Landesregierung muss wachsende Überstundenberge sicher vor Verfall schützen - Beamte haben Kompensation ihrer unvermeidbar anfallenden Mehrarbeit verdient

05.04.2017
Werner Lohn MdL, Mitglied im Unterausschuss Personal

Um es zu Anfang gleich klar zu stellen: Überstunden kann es und darf es in jedem Betrieb einmal geben. Also auch im öffentlichen Dienst unseres Landes. Beamte sind nach dem Landesbeamtengesetz bei „zwingenden dienstlichen Verhältnissen“ sogar verpflichtet, ohne Entschädigung bis zu 5 Stunden im Monat mehr zu arbeiten. Das machen sie trotz ständig steigender Belastung mit großem Einsatz und weitestgehend ohne zu murren. Dafür an dieser Stelle neben Respekt und Anerkennung ein ganz herzliches Dankeschön an all unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den öffentlichen Verwaltungen des Landes! Wenn dann aber insgesamt in der Landesverwaltung schon Ende 2015 ein Berg von über 5 Millionen Überstunden vor sich her geschoben wurde, dann können wohl kaum immer „zwingende dienstliche Verhältnisse“ die Ursache gewesen sein. Nein, das deutet darauf hin, dass etwas „faul ist“ beim Arbeitgeber NRW. Ein verantwortungsbewusster und fürsorglicher Arbeitgeber darf nicht jahrelang tatenlos bleiben, wenn millionenfache Überstunden zum Dauerzustand geworden sind! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die nach ihrer Selbsteinschätzung angeblich so mitarbeiterfreundliche SPD-Fraktion dürfte angesichts dieser Mehrarbeitsmisere eigentlich nicht mehr ruhig schlafen können. Sie schlafen aber anscheinend ganz gut, denn wenn es um die längst überfällige Aufgabenkritik oder eine verlässliche und gerechte Regelung von Arbeitszeiten, den Abbau von Überstunden oder z.B. die flächendeckende Einführung von Lebensarbeitszeitkonten geht, dann ist da seit nun schon sieben Jahren Tiefschlaf und absolute Fehlanzeige festzustellen. Da hilft es auch nichts, wenn in zwei Polizeibehörden, darunter mein Heimatkreis Soest, nun noch kurz vor Toresschluss Pilotprojekte mit Lebensarbeitszeitkonten gestartet werden sollen. Das war längst überfällig und ist so nur reines Wahlkampfgetrommel. Fatalerweise gibt es für den Bereich Polizei, wo sich mit ca. 4 Millionen ca. 80 Prozent der gesamten Überstunden im Land auftürmen, schon seit Ende 2015 überhaupt keine Arbeitszeitverordnung mehr. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wie soll es ohne rechtskräftige Arbeitszeitverordnung zu einer vernünftigen Steuerung von Personaleinsatz und Überstundenabbau kommen? Das geht nicht und die Landesregierung kümmert sich nicht darum. Sie will die steigende Arbeitsbelastung -bei gleichzeitig dramatisch zunehmender Gewalt und Respektlosigkeit- weiter auf dem Rücken unserer Polizistinnen und Polizisten austragen! Sehr geehrter Herr Innenminister, Sie wissen sicherlich, dass nach § 61 Landesbeamtengesetz (LBG) für geleisteten Mehrdienst innerhalb eines Jahres Freizeitausgleich zu gewähren ist. IST nicht KANN. Da gibt es nichts zu deuteln. Fakt ist aber leider auch, dass effektiver Überstundenabbau bei zu wenig Personal und dramatisch steigender Einsatzbelastung kaum kurzfristig zu realisieren ist. Insbesondere, wenn es dann auch noch für blödsinnige und unwirksame Blitzmarathons eingesetzt wird! Verehrte Kolleginnen und Kollegen, um so unverantwortlicher ist es, dass der Innenminister, obwohl er weiß, dass die Überstundenberge nicht kurzfristig abgebaut werden können, darauf beharrt, dass hart erarbeitete Überstunden unserer Polizistinnen und Polizisten weiterhin nach drei Jahren ersatzlos verfallen bzw. verjähren sollen. Was würden SPD und Grüne wohl sagen, wenn ein privater Arbeitgeber sich das in der freien Wirtschaft erlauben wollte? Sie würden skandieren: „Sauerei und Ausbeutung!“ Hier bei uns sitzen die Ausbeuter dann anscheinend auf der Regierungsbank. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, erschwerend kommt hinzu, dass -nach gesicherten Erkenntnissen aus Gewerkschaftskreisen- im Jahr 2016 erneut 1,9 Millionen Überstunden bei der Polizei hinzugekommen sind und der Mehrdienstberg auf über 4 Mio. Stunden weiter angewachsen sein soll. Die Zahlen hat der Innenminister bereits Anfang Februar schriftlich von den Polizeibehörden mitgeteilt bekommen. Er will sie aber mit fragwürdigen Ausreden, dass da noch drei Monate lang Nachfragen erforderlich seien, bis nach der Landtagswahl verschweigen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Polizei, Justiz und die gesamte Landesverwaltung müssen sich darauf verlassen können, dass Überstunden auf ein verträgliches Maß begrenzt und dann aber auch ohne Wenn und Aber bezahlt oder ausgeglichen werden. So einfach und richtig ist die Forderung von CDU und FDP. Also dürfte einer breiten Zustimmung eigentlich wohl nichts im Wege stehen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Es gilt das gesprochene Wort!