Oliver Krauß zu TOP 12

19.09.2018
Fit für eine starke EU mit starken Finanzen

Anrede

am 25. April haben wir über den Dezember-Antrag der SPD-Fraktion beraten und abgestimmt. Titel: „Zukunft der EU-Finanzen und EU-Förderpolitik nach 2020 sichern“. Zentrale Forderung dieses Antrags war: „dass Nordrhein-Westfalen auch in der neuen Förderperiode mindestens so hohe Fördermittel wie in der aktuellen Förderperiode zur Verfügung stehen.“

Der aktuelle SPD-Antrag geht in genau dieselbe Richtung:

„Die Höhe der Fördermittel für Nordrhein-Westfalen soll auch nach 2020 auf dem aktuellen Niveau bleiben.“ Die Forderung nach der Einführung der Finanztransaktionssteuer findet sich ebenfalls wieder. Oder nach einer „Digitalsteuer“ als Eigenmittelbasis. Die bekannten Eckdaten werden wiederholt.

Stellt man mal Ihren Schwenk zur Gemeinsamen Agrarpolitik außer Acht, dann mischt der jetzige Antrag die Karten etwas anders, spielt aber dasselbe Blatt wie im Dezember.

Wir haben zu alldem klare Positionen. Ich weise hin auf den bereits angenommenen Antrag der Fraktionen von CDU und FDP aus dem vergangenen Oktober: „Nordrhein-westfälische Interessen mit starker Stimme in Brüssel vertreten“. Letzte Woche, am Freitag, war der Kabinettsbeschluss vom 28. August in Brüssel Thema im Europaausschuss. Dabei kommt zum wiederholten Mal der Konsens zwischen Landesregierung und der demokratischen Mitte dieses Hauses zum Ausdruck. Die Landesregierung handelt

• für die Fortführung einer starken und finanziell angemessen ausgestatteten Kohäsionspolitik;
• für den Schwerpunkt auf Forschung und Innovation mit dem neuen Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe;
• für den Ausbau durch die Connecting Europe Facility (CEF) in allen drei Bereichen — Verkehr, Energie und Digitales;
• für eine stabile, finanziell gut ausgestattete und vereinfachte Gemeinsame Agrarpolitik;
• für die Prüfung der neu vorgeschlagenen Förderinstrumente, zum Beispiel über den Fonds für Digitalisierung: wie wir diese Instrumente für innovative Vorhaben bei uns dienstbar machen können. Auch InvestEU.

Das läuft. Am 6. Juli hat der Bundesrat Position zu der Mitteilung der EU-Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen bezogen.
Unser Minister Stephan Holthoff-Pförtner hat keinen Zweifel daran gelassen, dass der Vorsitz in der Europaminister-Konferenz seit dem 1. Juli in diesem Dienst steht: dass wir gute Ergebnisse für Nordrhein-Westfalen verhandeln, im konkreten Blick auf den neuen MFR. Aber ebenso mit klugen und agilen Impulsen für die Wohlfahrt der europäischen Familie. Erlauben Sie mir dazu den Hinweis auf die Präambel unseres Grundgesetzes: „von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“.

Aufgrund dieser Beständigkeit im Handeln und aufgrund der demokratisch legitimierten Positionen, die damit übereinstimmen, sehe ich für den heutigen Antrag keine Geschäftsgrundlage. Die beiden Beschlussvorschläge, die übrig sind, sollen – wenn Sie mir keine bessere Sicht vermitteln – den Landtag veranlassen, Stimmungsbilder zu beschließen. Ohne klare Mandatierung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, an der grundsätzlichen Verbundenheit in dem europäischen Eintreten besteht aus unserer Sicht kein Zweifel. In der prinzipiellen Würdigung sind wir beieinander. Die hervorragende Bedeutung des EFRE, des ESF, des ELER von Interreg oder Horizon 2020 für das Wohl unseres Landes ist eindeutig.
Allerdings entwirft der Antrag dazu aufgeregte Szenarien, die erste Vorschläge der Kommission tendenziös auslegen. Oder einfach nur Bange machen. Wem dient das, wenn in der Vorläufer-Fassung steht: „Nicht wenige Stimmen sagen, dass es künftig gar keine europäische Förderpolitik mehr geben solle?“

Oder im jetzigen Feststellungs-Teil die für NRW berechneten Kürzungen: ohne dass es eine belastbare Vorausschau schon gibt – mit dem einzigen dunklen Reim darauf, Schäfchen ins Trockene zu bringen.
Diese Tendenz des Antrags – mit der allein zu erhärtenden Forderung, die Höhe der Fördermittel auf aktuellem Niveau zu erhalten – ohne konstruktive Ideen geht an der Realität vorbei – diese Einseitigkeit ist aus meiner Sicht ein weiterer Grund, den vorliegenden Antrag abzulehnen, neben der mangelhaften Geschäftsgrundlage.

Es ist unser gemeinsames Ziel, dass im Ergebnis eine vollständig intakte Leistungsbilanz steht: mit robuster Ausstattung, mit Dividenden aus der Prozessoptimierung, gerechter Lastenteilung, zurückfließender Rendite. Da sehe ich zwischen der Union und der SPD kein „Good cop\Bad cop-Szenario“. Der Bundesaußenminister und der Bundesfinanzminister formulieren das auf Bundesebene eindeutig:

• „Handlungsfähigkeit der Europäischen Union für die nächsten sieben Jahre nachhaltig stärken“,
• „mit Nachdruck für eine grundlegende Modernisierung der EU-Ausgaben“ handeln,
• im künftigen EU-Haushalt „die richtigen Schwerpunkte setzen und die Ausgaben noch konsequenter auf einen europäischen Mehrwert hin ausrichten“.

Dagegen bleibt der hiesige SPD-Antrag einen wirklich  konstruktiven Impuls schuldig: Migration, Sicherheit, Verteidigung, Digitalisierung. Es reicht in der ungeheuren Dynamik nicht, die NRW-Zimmertür zuzuschlagen und heute zum wiederholten Mal auf die Formel zu setzen, dass alles bleibt wie es ist – „mindestens so hoch“ und auf dem „aktuellen Niveau“. In europapolitischer Perspektive ist diese Ausschließlichkeit bedenklich. Dieser Weg führt zu einem Bärendienst an Sitz und Stimme für unser Bundesland.

Ich hoffe, dass wir bei der weiteren Behandlung im Ausschuss zu einer größeren Gemeinsamkeit finden. Denn neuen Wein sollten wir auch in neue Schläuche füllen.

Vielen Dank.

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