Oliver Krausß zu TOP 12 "Gesetz für die Übergangsphase nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien"

21.02.2019

Anrede,

Stand heute will das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlassen. Diese Entscheidung respektieren wir, aber wir bedauern sie weiterhin. Und wir halten sie für falsch.
Der Brexit wird aber vorangetrieben, ohne „die Skizze eines Plans zu haben, ihn sicher über die Bühne zu bringen“ –  wie Donald Tusk seinem Unmut vor wenigen Tagen Luft gemacht. Das Vereinigte Königreich könnte mit der EU in wenigen Wochen brechen, ohne dass es einen Deal gibt.

Diese Situation ist ernst – Minister Dr. Stephan Holthoff-Pförtner hat davor in der aktuellen Stunde am 23. Januar gewarnt. Wir können uns daher nicht leisten, Gegensätze zu schaffen, die es überhaupt nicht gibt.

Sie, lieber Kollege Johannes Remmel, haben hier im Haus emotionale Worte gefunden: „Es gibt zu dieser historischen Stunde, zu diesem historischen Vorgehen keine Parallelen. Es gibt keine Road Map, es gibt keinen Plan, auf den man irgendwo zurückgreifen könnte.“

Dennoch müssen wir uns vorbereiten.
Zentrale politische Bereiche – wie beispielsweise das Aufenthaltsrecht, der Zugang zum Arbeitsmarkt, Fragen der Staatsangehörigkeit, der Beamtenstatus, Steuern, Zölle und das Gesellschaftsrecht – liegen dabei in der Regelungskompetenz des Bundes.
Bei anderen wichtigen Themen wie beim Nordirland-Konflikt liegt die Verantwortung in erster Linie bei den britischen Partnern und Freunden.
Was wir aber hier für NRW im Falle eines Brexit mit Austrittsabkommen tun können, das packen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf an.
Mit dem Brexitübergangsgesetz wird die Generalklausel eines Austrittsabkommens in das Landesrecht eingebracht mit der Folge, dass das Vereinigte Königreich in der geplanten Übergangsphase weiterhin wie ein Mitgliedstaat der Europäischen Union behandelt werden wird. In einem Übergangszeitraum würde damit das Unionsrecht Anwendung finden - mit nur wenigen Ausnahmen. Es regelt den landesrechtlichen Anpassungsbedarf, Hand in Hand mit dem Inkrafttreten des Austrittsabkommens.
Genau in diesem Sinne hat die Landesregierung von Beginn an gearbeitet. Wir haben das hier im Landtag intensiv begleitet. Unser Wunsch bleibt aber ein geordnetes Verfahren – für ein künftiges Verhältnis zu Großbritannien, das so eng bleibt, wie das unter den Bedingungen eines EU-Austritts zu machen ist.
Diese Planungen und diese Vorleistungen – im Blick auf alle denkbaren Szenarien – geben für unser Bundesland die bestmöglichen Perspektiven in einer schwierigen Lage: mit dem Vorsitz und der Schwerpunktsetzung in der Europaministerkonferenz, über die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, im direkten Kontakt mit dem EU-Chefunterhändler Michel Barnier, mit Friedrich Merz, der sich ehrenamtlich engagiert.
Und aus juristischer Sicht hat die Landesregierung in Vorbereitung eines Austritts geprüft, welche Rechtsnormen des Landes von einem Brexit betroffen sein könnten. Dieses Normenscreening hat gezeigt, dass es aktuell über das Übergangsgesetz hinaus keinen weiteren Anpassungsbedarf bei gültigen Landesnormen gibt. Zudem besteht kein Bedarf für die Einbringung neuer Gesetzesinitiativen.
Dass wir das „Brexit-Übergangsgesetz“ einschließlich Änderungsantrag im Fachausschuss mit breiter Mehrheit verabschiedet haben, ist ein gutes Zeichen. Dafür bin ich dankbar. Kein Verständnis habe ich allerdings für die Enthaltungen bei der SPD.
Es gibt einen entscheidenden Unterschied, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ob Sie sich unseren zukunftsweisenden, europapolitischen Initiativen nicht anschließen oder ob Sie den Handschlag verweigern und sich nicht positionieren, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen bei wichtigen Fragen des Umgangs mit dem Brexit.
Die ansonsten breite Zustimmung zum Brexit-Übergangsgesetz zeigt, dass wir tun, was unser Mandat, was unsere Verantwortung auf Länderebene ist. Das ist vorausschauende Politik. Mit der Generalklausel werden Schutz und Handlungsfähigkeit verbürgt. Für den Fall, dass wir eine Übergangsphase gewinnen, um eine künftige Partnerschaft bestmöglich zu verhandeln. Das Gesetz schafft die nötige Rechtssicherheit in NRW, wenn das Austrittsabkommen mit Großbritannien gelingt. Es unterbaut den Zusammenhalt. Es beugt einem faktischen Auseinanderdriften vor, ehe neue Definitionen gefunden sind. Und selbstverständlich wird dieses Gesetz erst an dem Tag in Kraft treten wird, an dem das Austrittskommen mit dem Vereinigten Königreich Gültigkeit erlangt.

Meine Damen und Herren,
auch wenn weiterhin keine Klarheit über das ob und das wie des EU-Austritts des Vereinigten Königreichs besteht, zeigen wir mit dem Brexit-Übergangsgesetz, dass wir für NRW vorbereitet sind.

Vielen Dank.

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