Oliver Krauß zu TOP 6 "Damit alle einsteigen können: NRW braucht kostenlosen ÖPNV für Kinder und Jugendliche sowie ein echtes Solidarticket"

15.06.2023

Anrede,
- „Unser sozial-gesellschaftlicher Beitrag sollte [..] über ein kostenloses ÖPNV-Ticket wertgeschätzt werden, was [..] den Freiwilligendienst attraktiver gestaltet.“ Das fordern die Freiwilligen Sozialen Dienste im Erzbistum Köln – vor der NRW-Landtagswahl 2022.

- „Ein kostenloses Jobticket für alle Landesbeschäftigten wäre ein wichtiger Baustein für eine Verkehrswende in NRW“, mit „Vorbildfunktion“. Das ist aus einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, 2018.

- „Die CDU […] beantragt […], dass alle Rentnerinnen und Rentner [.] kostenlos den […] ÖPNV in NRW nutzen können.“ Das ist ältere Initiative aus der Senioren Union, ausdrücklich ohne den Führerscheineintausch. Jede „Fahrt mit dem ÖPNV reduziert [.] Verkehrsdichte […] und macht denjenigen Platz, die [.] auf das Auto angewiesen sind.“

Drei Forderungen mit guten Argumenten – aus ganz unterschiedlichen Ecken. Und drei Forderungen, die der vorliegende Antrag nicht reflektiert.

Am 11. Mai hat der Landtag in Rheinland-Pfalz einen Antrag der CDU-Opposition beraten mit dem Titel: „Deutschlandticket für alle Schülerinnen und Schüler einführen: kostenlos.einfach.mobil.“ Ein O-Ton der SPD aus dieser Debatte, ich zitiere: Es „erschließt sich nicht, warum das Bildungsressort Freizeitverkehr gestalten soll“ (Benedikt Oster MdL). Ein anderer O-Ton: Die CDU will immer „mehr, mehr und nochmal mehr“.

Als das in Mainz gesagt wird, arbeitet NRW intensiv an einem Deutschlandticket für unsere Schülerinnen und Schüler.
Nicht nur „wirtschaftlichste Beförderung“ zur Schule und zurück: sondern bundesweite Nutzung des ÖPNV, weit über die gesetzliche Verpflichtung hinweg, Erstattungsberechtigte und Selbstzahlende.

Darum geht’s, als das NRW-Kabinett am 9. Mai beschließt. Zwei Tage, bevor Staatssekretär Michael Hauer in Mainz ausführt für die Landesregierung: dass die Initiative der CDU – „das Heranführen der Schülerinnen und Schüler an die autofreie Mobilität“ – zwar wichtig sei – dass dafür aber die schulgesetzliche Regel fehlt und dass das nicht „abgedeckt werden kann“.

Bei den Ländern meldet nicht Niedersachen, unter Ministerpräsident Stephan Weil, das solidarische Semesterticket an und setzt das Upgrademodell durch. Nicht die SPD-geführte Landesregierung in Meckpomm. Auch nicht Rheinland-Pfalz. Dort sagt die SPD am 11. Mai zu dem Antrag der CDU übrigens einfach „Nein“. Sondern das macht NRW, das macht Verkehrsminister Oliver Krischer. Wir hatten das vor drei Wochen hier im Plenum.

Damit das Deutschlandticket ein Erfolg ist – um die Klimaziele zu schaffen – kommt es auf das gemeinsame Zielbild an. Sozial. Wirtschaftlich.

In 2019 hat die Fraktion der SPD schon einmal das kostenlose Ticket für Kinder und Jugendliche beantragt. Unser damaliger Verkehrsminister und heutiger Ministerpräsident Hendrik Wüst stellte die Frage der Finanzierung. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Wollen Sie Steuererhöhungen, oder wollen Sie die Kinder, die Sie jetzt umsonst fahren lassen wollen, später über Staatsverschuldung wieder abkassieren?“
Die Frage der Finanzierung trifft alle: Bund, Land und die kommunale Familie.
Kein Signale vom Bund, bei weiterer Rabattierung mitzuziehen. Keine Finanzierungszusage über 2025 hinaus. Das ist die SPD-geführte Bundesregierung.

Damals wie heute: In der Begründung des SPD-Antrags fehlt jeder Impuls für den notwendigen Ausbau der Infrastruktur, besonders im ländlichen Raum.
Kein Wort zu den ungleichen Chancen im Schülerverkehr – hier der Linienverkehr und dort der freigestellte Schülerverkehr.

Ein Umkehrschluss ist besonders fatal: dass nichts wert ist, was nichts kostet.

Ich zitiere aus der Anhörung 2019, zum damaligen Antrag der SPD-Fraktion, die Tickets für Kinder und Jugendliche ganz freizustellen: „Schwierig ist […], eine Erwartungshaltung […] zu wecken, ÖPNV müsse für den Kunden kostenlos sein. Es ist nicht nachvollziehbar, warum ÖPNV für einen 18-Jährigen kostenlos sein soll, für einen 19-Jährigen in der gleichen Situation aber nicht mehr“, unabhängig von der eigenen „wirtschaftlichen Situation bzw. der [..] ihrer Eltern“.
Es fehlt die „sozioökonomische Komponente“, so der Verkehrsverbund Rhein-Sieg.
Wer Aufgabenlast und Ausgabenlast auseinandertreibt, der würdigt nicht hinreichend die tägliche Leistung der im Verkehrsbereich beschäftigten Menschen: Angefangen vom Fahr- und Begleitpersonal bis hin zu Planung oder Service oder Gleisbau.
In NRW brauchen wir keinen Weckruf, wie er in Rheinland-Pfalz an die Landesregierung gehen musste. Unser Schulgesetz meißelt „Regeln“ nicht in Stein. „Freizeitverkehre“ mit dem neuen Ticket sind eine tolle Chance – und bei uns keine Übervorteilung des „Bildungsressorts“. Schon jetzt sind Schülertickets stark ermäßigt. Das Deutschlandticket ist günstiger als viele Fahrscheine im Ausbildungsverkehr bisher – und deshalb attraktiv auch für die Schulträger.

Dafür steht das Land mit der solidarischen Finanzierung ein: konkret 280 Millionen Euro in diesem Jahr – Entlastung für viele bei uns – auch für die Generation der Älteren – um neu teilzunehmen und neu zu entdecken.

Im Wandel von Mobilität und ihrer Finanzierung beweist diese Landesregierung Idee, Initiative. Die Beschlusslagen zur Stunde – „Deutschlandticket als Sozialticket“ und „Deutschlandticket für unsere Schülerinnen und Schüler“ – sind proaktiv und produktiv, Wir handeln solidarisch und in Verantwortung gegenüber allen, die in NRW leben. Denn Wandel schafft nur eine Gesellschaft, die zusammensteht.

Insofern freue ich mich auf die Beratung dieses Antrags im Ausschuss.

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