Neue Sicherheit für Straßenausbaubeiträge nach KAG

24.06.2021
Anlieger werden finanziell entlastet – Land ersetzt Mindereinnahmen für Kommunen.

Die Diskussion um die Straßenausbaubeiträge startete im Jahr 2018 u.a. durch Gesetzesinitiativen zu deren Abschaffung in verschiedenen Bundesländern. Dem gegenüber stand der Wunsch vieler Bürgermeister und der Kommunalen Spitzenverbände nach grundsätzlicher Beibehaltung des Systems und Novellierung der zugrunde liegenden Regelungen. Exponentiell gestiegene Straßenbaukosten verursachten ein Missverhältnis zwischen erbrachter Leistung und gefordertem Beitrag. In der Vergangenheit richteten sich die Anliegeranteile der Baukosten nach einer Mustersatzung, die jeweils Prozentsätze für unterschiedliche Straßenklassen enthielt. Diese Veranlagung führte nicht selten zu hohen und teilweise erheblichen finanziellen Belastungen der Anwohner, welche den Einzelnen auch überfordern konnten.

Die NRW-Koalition hat sich daher entschieden, durch eine Förderung des Landes gleichzeitig die Beitragszahler um die Hälfte zu entlasten und die Mindereinnahmen für die Kommunen durch diese Entlastungen zu kompensieren. So wird ein fairer Ausgleich geschaffen, der unbillige Härten für Anlieger beseitigt und gleichzeitig keine zusätzlichen Belastungen und Steuererhöhungen in den Kommunen nach sich zieht. Einerseits wird so zukünftig die Überforderung der betroffenen Hauseigentümer verhindert. Andererseits werden die Kommunen gleichzeitig beim Erhalt einer zukunftsfähigen Infrastruktur unterstützt.

Wir sind sicher: so wird das Gleichgewicht zwischen Straßenausbaubeiträgen und erbrachter Leistung wieder hergestellt!
Zum 1. Januar 2020 sind daher Änderungen im Kommunalabgabengesetz (KAG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft getreten. Die Modernisierung enthält zwei zentrale Elemente:

  • Mit der Einfügung des neuen § 8a KAG werden grundsätzlich neue Rahmenbedingungen und Erleichterungen für Anlieger, die von einem Straßenausbau  betroffen sein können, geschaffen: Die Gemeinden haben nunmehr ein Straßen- und Wegekonzept zu erstellen, welches vorhabenbezogen zu berücksichtigen hat, wann technisch, rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll Straßenunterhaltungsmaßnahmen möglich sind und wann beitragspflichtige Straßenbaumaßnahmen an langfristig notwendigen kommunalen Straßen erforderlich werden können. Zudem ist die Gemeinde - soweit im Straßen- und Wegekonzept beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen enthalten sind – verpflichtet, frühzeitig eine Versammlung der vom Vorhaben betroffenen Grundstückseigentümer durchzuführen. Über das Ergebnis dieser verpflichtenden Anliegerversammlung ist die Gemeinde vor Beschlussfassung über die Durchführung einer Straßenausbaumaßnahme zu informieren. Betroffene können so zukünftig im Vorgriff des Beschlusses der Maßnahme Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung und die damit zusammenhängenden Kosten nehmen. Das bedeutet mehr Transparenz und stärkere Bürgerbeteiligung bei den Ausbauentscheidungen. Erstmals ist ein voraussetzungsloser Rechtsanspruch auf Ratenzahlung (höchstens aber 20 Jahresraten) für Betroffene eines Straßenausbaubeitrages eingeführt worden. Das gilt für jeden Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigen ohne Einschränkung auf eine selbst genutzte Immobilie. Für Härtefälle sieht das Gesetz eine neue Regelung vor. Vereinfachte Stundungen, auch unter Zinsverzicht, bis hin zu einem (Teil-)Erlass der Forderungen sind möglich.
  • Das Land übernimmt die Hälfte der kommunalen Straßenausbaubeiträge in Nordrhein-Westfalen, die nach der jeweiligen Satzung von den Beitragspflichtigen zu erheben sind. Die für Kommunen ausfallenden Beiträge der Anlieger werden durch ein Förderprogramm des Landes ersetzt. Dazu stellt das Land jährlich 65 Mio. Euro im Haushalt bereit und schafft die Möglichkeit zur überjährigen Bewirtschaftung dieses Haushaltstitels. Die Fördermittel können in einem vereinfachten Verfahren auf der Grundlage der Schlussrechnung für die Straßenbaumaßnahme beantragt werden. Das Antragsverfahren ist im September 2020 in den Betrieb gegangen. Für die Kommunen erfolgt die Kompensation daher unbürokratisch und einfach.


Eine Kommune kann die Förderung nur für beitragspflichtige Straßenbaumaßnahmen gemäß § 8 KAG beantragen, die nach dem 1.1.2018 begonnen wurden. Als Beginn der Maßnahmen gilt der Beschluss des zuständigen Rates oder Kreistages oder eines anderen Gremiums , beispielsweise eines Ausschusses. Auch Beschlüsse im Rahmen der Haushaltsgebung für das Jahr 2018 zählen hierzu, selbst wenn diese bereits im Jahr 2017 gefasst wurden.


Die Verbesserungen und Neuregelungen für Anlieger auf einen Blick:

  • Entlastung der Beitragszahler um die Hälfte, Kompensation der Mindereinnahmen für die Kommunen durch Gewährung von Zuwendungen des Landes
  • Einführung einer verpflichtenden, zeitlich vorgelagerten Bürgerbeteiligung der von der Straßenbaumaßnahme betroffenen Grundstückeigentümer. Betroffene Anlieger können so zukünftig im Vorgriff des Beschlusses der Maßnahme Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung und die damit zusammenhängenden Kosten nehmen.
  • Veröffentlichung eines „Bürgerleitfaden Anliegerbeiträge“, der die rechtlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen erläutert,
  • Vereinfachung der Zahlungsmodalitäten durch Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ratenzahlungen, verbunden mit der Verpflichtung, dass der, für Zwecke von Straßenausbaubeiträgen anzusetzende Zinssatz, sich dynamisch am von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Basiszinssatz orientiert.
  • Konkretisierung  und Festschreibung einer Härtefallregelung.
  • Vereinfachtes Antragsverfahren für die Gewährung von Zuwendungen an Kommunen zur Entlastung von Beitragspflichtigen seit September 2020