Markus Höner zu TOP 2 "Zwischen Tierwohl, Ernährungssicherheit und Höfesterben: Landesregierung fehlen eigene Pläne für die Zukunft der Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen!"

08.03.2023

Sehr geehrter Herr Präsident,
(sehr geehrte Frau Präsidentin)
liebe Kolleginnen und Kollegen,

eigentlich sollte es mich freuen, dass plötzlich jeder meint die Landwirtschaft retten zu wollen. Aber eigentlich wundert es mich.

Tierwohl, Ernährungssicherheit und Höfesterben sind Themen, die uns politisch begleiten - seit ich denken kann.

Mir als Landwirt und uns als CDU sind sie immer besonders nahe.

In diesem Zusammenhang ist es richtig, dass unsere NRW-Agrarministerin Silke Gorissen die Ampelkoalition und den hier verantwortlichen Bundesagrarminister Cem Özdemir kritisiert hat.

Unsere Ministerin stellt sich vor die Bäuerinnen und Bauern und wurde unlängst dafür sogar als Lobbyisten der Landwirtschaft beschrieben!
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ein größeres Kompliment hätte man ihr gar nicht machen können.

Eine Ministerin die sich für die Einsetzt, für die sie auch Verantwortung übernimmt. So sollte das sein!

Nordrhein-Westfalen ist in seinen ländlichen Räumen von der Tierhaltung und besonders durch die Schweinehaltung geprägt. Deshalb sind wir uns sehr bewusst, in welcher großen Verantwortung wir hier stehen.

Im Koalitionsvertrag der Zukunftskoalition steht unmissverständlich, dass die Nutztierhaltung in Nordrhein-Westfalen für die Land- und Ernährungswirtschaft von grundlegender Bedeutung ist.
Wir haben anerkannt, dass sich Tierhalterinnen und Tierhalter auf den Weg gemacht haben, ihre Erzeugnisse nach hohen Qualitäts-, Sicherheits- und Tierwohlstandards ressourcenschonend zu produzieren.

Wir haben klar vereinbart, die Umsetzung der Ergebnisse des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung, der sogenannten Borchert-Kommission, in der Tierhaltung zu unterstützen.
Von der Finanzierung bis zur Umsetzung!
Für uns ist diese Umsetzung von grundlegender Bedeutung!

Und liebe Opposition. Die Umsetzung der Borchert Kommission in Berlin zu unterstützen um anschließend in NRW mit einem Förderprogramm Modellställe unterstützen zu können ist kein Widerspruch.
Ich habe eher den Eindruck, dass sie das nicht verstanden haben.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass diese Pläne auf Bundesebene umgesetzt werden müssen. Und da ist es leider auch bereits vor der Ampel, in der großen Koalition, alleine an der SPD gescheitert.

Unsere Ministerin hat das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz kritisiert – zurecht.
Ein wesentliches Problem aus Berlin ist hierbei aber noch nicht zur Sprache gekommen: nämlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner keine Mittel bereitstellt, damit die Empfehlungen der Borchert-Kommission umgesetzt werden können.

Parallel zu unserer landesseitigen Planung für diese Wahlperiode passiert doch im Bund gerade wenig:
während Özdemir die Erkenntnisse der Borchert-Kommission aufdröselt und Kritik erntet, weil sein Tierwohlkennzeichnungsgesetz in der Praxistauglichkeit kritisiert wird, lässt Lindner den Geldhahn zu.

Auch hier gilt, wie in vielen anderen Lebensbereichen:
ohne Moos nix los!
Die Ergebnisse des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung werden aber nur zielführend sein wenn sie komplett umgesetzt werden.

Der Bundesminister will bundesweit neue Kennzeichen für die Tierhaltung durchsetzen. Im ersten Schritt sollen die neuen Vorgaben noch in diesem Jahr für frisches Schweinefleisch im Handel starten. Das ist ein Anfang!
Vorgesehen ist ein System mit fünf Haltungskategorien während der Mast - vom gesetzlichen Mindeststandard im Stall bis zu Bio. Der Gesetzentwurf wird derzeit im Bundestag beraten.
Wohl gemerkt ohne, dass es das nötige Bau- und Immissionsschutzrecht gibt um diese Ställe zu bauen.
Und natürlich positionieren sich auch die Bundesländer dazu!

Ministerin Gorißen äußerte sich in der Presse, dass sie vor einer „Politik des Abbaus“ auf Kosten unserer heimischen Schweinebauern warnt.
Meine Damen und Herren – das ist ihr Job!

Bereits jetzt wird etwa ein Drittel des Schweinefleischkonsums, der Teilstücke die bei uns verzehrt werden, durch Importe gedeckt.
Bei einem weiteren Rückgang der Tierhaltung muss noch mehr importiert werden, ohne das wir auf die Haltungsbedingungen der Tiere Einfluss nehmen können.
Das darf nicht unser Weg sein!

Der Schweinefleischbedarf ist in Deutschland rückläufig, weil sich das Essverhalten verändert hat. Es wird aber auch in Zukunft große Teile der Bevölkerung geben, die Fleisch essen möchten.

Das ganze Thema ist vielschichtiger, als es auf den ersten Blick erscheint: es geht um Ernährungssicherheit, kurze Transportwege, Arbeitsplätze und darum, selbst kontrollieren zu können, unter welche Bedingungen Tiere gehalten werden.
Kurz um - Versorgungssicherheit zu unseren Standards.

Die Zukunftskoalition stellt sich gegen den massiven Abbau und für die Transformation!

Es ist breiter gesellschaftlicher Konsens, dass die Nutztierhaltung neu aufgestellt werden soll, das stellen auch die betroffenen Landwirte nicht infrage.
Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen: die Ampel muss sich zuerst geschlossen an den Tisch setzen und praktikable Wege und Mittel schaffen.

Für die notwendige tierwohlgerechte Transformation der Landwirtschaft stellt der Bund aktuell finanziell nur den berühmten Tropfen auf den heißen Stein bereit. In 2023 stehen nur magere 150 Millionen Euro zur Verfügung.

Allein für den Schweinesektor sind aber laut Experteneinschätzungen 2,4 Milliarden Euro pro Jahr nötig.

Solange in Berlin kein Rahmen für die Borchert-Umsetzung geschaffen wird, sind uns vor Ort die Hände gebunden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Liberalen, nehmen Sie bei diesem wichtigen Thema dringend und mit oberster Priorität Ihren Bundesfinanzminister in die Pflicht!
Dann sehen wir hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen gerne gemeinsam weiter.

Liebe Opposition,
sie haben auf Bundesebene bei diesem Thema das Heft des Handelns in der Hand!

Am Kurs der Zukunftskoalition gibt es keinen Zweifel:
wir wollen die Nutztierhaltung sichern und Perspektiven für mehr Tierwohl schaffen, gemeinsam mit unseren Landwirtinnen und Landwirten!

Vielen Dank!

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