Rainer Deppe zu Top 1 "Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest verhindern! Wachsamkeit der Bevölkerung stärken und Schwarzwild weiter stark bejagen"

20.09.2018

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke der Ministerin dafür, dass sie hier so ruhig und sachlich dargestellt hat, welche Maßnahmen im Moment ergriffen werden und wie die Landesregierung vorgeht. Ich denke, diese Information ist für die Öffentlichkeit und für uns alle wichtig.

Ich möchte mich im Folgenden überwiegend mit den Auswirkungen beschäftigen, die auf uns alle zukommen, falls es auch hier zu einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest kom¬men sollte. Wir können jetzt durch den Ausbruch in Belgien auch in einer größeren räumlichen Nähe, als es in der Vergangenheit der Fall war, beobachten, was das für Folgen hat.
630.000 ha sind zum Sperrgebiet erklärt worden. Das ist eine Fläche – vielleicht kann sich das nicht jeder vorstellen – von umgerechnet 630 km2, also mehr als die Fläche von Köln und Düsseldorf zusammen oder – für die Kollegen aus Westfalen – etwa so groß wie der Kreis Soest. Man stelle sich das einmal vor: ein Sperrgebiet in dieser Ausdehnung.
Dort herrscht Stillstand. Niemand darf landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Flächen in diesem Gebiet betreten. Ausgenommen sind Personen, die beauftragt sind, kranke und tote Wildschweine zu finden oder zu bergen. Die Wälder sind gesperrt. Der Forstbetrieb ist bis auf Weiteres untersagt. Es finden keine Forstarbeiten statt. Stellen Sie sich bitte einmal vor, was das in der Situation, die wir diesen Sommer mit der Borkenkäfer-Kalamität haben, für den Wald bedeutet.
Übrigens: Was heißt das für die Forstbetriebe und die Forstarbeiter, die dort arbeiten? Was heißt das für die Sägewerke? Was heißt das für die Holzversorgung in unserem Land? – Das sind nur einmal die Fragen und Probleme, die drohen, auf uns zuzukommen. Es herrscht auch absolutes Jagdverbot; darüber ist eben schon gesprochen worden.
Jetzt richten wir einmal den Blick in die freie Landschaft. Das Gebiet ist wildschweinsicher einzuzäunen. Meine Damen und Herren, wer hat denn dann noch Lust, dort spazieren zu gehen? Dann gibt es keine Spaziergänger und keine Freizeitaktivitäten. Was für Auswirkun¬gen auf den Tourismus hat das denn? Wie viele Menschen in Hotels, Gaststätten, Kneipen und Cafés, beim Bötchenverleih, in Museen und an Tankstellen werden betroffen sein, wenn die Urlauber oder die Tagesgäste gar keine Lust mehr haben, dorthin zu fahren?
Sehen wir uns auch einmal die Landwirtschaft an. Den landwirtschaftlichen Betrieben ist eine Ausfahrt mit Fahrzeugen jedweder Art untersagt. Keine Ernte mehr? Dürfen landwirtschaftli¬che Produkte überhaupt noch transportiert werden? Die Getreideernte ist zwar vorbei. Aber wer weiß, wie lange die Sperrung bestehen bleiben muss? Derzeit ist der Mais noch nicht überall abgeerntet. Und was ist mit den Kartoffeln? Was ist mit den Zuckerrüben? Bei einem Fahrverbot stockt die Versorgung der Zuckerfabriken. Jetzt beginnt die Herbstbestellung. Wollen wir nicht mehr säen? Was ist mit dem Ausbringen von Mist und Gülle innerhalb der jetzt zugelassenen Ausbringzeiten?
Das Hauptthema, über das einige hier auch schon gesprochen haben, ist jedoch die Über-tragbarkeit der Afrikanischen Schweinepest von den Wildschweinen auf die Hausschweine. Das ist die größte Gefahr. Diese Folgen mag sich überhaupt niemand ausmalen. Zu Schweinebetrieben haben dann nur noch Seuchenexperten und Sicherheitskräfte Zutritt. Was ist eigentlich mit Futterlieferungen? Wo bleiben die Schweine, die ihr Schlachtgewicht erreicht ha-ben? Im Stall wird es dann jeden Tag enger.
Reden wir nun einmal von den wirtschaftlichen Folgen. Wir haben in Nordrhein-Westfalen ca. 7.100 schweinehaltende Betriebe mit 7,1 Millionen Schweinen. Für belgisches Schweinefleisch haben neun Staaten außerhalb der EU sofort einen Importstopp erlassen. Darunter sind wichtige Exportländer wie Südkorea, China, Taiwan und Weißrussland.
In Deutschland sind in der Fleischbranche über 110.000 Menschen beschäftigt. Sie sorgen für einen Umsatz von 40 Milliarden Euro. In Nordrhein-Westfalen ist die Bruttowertschöpfung der Fleischwirtschaft vergleichbar mit den Branchen der Chemieindustrie oder des Maschinenbaus. Ich glaube, darüber machen sich viele keine Vorstellungen.
Die riesige Dimension ist jetzt vielleicht einigen klar geworden – ich hoffe, auch Ihnen, Herr Kutschaty. Ihr unsäglicher Tweet, in dem Sie sich darüber beschwert haben, dass heute dieses Thema hier behandelt wird,

war ja schon Gegenstand der Äußerungen von Frau Watermann-Krass. Ich denke, der Präsident hat dazu das Richtige gesagt.

Noch viel bemerkenswerter ist aber Folgendes: Die SPD hat doch den Bezug zum realen Leben der Menschen in Nordrhein-Westfalen vollkommen verloren.
(Beifall von der CDU und der FDP. Hier droht eine Katastrophe mit Auswirkungen für Zigtausende Arbeitsplätze und Verlusten im Milliardenbereich, die knapp vor unserer Landesgrenze angekommen ist – und die SPD nimmt das noch nicht einmal zur Kenntnis.
Frau Watermann-Krass hält hier eine lustlose Rede und beklagt sich noch darüber, dass das Thema hier im Landtag behandelt wird.

Liebe Kollegen der SPD, wie weit sind Sie eigentlich mittlerweile von der Wirklichkeit der Men¬schen und dieses Landes entfernt?

Ich muss sagen, dass Herr Rüße die Themen angesprochen hat. Er hat die richtigen Fragen gestellt. Herr Rüße, ich bin froh, dass Sie dieses Thema hier mittragen und weiter dafür sor¬gen, dass wir uns um die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest, aber auch um die Folgen kümmern.
Meine Damen und Herren, es ist gut, dass wir eine Landesregierung haben, die nicht die Augen verschließt und nicht sagt, das sei ein unwichtiges Thema, sondern die Dimension erkannt hat und hier handelt. – Herzlichen Dank.

Autoren