Nordrhein-Westfalen in Europa: Benelux-Zusammenarbeit ausbauen, Europas Chancen nutzen und die europäische Eini-gung voranbringen

25.01.2017
Ilka von Boeselager MdL, Sprecherin des Ausschusses Europa und Eine Welt

Wir haben in diesen Tagen Sorge um Europa. Brexit. Staatsschulden. Die mangelnde Solidarität im der Flüchtlingskrise. Bedrohung der Sicherheit. Der grassierende Populismus: Front National, die 5-Sterne-Bewegung, „Partei für die Freiheit“, Po-demus, AfD. Die diesjährigen Wahlen in den Niederlanden, in Frankreich und in der Bundesrepublik sind für die Zukunft der EU richtungsweisend. Um den Fliehkräften Paroli zu bieten, muss die Politik glaub-würdig um neue Identifikation und Loyalität werben. Gerade auch jungen Menschen, die das nur als selbstverständlich kennen, muss die Friedensordnung und der Erfolg unserer Gemeinschaft in der Konsequenz aufgezeigt werden: dass oh-ne Europa unsere europäische Art zu leben keinen Bestand haben wird. Das fordert uns in Nordrhein-Westfalen besonders. Mit dem Schwungrad der Montanunion hat der Einigungsprozess bei uns wesentliche Ausgangspunkte. Mit den Partnerschaften nach BeNeLux und im Regionalen Weimarer Dreieck ist NRW in einer europäischen Kernregion, die bis heute Motor der In-tegration ist. Aber dieser Motor stottert. Am 05. November 2015 haben SPD und Bündnis 90/Die Grü-nen den Antrag eingebracht: „Erfolgreiche grenzüberschreiten-de Zusammenarbeit zwischen NRW und Benelux-Staaten fort-setzen“. Das war sicher gut gemeint, aber auch viel „heiße Luft“ – zwei Wochen vor dem Besuch von Dr. van Laarhoven, dem Generalsekretär der BeNeLux-Union, im Ausschuss. Im letzten Sommer gab es dazu ein Sachverständigenge-spräch. Dort hat uns Herr Dr. Scheffer, der Regionalminister der Provinz Gelderland, gesagt, ich zitiere: „Bei den drei nie-derländischen Provinzen ist man sich darüber im Klaren, dass das Wesentliche der Zusammenarbeit nicht in der Papierwirk-lichkeit liegt.“ Und: „Lassen Sie uns die verfügbaren Energien vor allem zur Umsetzung unserer Zusammenarbeit einsetzen.“ Darum geht es mit unserem heutigen Antrag. Wir haben die Analysen. Wir wissen seit Jahren, dass die Grenzregionen die trennenden Regelungen nicht selbst ausräumen können. Das muss die Landesebene tun, die Landesregierung – auch verti-kal gegenüber dem Bund, wenn dort die Regelungskompetenz liegt. Der Geschäftsführer der Euregio Rhein-Waal, Herr Kamps, hat die Situation in dem Sachverständigengespräch beschrieben: Im täglichen Austausch über die Grenzen wird die Bürokratie zunehmend zur Belastung. Vieles in der Gesetzgebung ist eher auseinandergewachsen: in der Sozialgesetzgebung, bei der Anerkennung von Berufen und Berufsabschlüssen, beim Kata-strophenschutz, im Rettungswesen – weil die Vorschriften für die Besetzung der Notfall-Teams nicht harmonisieren. Unsere Partner erwarten, dass unsere Landesregierung diese Aufgaben jetzt endlich zur „Chefsache“ macht. Auf der anderen Seite der Grenze ist das längst der Fall: Die drei Provinzen Overjssel, Gelderland und Limburg sind in Düsseldorf präsent. Sie stehen in konsequenter Abstimmung mit der niederländi-schen Regierung. Es gibt die Deutschland-Strategie. Das Aktionsteam Wirtschaft, Ökonomie und Arbeitsmarkt. Das niederländische Ministerium für Inneres und Angelegenheiten des Königreichs forciert die GROS-Listen. Unser Antrag fasst den Handlungsbedarf zusammen – den Sie alle kennen. Stichwort Innere Sicherheit, Verbesserung der po-lizeilichen Zusammenarbeit. Die Niederlande haben seit ein-einhalb Jahren einen Vertreter der niederländischen nationalen Polizeibehörde beim LKA in NRW. Davon profitieren wir hüben und drüben. Herr Samson – der Koordinator für Wirtschaft, Po-litik und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit – hat da-von im Ausschuss berichtet. Ich gebe sein Unverständnis weiter, warum wir umgekehrt noch nicht so weit sind, lieber Marc Eumann? Es werden lau-fend Gespräche geführt – auch in puncto Notfallhilfe mit dem Bund – aber diese Landesregierung kommt zu keinen Ergeb-nissen. Asymmetrien zwischen den Schulsystemen, doppelte Diplo-mierung, Verbesserung der Kreislaufökonomie, Vermittlung von Sprachkompetenzen, eine „klare Kante“ zu Thiange und Doel, unser Interesse an den transeuropäischen Netzen, Mit-telstandspolitik, die gemeinsame ökonomische Nutzung von Energie – lieber Herr Minister Lersch-Mense, das sind doch Ordnungs-kompetenzen zuerst für die Landespolitik. Das geht vor allem Sie an. Und nicht zuerst den Bund, die Euregios, oder die Be-zirksregierungen in Düsseldorf oder Münster. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, dass wir grund-sätzlich einen breiten Konsens haben, was die Wertigkeit der BeNeLux-Partnerschaften angeht. Das gilt ebenso für die Ver-bundenheit mit unseren Freunden Frankreich und Polen, für das Regionale Weimarer Dreieck. Wichtig ist gerade jetzt, dass diese Verbindungen mit neuem Leben erfüllt werden: dass das Europa der Bürgerinnen und Bürger wieder stärker erlebbar wird. Die Bundeskanzlerin hat letzte Woche auf die düstere Europa-Prognose des neuen US-Präsidenten geantwortet: „Ich denke, wir Europäer haben unser Schicksal selber in der Hand.“ Die Europäische Union ist eine Gestaltungsmacht kraft ihrer Mit-glieder. Sie ist auf ein positives und aktives Mitwirken der Par-lamente und Regionen angewiesen. Das ist unsere Aufgabe, und dafür bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.

 

Es gilt das gesprochene Wort!