Marcus Optendrenk zu TOP 1 "NRW muss der Grundgesetzänderung zustimmen - Bundesmittel für bessere Bildung sichern"

13.12.2018

Anrede,


heute debattieren wir hier im Landtag über eine Grundgesetzänderung. Drei Anträge beschäftigen sich damit, zwei dafür, einer dagegen.
Worüber beraten wir also im Kern nicht? Über 5 Milliarden Euro für die digitale Bildung an den Schulen bundesweit.
Auch wenn das der inhaltliche Aufhänger der vorgeschlagenen Verfassungsänderung ist. Man könnte auch sagen, es ist der vermeintlich passende Vorwand, um die Gewichte im Grundgesetz zu Lasten der Länder zu verschieben.

Im Grunde erleben wir gerade eine typische Angelszene:
Die einen – die Angler – spekulieren darauf, dass der als Köder eingesetzte Wurm den anderen so gut schmeckt, dass sie schon anbeißen.
Die anderen können es gar abwarten, nach dem Köder zu schnappen. Wie die Geschichte dann weiter geht, ist bekannt: wenn der eine zubeißt, hat der Angler am Ende einen schönen fetten Fisch an der Angel.

Hier im Landtag sitzen offenbar viele, die Geschmack an dem Köder hätten, wenn man sie denn nur ließe.
Im Bundestag sitzen erkennbar noch mehr, die darauf hoffen, dass das als Köder eingesetzte Geld die Landtagskollegen landauf landab sinnlich und gierig macht.

Natürlich geht es in der Politik häufig um die Verteilung von Geld. Denn Geld ermöglicht ja zumeist erst die Umsetzung politischer Ziele. Das gilt für den Haushalt des Landes ebenso wie für das Gemeindefinanzierungsgesetz oder Zuschussprogramme des Bundes.

Hier geht es aber um einen viel grundsätzlicheren Vorgang. Hinter dem glitzernden Vorhang von Bundesgeld für die Digitalisierung von Schulen wird die beabsichtigte Verschiebung von Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern nur mühsam versteckt.
Der Kernbereich der alleinigen Zuständigkeit der Länder für die schulische Bildung soll in eine Mitzuständigkeit des Bundes verwandelt werden. Um es noch einmal deutlich zu sagen: es geht hier um eine absolute Kernzuständigkeit des Landes.
Die Frage, wie Bildung in den Schulen stattfindet, würde dann zukünftig im Kanzleramt und im Bundestag mitentschieden.
Der Verlust ihrer Entscheidungsmöglichkeiten soll den Ländern mit reichlich Mammon versüßt werden.
Denn was ist in der vom Bundestag beschlossenen Neufassung des Art. 104c Grundgesetz vorgesehen?
Es geht nicht nur um eine gemeinsame Finanzierung von Bildungsinvestitionen für Schulen. Es geht für die Länder auch um den Zwang zur 50 prozentigen Mitfinanzierung und ein weitgehendes Kontrollrecht des Bundes bei der Mittelverwendung durch die Kommunen.
Damit wird deutlich: es geht auch um das Budgetrecht dieses Landtags.
Gestern erst haben alle Fraktionen dieses Königsrecht des Parlamentes betont. Heute wollen zwei Fraktionen sehenden Auges erhebliche Beschränkungen von außen durch eine Grundgesetzänderung vorantreiben.
Wie überflüssig wollen Sie denn Ihren eigenen Arbeitsplatz hier machen?
Für eine Hand voll Euros wollen Sie Ihre eigenen Rechte massiv einschränken lassen?

Dabei geht es ja auch anders.
Denn Artikel 106 des Grundgesetzes ermöglicht es schon lange, das Aufkommen aus den großen Steuern von Bund und Ländern neu aufzuteilen, wenn sich die Aufgaben- und Ausgabenlast verschoben hat. Das ist auch schon häufiger gemacht worden. Nur will das der Bund eben nicht.
Der Bund muss heute viel weniger Geld an die Bundesagentur für Arbeit zahlen, weil es in Deutschland zum Glück nur noch halb so viele Arbeitslose gibt wie 2005. Länder und Kommunen kommen aber mit der Modernisierung der Schulen nicht so schnell voran, weil das Geld dafür fehlt. Dann ist eine Umverteilung von Umsatzsteueranteilen zwischen Bund und Ländern ein sinnvoller Weg, das Geld an die richtige Stelle zu bringen.
Dafür brauchen wir keine Änderung der Verfassung, keine Beschränkung von Landeskompetenzen, sondern nur eine politische Einigung.
Daher sind die Anträge von SPD und Grünen bedauerliche Zeugnisse einer beabsichtigten Selbstverzwergung. Für sich selbst dürfen Sie das ja tun. Aber wir werden das Land davor verschonen.
Ein Beispiel von Weitsicht wäre es, den 16 Ministerpräsidenten aller Bundesländer als Landtag von Nordrhein-Westfalen jetzt gemeinsam den Rücken zu stärken.
Es geht um die ureigenste Aufgabe des Landes, gute Bildung für unsere Kinder hier zu organisieren. Und es geht um das Budgetrecht des Landtages von Nordrhein-Westfalen.
Dafür lohnt es sich, gemeinsam einzutreten. Sie sind dazu eingeladen.