
… Anrede …
„Frieden, Freiheit und Wohlstand, wie wir sie heute in Nordrhein-Westfalen, Deutschland und weiten Teilen Europas haben, sind ohne eine freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht denkbar.“
Das ist der erste Satz des Antrags, den die Fraktionen von CDU und Grünen heute einbringen. Wir wollen damit nicht nur die Bedeutung der Demokratie im Allgemeinen hervorheben. Wir möchten konkret unsere Schulen und unsere Lehrkräfte dabei unterstützen, nachwachsenden Generationen zu vermitteln, was das Fundament unseres Zusammenlebens in Deutschland und Europa, aber auch hier in Nordrhein-Westfalen seit über 70 Jahren ist. Und wir möchten, dass sie begeistert werden, daran in Gegenwart und Zukunft mitzuwirken.
Warum ist das notwendig?
Nach der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus, die im Zweiten Weltkrieg endete und 1949 zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland führte und nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Gewaltregimes in der DDR, das mit dem Öffnen der Mauer endete und 1990 in der deutschen Wiedervereinigung mündete – danach waren sich jeweils ganz viele sicher, die Demokratie ist das weltweit überlegene und dauerhaft erfolgreiche System menschlichen Zusammenlebens auf staatlicher Ebene.
Die Erfahrung von Unfreiheit und Unterdrückung war jeweils bei vielen noch lebendig. Heute – bald 70 Jahre nach Kriegsende und 35 Jahre nach dem Mauerfall - müssen wir feststellen, dass bei vielen die Erinnerungen verblassen. Wirklich funktionierende Demokratien weltweit in der Minderzahl sind und der Einfluss der Autokratien steigt.
Die Demokratie ist heute als Erfolgsmodell leider nicht mehr selbstverständlich. Wir erleben immer mehr Angriffe auf unsere Demokratie - von außen und von innen, von links und vor allem von rechts. Zugleich sinkt auch in der Mitte der Gesellschaft das Vertrauen in die Stärke und Lösungskompetenz unseres politischen Gemeinwesens – gerade auch im Osten Deutschlands.
Was lernen wir daraus?
Demokratische Werte wie unveräußerliche Menschenrechte, der Respekt gegenüber Andersdenkenden und Anderslebenden müssen erlernt werden. Demokratische Strukturen wie freie Wahlen, der Umgang mit Mehrheit und Minderheit müssen erlernt und erlebt werden.
Hier hat auch unser Bildungswesen eine wichtige Aufgabe. Wir wollen deshalb die Vermittlung dieser Werte und Strukturen im Bildungswesen stärken. Dazu gehört mehr Kontakt zu politischen Institutionen, aber auch der Besuch von Gedenkstätten politischer Gewaltherrschaft.
Zunächst einmal einige positive Feststellungen:
Im Landtag und im Wahlkreis erleben sicher alle Kolleginnen und Kollegen immer wieder politikinteressierte Gruppen von jungen Menschen. Gerade gestern hat hier im Landtag auch eine Veranstaltung zur parlamentarischen Debatte stattgefunden („#mitreden“-Tag - ein Debatten- und Ideenwettbewerb für Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe). Und ich begrüße es außerordentlich, dass sich immer mehr junge Menschen auch für politische Themen interessieren und engagieren. Das ist gut so. Das ist aber keinesfalls eine große Mehrheit. Und zur Demokratie gehört, dass auch berechtigte Einzelinteressen immer wieder zu einem Gemeinwohlinteresse zusammengeführt werden müssen.
Es ist deshalb besorgniserregend, wenn ernst zu nehmende Studien davon sprechen, dass viele junge Menschen sich aktuell nicht mehr aktiv an politischen Entscheidungsprozessen beteiligen wollen. Viele halten Parteien und traditionelle Medien für wenig glaubwürdig. Auch ein Rückgang des Vertrauens in politische Institutionen somit zu verzeichnen ist.
Woher kommt das? Wie viele junge Menschen haben wirklich schon aktive Politikerinnen und Politiker kennengelernt? Wer weiß wirklich, wie Parteien und Parlamente funktionieren? Aus unserer Sicht leider viel zu wenige. Hier wollen wir mit unserem Antrag ansetzen!
Uns ist es wichtig, dass die Bildungseinrichtungen mit Unterstützung der Politik Maßnahmen ergreifen, um das politische Interesse und die Partizipationsbereitschaft der jungen Generation zu stärken. Nur so können sie zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern heranwachsen, die aktiv an der demokratischen Gestaltung unseres Gemeinwesens teilnehmen
Deshalb sollen mit dem vorliegenden Antrag
• die Bedeutung der politischen Bildung sowie die Vermittlung demokratischer Werte intensiviert,
• Schülerinnen und Schüler sowie Schulen bei dem Besuch von Gedenkstätten stärker unterstützt und
• außerschulische Träger verstärkt in die politische Bildung eingebunden werden.
Politik muss erfahrbar und spürbar werden. Die Kernlehrpläne in den Gesellschaftswissenschaften sollen verantwortungsvoll weiterentwickelt werden.
Die Arbeit der Schulen und Lehrkräfte, die sich aktiv für demokratische Werte einsetzen, ist bereits heute unverzichtbar. Dafür sind wir sehr dankbar. Besonders hervorzuheben sind die vielen Lehrkräfte, die sich auch in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagiere, sei es im Bereich Sport und Kultur, in Kirche, sozialen Organisationen und der Politik. Diese Lehrkräfte dienen zugleich als wichtige Vorbilder für junge Menschen. Sie zeigen, dass auch unsere Demokratie vor allem von den Menschen lebt, die mehr tun als nur ihre Pflicht.
Der Antrag wird heute in die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Ich wünsche mir, dass wir möglichst gemeinsam daran arbeiten, unsere Demokratie gerade für junge Menschen stärker erfahrbar zu machen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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