Thomas Okos zu TOP 9 „Gute Energiepreise – gute Industrie: Industriestrom muss wieder bezahlbar werden!“

14.06.2023

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Gute Energiepreise – gute Industrie.“ So lautet der Beginn des vorliegenden AfD-Antrags. Zutreffender wäre sicherlich der Titel „Alte Ideen, in alten Gewändern“ gewesen. Doch der Reihe nach, denn Einigkeit herrscht sicherlich darüber, wie es fortlautend im Titel lautet:

„Industriestrom muss wieder bezahlbar werden!“

Korrekt. Als direkt gewählter Abgeordneter, der aus einer Industrie-geprägten Region stammt und dort zeitseines Lebens beheimatet ist, weiß ich um die Dringlichkeit. Jeder der in diesem Land unterwegs ist und mit den Unternehmen spricht, weiß wie angespannt die Situation in den Betrieben ist, wie Investitionsentscheidungen neu überdacht, zurückgehalten und manchmal auch strategisch außerhalb dieses Landes getroffen werden. Die Gründe sind vielfältig und liegen natürlich auch begründet in den massiv gestiegenen Energiepreisen, auch bedingt durch den furchtbaren Überfall Russlands auf die Ukraine. 

Folgerichtig steht fest, dass Deutschland und Nordrhein-Westfalen schnell, effektive Maßnahmen zur Stabilisierung des Industriestrompreises benötigen.
Hierbei herrscht Einigkeit.

Worüber ebenfalls Einigkeit bestehen sollte, ist über das Ziel Deutschlands, bis zum Jahr 2045 als Industrienation Klimaneutralität zu erreichen.  Zumindest für vier der fünf Fraktionen in diesem Hause gilt diese Zielsetzung als Konsens.

Ja, trotz oder vielmehr wegen dieser Umstände, erwarten die Menschen in diesem Land von uns Antworten, wie ein starkes Industrieland wie NRW sich dieser Aufgabe stellen kann.

Blicken wir hier zunächst auf einige der Lösungsvorschläge der AfD:

In Ihrem Antrag stellen Sie fest, dass „ein staatlich subventionierter Strompreis auf Dauer“ nicht finanzierbar sei. Meine sehr verehrten Damen und Herren, von einer Subventionierung auf Dauer war auch nie die Rede! Die Idee einer subventionierten Überbrückung bis 2030, wie sie aktuell diskutiert wird, soll doch lediglich Zeit verschaffen die Erneuerbaren Energien wirkmächtig auszubauen.

Ebenso interessant sind die Auswüchse Ihres Antrages mit Blick auf den CO2-Zertifikatehandel. Sie betonen in ihrem Antrag eine „Rückkehr zur Marktwirtschaft“ in dem man sich aus dem Zertifikatehandel zurückziehen solle und blenden gleichzeitig aus, dass eben jener CO2 Zertifikatehandel ein marktwirtschaftliches Instrument ist, dass die Verringerung von Emissionen beabsichtigt.

Zuletzt fordern Sie ein, dass die sechs, in den vergangenen Monaten und Jahren abgeschalteten Kernkraftwerke, wieder in Betrieb genommen werden sollten. Wow, das ist der Ansatz der AfD im Landtag von NRW. Von den 6 stehen wie viele in NRW? Genau, 0!

Wie es der Titel Ihres Antrages suggeriert, versprechen Sie sich davon sinkende Energiepreise. Dabei hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages, bereits 2021 festgestellt, dass Atomkraft im Vergleich gesamtgesellschaftlicher Stromkosten der teuerste Energieträger ist. Selbst wenn man dieser Berechnung nicht folgen möchte, wäre ein Ausstieg vom Ausstieg mit enormen Kosten und langen Wiederaufnahmezeiten der AKWs verbunden. Bedeutet: Keine schnelle Hilfe.

Zu guter Letzt entnehmen ich Ihrem Antrag, dass sie modernste Kerntechnologien in NRW ansiedeln wollen. Für die Kernfusion als Zukunftstechnologie sehe ich in NRW und im Bund durchaus eine Zukunft und Chancen. Für Kernspaltung und spalterische Politik, so wie sie es fordern und praktizieren hingegen nicht.


Ich fasse zusammen: Alte Politik der AfD in alten Gewändern. Rückwärtsgewandt und Wirkungslos für die Industriepreise in NRW.

Natürlich möchte ich nicht der Antwort schuldig bleiben, wie wir den Industriestrom bezahlbar halten. Hierfür gäbe es eine Vielzahl an Punkten, die bereits heute Morgen Erwähnung fanden. Auf jeweils eine kurz-, mittel- und langfristige Perspektive möchte ich in gebotener Kürze eingehen.

Kurzfristig sind die Pläne im Bund zum Industriestrompreis der schnellste und folgerichtigste Schritt, um den hohen Strompreisen am Standort Deutschland mit konkreten Maßnahmen zu begegnen. Das begrüßen wir ganz klar, weil uns in NRW der Industriestrompreis unmittelbar entlastet. An dieser Stelle danke ich dem Ministerpräsidenten Hendrik Wüst sowie unserer Wirtschaftsministerin Mona Neubaur für ihren unermüdlichen Einsatz in Berlin.


Mit einem „Brückenstrompreis“, sehen die aktuellen Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums vor, bis 2030 die überdurchschnittlich hohen Strompreise der energieintensiven Industrie für 80% der Strommenge auf sechs Cent pro Kilowattstunde zu begrenzen. Dieser Brückenschlag reicht bis ins Jahr 2030, um dann vom Transformationspreis abgelöst zu werden, der an den Ausbau der Erneuerbaren Energien anknüpft.
In diese Übergangsphase von „Brückenstrompreis“ hin zum „Transformationspreis“, fallen auch die nach Vorn gerichteten Energiepolitischen Maßnahmen der schwarz-grünen Landesregierung und unserer Zukunftskoalition.
Anders als im Land: würde ich mir auch seitens der Ampel gleichermaßen Klarheit statt Streitereien wünschen, insbesondere auch hinsichtlich der FDP, die sich mit ihrem nordrheinwestfälischen Zugpferd Christian Linder bislang kaum dazu durchringen kann. Ich hoffe, dass die liberalen Kollegen aus dem Land hierbei anschieben können.

Mittelfristig wollen wir die Versorgungssicherheit und Energiesouveränität von Nordrhein-Westfalen durch erneuerbare Energien stärken. Im Koalitionsvertrag haben CDU und Grüne festgelegt, mindestens 1.000 zusätzliche Windkraftanlagen zu bauen, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und den Ausbau der Wasserstoff-Potentiale voranzubringen.
Und wir halten Wort. Mit dem Landesentwicklungsplan weisen wir 1,8% der Flächen für den Ausbau der Windenergieanlagen rasant aus.
Nicht als Selbstzweck, sondern als Investition in die Zukunft, um Wertschöpfung zu halten.
Hier geht es los während andere noch Planen.

Für uns steht fest: Der entschlossene Ausbau erneuerbarer Energien hat eine preissenkende Wirkung. Dieses Ziel gilt es weiter zu verfolgen.

Auch die langfristige Perspektive behalten wir im Blick.
Stichwort: Wasserstoff.
Wasserstoff ist Schlüsselelement für die Energiewende auf dem Weg zum klimaneutralen Industriestandort Nordrhein-Westfalen. Um den zukünftigen Bedarf zu decken und die dafür notwendige Infrastruktur aufzubauen hat auch die Importstrategie für Wasserstoff in NRW bereits begonnen. Ein wichtiger Schritt, um sich zukünftig von Partnerschaften mit Staaten, die Menschenrechte mit Füßen treten, zu lösen.

Lassen sie es mich kurz zusammenfassen: Die Herausforderungen sind akut und benötigen schnelle und zielgerichtete Maßnahmen des Bundes, wie beim Industriestrompreis, aber auch seitens des Landes, hinsichtlich des Ausbaus erneuerbarer Energien.

Was mir in Anbetracht der Schreckensszenarien, die so gerne von Seiten der AfD verbreitet werden, Mut macht, sind Beispiele von Unternehmen die investieren:

Das Interesse bei ausländischen Direktinvestitionen in NRW ist nach wie vor groß – allein 2022: mit 390 Neuansiedlungen und Erweiterungsprojekten aus insgesamt 36 Ländern dieser Welt. Wer Beispiele sucht, kann sich selber ein Bild verschaffen, bei den vorgestern mit dem NRW.Global Invest ausgezeichneten Unternehmen.
Einer der Preisträger, das Unternehmen Viega aus Attendorn sprach sogar, und ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „von einem geilen Industriestandort NRW.“ Das ich das mal als Rheinländer sagen darf: Recht haben die Sauerländer.

Aber diese Mutmacher gibt es auch in anderen Teilen des Landes. So auch in meiner Heimatstadt Frechen. ESK-SiC ist weltweit einer der bedeutendsten und traditionsreichsten Hersteller von Siliciumcarbid-Körnungen mit 80 Jahren Erfahrung. Würde man der AfD Folgen, wäre es ein guter Zeitpunkt die Segel zu streichen und mit dem wichtigen Rohstoff, zur Stärkung der Halbleiter-Industrie, das Weite zu suchen. Sie tun es nicht. Sie entwickeln aktuell ein innovatives Recycling Verfahren gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut. Hierfür investieren sie – immerhin 100 Millionen. Das ist eine unternehmerirische Entscheidung in den Standort und für das Land. Eine unternehmerische Entscheidung, die neue Arbeitsplätze, mit der Einsparung von 80 % der CO2-Emission und Material für die Industrien der Zukunft schafft. Das sind Mutmacher, das ist „Made in NRW“.

Abschließend darf ich unsere Zielsetzung zusammenfassen:
- Wir werden den Ausbau der erneuerbaren Energien entschlossen vorantreiben.
- Wir werden unsere wirtschaftlichen Beziehungen in der  Energiewende mithilfe internationaler Partnerschaften diversifizieren.
- Wir werden zukunftsorientierte Unternehmen mit ihrem Know-how und ihren Technologien am Standort stärken.

Fest steht: Wir lehnen die Punkte ihres Antrag entsprechend ab.
Fest steht: Wir wollen klimaneutrales Industrieland werden. Damit das gelingt werden wir ein industrielles Investitionsklima in NRW schaffen.
Vielen Dank!

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