
(Anrede)
Stellen Sie sich vor, Sie wären arbeitssuchend und lebten unweit der fast 500 Kilometer langen Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen, den Niederlanden und Belgien. Wenn Sie Ihre zuständige Arbeitsagentur aufsuchen, würden Sie doch erwarten, dass diese nicht nur die offenen Stellen in Nordrhein-Westfalen und den anderen Bundesländern kennt, sondern auch über entsprechende Kontakte zu der niederländischen und der belgischen Arbeitsbehörde verfügt. In unserem ersten Euregio-Antrag zu Sprache und Bildung haben wir uns mit den etwa 2850 Berufen befasst, die nicht reglementiert sind. Das heißt, in 2850 unterschiedlichen Berufen können Arbeitnehmer – ohne zusätzliche Qualifizierung – auf beiden Seiten der Grenze arbeiten. Bei reglementierten Berufen vor allem im Bereich Bildung, Erziehung und im Gesundheitswesen hingegen dauern die Verfahren zur Anerkennung akademischer Abschlüsse unserer Nachbarländer oftmals Monate und sind dann im Ergebnis für die Beteiligten - Arbeitnehmer wie die Fachpersonal suchenden Arbeitgeber – bisweilen noch nicht einmal nachvollziehbar.
Wenn es uns also gelingt, die Bürokratie bei den häufig zu komplizierten und langwierigen Übersetzungs- und Bescheinigungskosten abzubauen, können wir viele Potentiale, die in unserer einzigartigen europäischen Grenzregion liegen, entscheidend besser nutzen. Es gibt Studien, die besagen, dass ein Abbau der Hemmnisse das Bruttoinlandsprodukt um bis zu acht Prozent steigert. Also, meine Damen und Herren: Diese Chance müssen wir nutzen!
Wir alle kennen die bislang realisierten Kooperationsmaßnahmen in den Grenzregionen. Doch – und hier liegt das Problem – , man scheint die Best Practice Beispiele in ihrer lokalen Wirksamkeit zu belassen und bislang nicht flächendeckend umzusetzen. Dieser Herausforderung nehmen wir uns nun an! Zu den Best Practice Beispielen:
Am Grenzinfopunkt in Herzogenrath/Kerkrade arbeiten Niederländer, Belgier und Deutsche Hand in Hand unter einem Dach. Die gemeinsamen Büros ermöglichen einen stetigen Austausch. Wenn der Arbeitssuchende bereit ist, auch auf der anderen Seite der Grenze zu arbeiten, geht er einfach eine Bürotür weiter, zur niederländischen oder belgischen Kollegin oder dem Kollegen. So kommen Angebot und Nachfrage zusammen! Genauso ist es mit dem Euregio Job-Roboter. Der Job-Roboter übersetzt Berufsbezeichnungen und kann so maßgeblich dazu beitragen, dass die grenzüberschreitende Stellensuche ein Erfolg wird. Es sind, wie Sie an diesen Beispielen merken, recht einfache Verbesserungen, die jedoch entscheidend sein können! Wir müssen die verschiedenen Ansätze bewerten, die besten Optionen ausmachen und dann flächendeckend umsetzen.
Meine Damen und Herren, unser Ziel steht fest: wir wollen Menschen in Beschäftigung bringen und Arbeitsplätze sichern. Dabei sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihr Recht auf Freizügigkeit gerade innerhalb der Grenzregion optimal nutzen können – egal, ob jemand in Kranenburg, Geldern, Brüggen oder Alsdorf wohnt. Zur Stärkung der Vermittlungsmöglichkeiten bieten sich verschiedene Optionen an. Da sind die bereits erwähnten gemeinsamen Büros, die einen ständigen Austausch ermöglichen. Wichtig ist darüber hinaus der Ausbau des online-Informationsangebots der Grenzinfo-Punkte. Grenzinfo-Punkte sind das Kernstück der von der EU geförderten grenzüberschreitenden Arbeitsvermittlung. Niederländer, Belgier und Deutsche erhalten hier Informationen, Beratung und Unterstützung. Und wir alle wissen, dass Menschen bei offenen Fragen gerne erst einmal „googlen“. Dort müssen wir also die Informationen für potentielle Grenzarbeiter optimieren. Als Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder auch als Student, der überlegt, im Nachbarland zu studieren oder zu arbeiten, schwirren unzählige Fragen im Kopf umher: Wo zahle ich welche Steuern? Wie funktionieren die Sozialversicherungen? Was ist mit meiner Altersvorsorge? Wie sieht das Arbeitsrecht im Nachbarland aus? Neben einem adäquaten online- Informationsangebot ist es also auch wichtig, die Möglichkeiten der persönlichen Beratung im Fokus zu behalten. Hier wurde bereits mit EURES eine Plattform zur beruflichen Mobilität aufgebaut, auf der wir aufbauen müssen. Die angestoßenen Maßnahmen werden auch unseren Auszubildenden und Studierenden zugutekommen. Digitale Plattformen werden die Optionen grenzüberschreitender Studienprojekte aufzeigen oder machen auf euregionale Berufsschul-Praktika aufmerksam. Es sind viele Einzelaspekte, die Menschen zu überzeugten Europäern machen. Diese Verbesserungen sind ein Teil. Lassen Sie uns gemeinsam dazu beitragen, dass immer mehr Hemmnisse abgebaut und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gelingt. Vielen Dank!
Empfehlen Sie uns!