Nordrhein-Westfalen braucht eine Neuausrichtung der Denkmalförderpolitik

15.03.2017
Eckhard Uhlenberg MdL, 1. Vizepräsident

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Juli 2013 haben wir an dieser Stelle die Debatte über die Änderung des Gesetzes zum Schutz unserer Denkmäler und Kulturgüter geführt. Damals haben wir über verschiedene Änderungen debattiert. Neben der Schatzregel und dem Verursacherprinzip haben wir auch über die künftige finanzielle Ausstattung der Denkmalförderung bei uns in Nordrhein-Westfalen gestritten. Damals haben wir als Opposition bereits gewarnt, dass es zu einer Kürzung der Denkmalmittel kommt. Dies haben die regierungstragenden Fraktionen wie auch die Landesregierung als Schwarzmalerei abgetan. Stattdessen erklärten sie, wie der ehemalige Kollege Breuer in der Einbringungsrede des Gesetzes am 21. März 2013 – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Sie dürfen jedoch sicher sein, dass wir auch im Bereich der Denkmalpflege weiter mit Augenmaß vorgehen.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch einmal auf dieses Augenmaß, sprich auf die Realität, schauen: Rot-Grün hat die Mittel im Jahr 2013 auf 9,4 Millionen € und in 2015 auf 1,2 Millionen € gekürzt, dann im Jahr 2016 eine leichte Erhöhung auf 1,7 Millionen € vorgenommen. Das hat sich dann im Jahr 2017 auf einem sehr niedrigen Niveau verstetigt. Die Streichung der Fördermittel und ihre Ersetzung durch ein Darlehensförderprogramm ist ein Kahlschlag für die Denkmalpflege bei uns in Nordrhein-Westfalen, liebe Kolleginnen und Kollegen, in städtebaulicher wie auch in kultureller Hinsicht. Das ist also seit 2013 Ihr Augenmaß. Jetzt werden Sie einwenden: Ja, aber wir haben doch ein Darlehensprogramm aufgelegt. – In der Debatte zur Verabschiedung des genannten Gesetzes erklärte Minister Groschek zu den Etatpositionen im Denkmalschutz – ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten „Fast jede Landesregierung – ich glaube sogar ausnahmslos jede – „ so der Herr Minister damals – „hat diesen Titel gekürzt. Es gab nur immer Kürzungen, es gab keinen Aufwuchs. Wir werden die erste Landesregierung sein, die neben Kürzungsvorschlägen auch vollumfängliche Darlehnsangebote macht. Das heißt, unsere Kürzungsperspektive ist verbunden mit einer Alternative des Mittelaufwuchses im Rahmen des Denkmalschutzdarlehens, das im Förderausschuss auch bereits bewilligt wurde.“ Es war die schwarz-gelbe Landesregierung, woran ich heute noch einmal in aller Bescheidenheit erinnern darf, die den Etat von 3,7 Millionen € auf 12,2 Millionen € gesteigert hat. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das war eine echte Förderung und keine Gewährung von irgendwelchen Darlehen. Ein Darlehensprogramm ist nämlich, wie wir jetzt aus der Praxis des Denkmalschutzes in Nordrhein-Westfalen wissen, kein adäquater Ersatz für eine verlässliche Förderung im zweistelligen Millionenbereich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Darlehensprogramm, über das wir in der letzten Zeit auch in den Ausschüssen viel geredet haben, hat sich nicht bewährt. Man könnte also salopp auch sagen: Es ist ein Flop. Nach nur drei Jahren werden nur gut die Hälfte der Mittel des Programms und von einem anderen nur noch knapp ein Fünftel der Mittel abgerufen. Schauen wir uns einmal diese Programme etwas genauer an: Das Darlehensprogramm für den Denkmalschutz ist ja zweigeteilt. Das eine ist das Darlehensprogramm NRW.BANK.Baudenkmäler. Dieses Programm ist anfangs sehr gut angenommen worden. Von 40 Millionen € Förderrahmen für 2015 wurden 39,7 Millionen € angenommen. Allerdings ist bereits im Jahr 2015 ein klarer Rückgang zu verzeichnen. Von diesen 50 Millionen € Förderrahmen wurde nur noch die Hälfte in Nordrhein-Westfalen abgerufen, obwohl Fördermittel in einem größeren Ausmaß zur Verfügung standen. Es klappt also nicht. Das zweite Darlehensprogramm ist zur Erneuerung von selbstgenutzten Denkmälern und erhaltenswerten Wohngebäuden. Dieses Programm ist von Anfang an überhaupt nicht gut angenommen worden. Von den 20 Millionen € sind in Nordrhein-Westfalen nur 5 Millionen € abgerufen worden, im Jahre 2015 von den 20 Millionen € nur 3,8 Millionen €. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das hängt natürlich auch mit den niedrigen Zinsen zusammen, weshalb es Alternativen gibt. < Aber es hängt in erster Linie damit zusammen, dass Darlehen in diesem Zu-sammenhang nicht das richtige Argument sind. Wir sollten uns vor diesem Hintergrund die Frage stellen, woher die große Diffe-renz zwischen beantragten und abgerufenen Mitteln kommt. Warum wurden nur zwei Drittel der Mittel – zum Teil noch weniger – abgerufen, obwohl sie beantragt wurden? Warum gibt es seit dem Jahr 2014 immer weniger Förderzusagen in Nordrhein-Westfalen für den Denkmalschutz? Warum wurden beim Darlehens-programm „Erneuerung von selbst genutzten Denkmälern“ 2015 über 12,7 Milli-onen € beantragt, aber nur 3,8 Millionen € bewilligt? Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Fragen haben wir in den Kontext der Denkmalschutzpolitik der Landesregierung seit 2013 gestellt. Wir sind der Mei-nung, sie erfüllen nicht mehr den gesetzlichen Auftrag nach Art. 18 der Landes-verfassung: „Die Denkmäler … stehen unter dem Schutz des Landes, …“ Der Hauptgrund ist, dass vielen Antragstellern mit einem solchen Darlehen nicht geholfen wird; sie benötigen direkte Zuschüsse, um ein Denkmal zu erhalten. Das gilt insbesondere für öffentliche Gebäude oder Denkmäler, die nur erhalten bleiben, weil die Anträge von Organisationen, die ehrenamtlich tätig sind, gestellt werden. Ich weiß das aus meiner Tätigkeit im Vorstand der NRW-Stiftung. Dort werden immer mehr Anträge gestellt, weil das Darlehensprogramm einfach nicht mehr greift, Herr Minister. Das ist die Realität. Die Bürger, die vor Ort dankenswerterweise bereit sind, sich ehrenamtlich für den Denkmalschutz einzusetzen, machen das eine bestimmte Zeit von ein, zwei oder drei Jahren. Sie haben aber das Problem, dass sie über zehn Jahre an ei-nem Darlehen hängen, wenn es keine direkten Zuschüsse gibt. Oft ist dieser Zeitraum einfach zu lang für ein ehrenamtliches Engagement. Man möchte das Problem durch einen gewissen Zuschuss lösen. Man ist auch bereit, die ande-ren Beträge vor Ort ehrenamtlich zusammenzubekommen. Dafür gibt es ver-schiedene Möglichkeiten, aber eben nicht über „Denkmäler“. Das ist das Prob-lem. Ich bin der Auffassung, es ist die Verpflichtung aller politisch Verantwortlichen, das verbleibende baukulturelle und archäologische Erbe auch für künftige Ge-nerationen zu sichern und zu erhalten. Große Anstrengungen in den Kommu-nen, zahlreichen Vereinen und Initiativen sind dazu in den vergangenen Jah-ren umgesetzt worden. Viel ehrenamtliches Engagement ist dabei eingebracht worden. Der Tag des offenen Denkmals soll uns alle an die kulturellen Schätze erinnern, die wir in Nordrhein-Westfalen haben; es sind Tausende. Er stand nicht um-sonst im letzten Jahr unter dem Motto „Gemeinsam Denkmale erhalten“. Übri-gens meint „umsonst“ hier nicht, dass Ihre Regierung nichts oder kaum etwas investiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere Pflicht und die Pflicht der Landesregierung, hier Verantwortung zu übernehmen. Bisher kommen Sie dieser Verantwortung nicht nach. Aus diesem Grund diskutieren wir heute den Antrag von CDU und FDP, der ein neues Denkmalförderkonzept vorsieht sowie die Sicherstellung einer berechen-baren dauerhaften Förderung und damit wieder eine echte Denkmalförderung im Land Nordrhein-Westfalen möglich macht, wie es in den früheren Jahren der Fall war und wie es bei den Haushaltsplanberatungen auch beantragt worden ist. Ein früherer Ministerpräsident erklärte einmal: Denkmalpflege ist kein Luxus, den wir uns in guten Zeiten gönnen, und den wir bei knapper Kasse beliebig zu-rückfahren oder ganz bleiben lassen können. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den regierungstragenden Fraktionen, das sagte der frühere Ministerpräsi-dent Johannes Rau. Ich hoffe, Sie stimmen unserem Antrag zu, damit wir die-sem Anspruch in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft gerecht werden. Ich möchte zum Schluss noch daran erinnern, dass Nordrhein-Westfalen be-dingt durch zwei Weltkriege einen hohen Verlust an Denkmälern zu verkraften hatte. Auch in den vergangenen Jahrzehnten sind erhaltenswerte Denkmäler verfallen, oder sie sind schlicht und einfach beseitigt worden. Gerade diese Ge-neration hat eine besondere Verantwortung – auch im Hinblick auf die kom-menden Generationen –, Denkmäler zu erhalten. Nordrhein-Westfalen ist inzwi-schen Schlusslicht bei der Denkmalförderung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist meine letzte Rede. Dies ist auch mein letzter Appell im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Ich verabschiede mich nach 32 Jahren Ende Mai als Abgeordneter des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Ich habe nie bereut, für den Landtag von Nordrhein-Westfalen kandidiert zu ha-ben. Es war eine hochinteressante Aufgabe, die mich hier in Düsseldorf und in meinem Wahlkreis voll ausgefüllt hat. Herzlichen Dank den vielen Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen für die freundschaftlichen Kontakte. Ich bedanke mich aber auch sehr herzlich für Kritik und fairen Wettbewerb. Der faire Wettbewerb unter den Parteien, unter den Fraktionen gehört zu einer Demokratie. Das ist nicht immer Streit, das ist Wettbewerb und auch Auseinandersetzung. Das ist ein wichtiger Teil der Demokratie. Das muss draußen immer wieder deutlich ge-macht werden, das gehört dazu. Auch das habe ich erfahren. Vielen Dank für diese Jahre im nordrhein-westfälischen Landtag. Ich wünsche Ihnen persönlich und politisch alles Gute für die nächsten Jahre. – Danke schön.

Es gilt das gesprochene Wort!