Ralf Nolten zu TOP 8 "Gespräche mit den Hinterbliebenen und Opfervertretern führen und Gedenkorte für die Opfer der Flut vom 14./15. 7.2021 in NRW weiter-entwickeln“

24.04.2024

Vor 25 Jahren zerschellte der ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“ an ei-ner Bahnbrücke unweit des Bahnhofs Eschede wegen Materialermü-dung eines Radreifens. 101 Menschen starben.

Drei Jahre später wurde eine Gedenkstätte vor Ort eingeweiht. Für jeden Verstorbenen wurde neben den Gleisen vor der Brücke ein Kirschbaum gepflanzt. Es gibt eine Gedenktafel mit einer Inschrift  sowie Namen und Daten der Opfer. Es gibt vor allem einen ganz konkreten Ort des Unglücks.

Die Flutkatastrophe am 14./15. Juli 2021 hat von der Eifel bis nach Südwestfalen unvorstellbare Zerstörung, menschliches Leid und den Verlust von 49 Menschenleben in Altona, in Bad Münstereifel, in Schleiden und andernorts verursacht. Menschen wurden an den un-terschiedlichsten Stellen, im Haus, bei der Sicherung des Grund-stücks, bei der Überquerung der Straße von den Wassermassen über-rascht und starben in den Fluten. Diese Umstände machen die Gestal-tung eines einzigen Gedenkortes für die Opfer der Flutkatastrophe unmöglich.

Es braucht aber Gedenk- und Erinnerungsorte
- für das gemeinsame Gedächtnis der Menschen in NRW,
- für die betroffenen Kommunen,
- als Dank auch für die überwältigende Solidarität  die vielen Helferinnen und Helfer und ganz besonders
- für die Angehörigen und Bekannte, die um einen geliebten Menschen trauern, der ihnen so plötzlich entrissen wurde.

Die psychosoziale Belastung aller Betroffenen ist bis heute spürbar. Die Flut ist noch nicht vorbei. Und so ist auch die Diskussionen der Frage nach dem Ort und der Form des Gedenkens, des Erinnerns noch nicht abgeschlossen.

Weder in Bezug auf der Gedenkort nahe Blankenheimerdorf, noch in den betroffenen Kommunen.

Der Gedenkort des Landes wurde im Herbst 2022 in der Gestalt einer winkelförmigen Anordnung von 49 Linden in einem Naturschutzge-biet angelegt. An dieser Lage entzündete sich schon bei der Einwei-hung Kritik. Es gab aber auch begrüßende Stimmen.

Bäume als Zeichen des Lebens, der Zuversicht, auf einer Anhöhe, in der Nähe der Quellbereiche von Olef, Urft, Erft und Ahr im Kreis Euskirchen, wo mehr als die Hälfte der Getöteten ihr Leben verloren,

Das Wasser kam von den Hängen und tötete in den Tälern. Die Flut als Konsequenz des Klimawandels, auch menschengemacht, aber nicht so konkret im menschlichen Versagen wie beim ICE-Unglück damals.

Wie nun mit Kritik umgehen?
Jede Gestaltung wird auf Zuspruch und Ablehnung treffen,
Dort, wo am Gedenkort des Landes klar erkennbare Defizite gibt in der Ausrichtung der Bänke, der Beschilderung oder der Schaffung einer Parkmöglichkeit am Zugang zum Naturschutzgebiet wird das Land NRW sicherlich Abhilfe schaffen.
Am offenen Ohr für die Angehörigen der Verstorbenen, der Be-troffenen insgesamt habe ich keinen Zweifel. 

Gerade weil jeder Mensch aber anders trauert, braucht es differen-zierte Angebote, die sowohl öffentliche als auch private Formen der Trauerbewältigung unterstützen. In Bad Münstereifel gibt es einen Gedenkstein für einen Getöteten in seinem Wohnort. Die Angehöri-gen eines anderen Getöteten haben dies abgelehnt. Für sie ist der Friedhof der Ort des Trauerns.

Zusätzlich gibt es die als Ort des Erinnerns gestaltete Freitreppe an der Erft, eine Skulptur neben dem Rathaus ist geplant. Schleiden plant ein Gedenkort mit Ausstellung und fünf gleichgestaltete Stelen in den am stärksten flutbetroffenen Orten. Die Kommunen sind noch auf dem Weg. Obwohl sie auch hinsichtlich der Gedenkorte zentral sind, werden sie aber im vorliegenden Antrag nicht erwähnt.

Ich bedaure zutiefst, dass hier kein gemeinsamer Antrag der Fraktio-nen vorliegt. Das macht mir das Sprechen zum Antrag schwer, weil ich keine Politisierung des Gedenkens möchte. Sondern nur die Ein-ladung: lassen Sie uns sprechen im Ziel, Orte zur Bewältigung der Katastrophe zu schaffen.