Rüdiger Scholz MdL zu TOP 4

13.06.2018
Eltern, Lehrkräften und Schulträgern Planungssicherheit geben - äußere Differenzierung an Realschulen gestalten und einen Hauptschulbildungsgang ab Klasse 5 ermöglichen

Herr Präsident / Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die NRW-Koalition hat in der Bildung wieder die Belange der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt der Politik gerückt. Ihnen müssen wir die besten Bedingungen für den bestmöglichen Schulabschluss geben.

Im Artikel 10 unserer Landesverfassung ist das gegliederte Schulsystem festgeschrieben. Dazu gehören auch die Haupt- und die Realschulen. Dies hat die rot-grüne Vorgängerregierung bewusst aus dem Blickfeld genommen.

Durch jahrelange Vernachlässigung und Benachteiligung dieser beiden Schulformen hat man die Haupt- und Realschulen absichtlich geschwächt. Im Ergebnis der Benachteiligung dieser beiden Schulformen durch die rot-grüne Landesregierung sind die Anmeldezahlen vor allem bei den Hauptschulen zurückgegangen. Viele werden deshalb in den kommenden Jahren auslaufen.

Wer aber nicht verschwindet, sind die Hauptschülerinnen und Hauptschüler. Ja, viele von ihnen finden dort Aufnahme, wo Hauptschulgänge angeboten werden, also auch an Gesamtschulen und Sekundarschulen.

Leider gibt es jedoch eine zunehmende Anzahl von Fällen, in denen Schülerinnen und Schülern, die lediglich über eine Hauptschulempfehlung verfügen, der Zugang zu Schulen mit einem Hauptschulbildungsgang verwehrt bleibt. Sei es, weil kein wohnortnahes Hauptschulangebot existiert oder eben weil Gesamtschulen vor allem die Anmeldungen von diesen Schülerinnen und Schülern zur Klasse 5 negativ bescheiden. Was heißt das in der Folge? Für diese Schülerinnen und Schüler steht kein wohnortnaher Hauptschulbildungsgang zur Verfügung, stattdessen sollen sie – bspw. in Wesel nach dem Willen der örtlichen Linkskoalition – in einer zusätzlichen Klasse an der örtlichen Realschule in die Klasse 5 starten und das obwohl diese Schule natürlich nach aktuell geltendem Schulrecht überhaupt keinen Hauptschulbildungsgang ab Klasse 5 anbieten darf!

Der Verweis, dass an der Realschule ja nun die Genehmigung für einen Hauptschulbildungsgang ab Klasse 7 eingegangen sei, hilft diesen Schülerinnen und Schülern, die im kommenden Schuljahr die Klasse 5 besuchen werden, offensichtlich nicht weiter. Und genau hier setzt unser Antrag an. Wir werden den Hauptschulbildungsgang ab Klasse 5 an Realschulen sichern und zukunftsfähig machen. Allerdings nur dort, wo Bedarf besteht: Das kann überall da der Fall sein, wo es
Schülerinnen und Schüler gibt, die auf eine Hauptschule gehen wollen, aber ein Angebot für diesen Bildungsgang nicht ausreichend oder gar nicht vorhanden ist.

Diese Maßnahme zielt nicht darauf ab, integrierte Schulen zu schwächen oder besser zu stellen. Wir wollen alle Schulformen in ihren Möglichkeiten stärken. Dabei haben wir immer die Schülerinnen und Schüler im Blick. Jede und jeder hat den Anspruch auf eine ihren Leistungsmöglichkeiten entsprechende Förderung.

Die Hauptschulen waren stark und sie sind stark. Sie bilden ein wichtiges Rückgrat des dualen Ausbildungssystems in unserem Land. Die Lehrerinnen und Lehrer dort leisten unter oftmals nicht leichten Bedingungen eine hervorragende und eine erfolgreiche Arbeit. Und das in einem Rahmen, der vielfach mit größeren Belastungen als bei anderen Kolleginnen und Kollegen in der Sekundarstufe I verbunden ist. Dieses Engagement wurde leider von der früheren Landesregierung nicht gewürdigt.

Grundsätzlich sollen alle Schulformen, die den Hauptschulbildungsgang anbieten, auch Kinder mit Hauptschulempfehlung aufnehmen. Dies geschieht nicht überall. Es muss deshalb sichergestellt werden, dass die Schülerinnen und Schüler auch künftig die Möglichkeit haben, eine ihren Empfehlungen entsprechende Schule besuchen zu können. Das wird mit der Schaffung eines dauerhaft gesicherten Hauptschulbildungsgangs an den Realschulen erreicht.

Die Möglichkeit der Einrichtung eines Hauptschulbildungsgangs ist bereits im Schulgesetz im § 132 c verankert. Der Sinn dieses Paragraphen ist aber durch § 47 (2) der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I zum Schaden der Schülerinnen und Schüler von der rot-grünen Landesregierung ins Gegenteil verkehrt worden.

Mit der APO S I wird quasi die innere Differenzierung festgeschrieben. Lediglich ein Drittel der Stundentafel darf bisher nach äußerer Differenzierung unterrichtet werden. Auch diese Entscheidung diente nur dazu, Haupt- und Realschulen weiter zu schwächen. Und sie beschneidet die Gestaltungsmöglichkeiten für eine individuell optimale Förderung jeder Schülerin und jeden Schülers.

Im Ergebnis haben bisher nur wenige Schulen von der Möglichkeit des § 132 c Gebrauch gemacht.

Um vor allem ein wohnortnahes Angebot für den Hauptschulbildungsgang zu sichern, wollen wir die Möglichkeit seiner Einrichtung an Realschulen verbessern. Die Realschulen sollen mehr freie Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Damit können sie selbst über Art und Umfang der Differenzierung entscheiden. Wir wissen um die Fachlichkeit und das Verantwortungsbewusstsein der dortigen Lehrkräfte. Und wir vertrauen den Lehrerinnen und Lehrern.

Die Beschränkungen in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I sollen aufgehoben werden.

Und schließlich soll der Hauptschulbildungsgang an Realschulen künftig schon ab Klasse 5 möglich werden. Damit erhalten auch die Schulträger mehr Gestaltungsmöglichkeiten, um die Angebote im Hauptschulbildungsgang zu sichern.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Stärken stärken bedeutet für uns, jede Schülerin und jeden Schüler eine ihren oder seinen Leistungsfähigkeiten entsprechende Förderung zu ermöglichen.

Mit der Reform des Hauptschulbildungsgangs an Realschulen kommen wir auf diesem Weg in Nordrhein-Westfalen wieder einen ordentlichen Schritt voran.

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