätzt das Engagement der Kommunen und
unterstützt sie bei der Planung und Umsetzung.
Einzelne Forderungen in Ihrem Antrag,
liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
richten sich direkt an die Menschen –
sie müssen sich für das Fahrrad entscheiden
oder Rücksicht aufeinander nehmen (vgl. Nr. 14)
Kein Gesetz oder Aktionsplan kann aber „von oben herab“ etwas anordnen oder vorschreiben!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
um eine weitere Redensart zu bemühen:
Dieser Gesetzesentwurf ist eindeutig „zu kurz gesprungen“.
Er orientiert sich zwar am Gesetzesentwurf der Koalition –
bleibt aber viel zu einseitig und ambitionslos.
Die Bevorzugung des Fahrrads in dem vorliegenden Antrag ist mit unserem Ziel, alle Verkehrsarten gleichberechtigt zu behandeln, nicht vereinbar.
Dies hätte eine „Kannibalisierung“ anderer Verkehrsarten zur Folge –
das darf nicht geschehen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
in diesen Tagen stehen ja in den Schulen die Zeugnisse an:
Das Klassenziel hätten Sie mit diesem Antrag sicher nicht erreicht -
denn Abschauen bringt nicht weiter.
Es wäre wünschenswert gewesen,
wenn Sie konstruktiv im Ausschuss mit uns zusammengearbeitet hätten.
Das hätte uns in der Sache vielleicht nach vorne gebracht.
So bleibt am Ende leider
nur viel heiße Luft.
Ich danke für Ihre Aufmerk
Empfehlen Sie uns!