Oliver Krauß zu TOP 4 "Die Zeit für Modernisierung ist reif! Schwarz-Grün muss sofort grünes Licht für Genehmigungsbeschleunigungsgesetz und 66 NRW-Projekte geben"

03.05.2023

Anrede

Bei Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung denkt man schnell an die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Damit war es gelungen, Planung und Bau effektiv miteinander zu verknüpfen und zu beschleunigen. Ein erheblicher Teil des Investitionsstaus in Ostdeutschland wurde abgebaut – in einer besonderen historischen Situation, die nicht mit heute zu vergleichen ist.
Des vorliegenden Antrages der FDP hätte es allerdings nicht bedurft. Diese Landesregierung hat ihr Einvernehmen zum beschleunigten Ausbau von 66 Autobahnprojekten in Nordrhein-Westfalen erteilt und so gezeigt, dass sie dem Bund keinen Vorwand liefert, die Verantwortung auf das Land abzuwälzen. Denn seit dem 1. Januar 2021 werden die Autobahnen in Bundesverwaltung geführt. Dort ist die Verantwortung für Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung.
Auch wenn der vorliegende Antrag sein Ziel verfehlt, gibt er Gelegenheit, das Verfahren zu bewerten.
Der Bundesverkehrsminister von der FDP hatte mit einem ohne Grund auf zehn Tage begrenzten Vorlauf vom Land verlangt, das Einvernehmen zu erteilen, ob die komplexen Regeln eines veränderten Planungsrechts auf die komplette Liste angewendet werden sollen. Also: Alles oder nichts.
Abgesehen von dem unbegründeten Zeitdruck hätte eine aufrichtige Einbindung der Bundesländer doch zumindest die Beteiligung bei der Aufstellung der Liste ermöglicht.
Alles oder nichts – anstatt die berechtigten Fragen zu beantworten, die an den Bundesverkehrsminister gerichtet wurden. Wie sieht denn der Beschleunigungseffekt konkret in der Umsetzung aus?
Warum liegt ein „überragendes öffentliches Interesse“ nur an den Bundesfernstraßenprojekten mit Engpassbeseitigung vor, die das „Modernisierungspaket“ der Ampel aufzählt?
Wichtige Lückenschlüsse fehlen gänzlich auf der Liste. Wir brauchen jedoch verkehrsträgerübergreifende Lösungen, mit allen Chancen der Digitalisierung. So, dass alle leichter ein- und umsteigen können – urban und im ländlichen Raum.
Die Ambition, Staus aufzulösen, ist auf den Autobahnen in Köln, am Leverkusener Kreuz oder auf der A 45 in Lüdenscheid – da schauen wir am Sonntag besonders hin – nicht nur offenkundig. Sie ist auch aktenkundig: und zwar im ganzen Land. Der Bundesverkehrswegeplan stützt sich auf die öffentliche Beteiligung, stuft Dringlichkeit ein und zeigt Prioritäten auf, bezieht die Verzahnung aller Verkehrsträger mit ein.
Über politische Konstellationen hinweg gibt es belastbare Schnittmengen, um Tempo zu machen. Schon der damalige Verkehrsminister und heutige Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte sich erfolgreich dafür eingesetzt, möglichst viel Geld für die maroden Fernstraßen ins bevölkerungsreichste Bundesland zu holen.

Das vorgelegte „Modernisierungspaket“ aber enttäuscht Erwartungen und gibt Anlass zur Sorge:

• kein Bekenntnis im Bundeshaushalt;
• wurden „die Wasserstraßen […] vergessen“?; trotz des erkannten Sanierungsbedarfs?
• das Szenario der Lkw-Maut als „gigantische Kostenerhöhung“, die letztlich beim Endverbraucher landet;
• keine „Lenkungswirkung zugunsten des Klimaschutzes“;
• Keine Silbe zu Hochwasserkatastrophe, Resilienzstrategie, zur angespannten Personalsituation.
• wesentliche „niedersächsische Projekte [.] nicht aufgelistet“ (Ministerpräsident Stephan Weil);
• ostdeutsche „Länder fordern Nachbesserung“.

Hier wird letztlich „ein maroder Verkehrsträger gegen den anderen ausgespielt. Das schadet der Mobilität in Deutschland“, bilanziert Michael Gilka, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen in Bonn.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dem Landtag NRW liegt bis zur Stunde kein „Genehmigungsbeschleunigungsgesetz“ vor, dessen Umsetzung die Autoren der FDP „unverzüglich“ fordern: „eins zu eins“.
Wer im Interesse der Mitmenschen handelt – die Landesregierung, Minister Oliver Krischer –, erwartet mit Recht, dass die Genehmigungsbeschleunigung bei den genannten Projekten kein „Freibrief“ sein darf. Standards beim Lärmschutz dürfen nicht abgesenkt werden.
Und die Beschleunigung der 66 Projekte darf schließlich nicht zulasten der notwendigen Sanierung von fast 900 Brücken gehen. Der ungedeckte Scheck, den die FDP-Fraktion vorschlägt, ist für NRW inakzeptabel.

Autoren