
Sehr geehrter Herr/Frau Präsident/in,
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
wie so oft darf ich hier als örtlicher Landtagsabgeordneter der noch vom Tagebau betroffenen Dörfer auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz zu Anträgen der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen sprechen.
Und wie immer möchte ich an dieser Stelle betonen, dass ich um jeden Quadratmeter Land und damit auch Heimat froh bin, der nicht dem Tagebau zum Opfer fällt, ebenso wie meine Vorgänger Franz-Josef Pangels und Gerd Hachen.
Aber Nordrhein-Westfalen hat nun mal lange Zeit auf den Energieträger Braunkohle gesetzt, und dies ist auch von ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90 / die Grünen solange sie in der Verantwortung waren unterstützt worden.
Der Ausstieg aus diesem Energieträger ist festgelegt, dieser muss aber unter Beachtung der Versorgungssicherheit unseres Landes erfolgen.
Soweit zur Vorrede.
Die Umsiedlung der Ortschaft Lützerath wurde bereits mit dem Braunkohleplan 2005 geregelt. Auch sie liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen haben die Umsiedlung in ihrer Leitentscheidung 2016 als erforderlich betrachtet.
Die Bergbauliche Inanspruchnahme von Lützerath ist im aktuellen bis zum 31.12.2022 geltenden Hauptbetriebsplan vorgesehen.
Bislang konnte eine Hofstelle von RWE nicht erworben werden, der Grundabtretung wurde im Dezember 2020 stattgegeben, die vorzeitige Besitzeinweisung erfolgte im Mai diesen Jahres.
Hiergegen sind Klagen beim Verwaltungsgericht Aachen anhängig, ebenso wird die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch das Verwaltungsgericht Aachen derzeit geprüft.
Nach aktueller Rechtslage kann das Bergbautreibende Unternehmen zur Fortsetzung des bergbaulichen Verfahrens auf den Grundstücken die erforderlichen Maßnahmen wie Rückbau, Rodungsmaßnahmen und bodenkundliche Untersuchungen durchführen.
Das diese Rechtslage so ist wie sie ist haben sie mit der Leitentscheidung 2016 mit begründet.
Die von ihnen immer wieder angeführten Gutachten aus 2020 von DIW und BET gingen immer auch von einer Inanspruchnahme Lützeraths aus.
Mit Erlaubnis des Präsidenten / der Präsidentin zitiere ich aus dem DIW Gutachten von 2020 „Die Orte Immerath und Lützerath sind bereits weitestgehend leerstehend und devastiert. Ein Erhalt der Orte ist daher aus Sicht der Autor*innen nicht zwangsläufig notwendig.“ Dies wird dann weiter begründet und es wird mit der Inanspruchnahme von Lützerath ein Abbauszenario vorgestellt, bei dem die fünf Dörfer erhalten bleiben.
Wir sind der Meinung dass diese Gutachten von falschen Annahmen ausgehen, wir haben dazu hier schon mehrfach gestritten. Aber 2020 wurde trotz der aus unserer Sicht falschen Annahmen die Inanspruchnahme von Lützerath von beiden Gutachten als erforderlich angesehen.
In einer neuen Stellungnahme aus Juni 2021 kommt DIW zum Schluss, dass Lützerath erhalten bleiben kann, geht aber von einem Ausstiegspfad von 2028 aus. Allein das zeigt schon, dass diese Stellungnahme auch wieder von ganz falschen Voraussetzungen ausgeht.
Sie, Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90 / Die Grünen haben sich von Ihrer Leitentscheidung 2016 und vom Kohlekompromiss längst verabschiedet. Sie wollen nun jede Forderung der Aktivisten am Tagebau erfüllen.
Aber 2035 oder eventuell ja auch 2030 werden wir vor Ort mit dem dann vorhandenen Loch leben müssen. Neben dem Erhalt von Flächen ist für die Menschen vor Ort dann eine Rekultivierung und die See-Herstellung enorm wichtig. Denn vor Ort muss auch nach dem Ende des Abbaus mit diesem Loch gelebt werden.
Dann werden wir nämlich nicht mehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen.
Wie soll diese Restsee-Gestaltung und die Rekultivierung erfolgen, wenn sie jetzt schon den aktuellen Hauptbetriebsplan außer Kraft setzen wollen. Wir werden dann bei Garzweiler vor ganz anderen Problemen stehen wie in Hambach und eine auch nur irgendwie adäqute Rekultivierung wird nicht möglich sein.
Dass nehmen sie für den Erhalt von leerstehenden Gebäuden und größtenteils versiegelter Fläche offenbar in Kauf.
Sie überschreiben ihren Antrag mit den Worten
„Endlich Frieden für die Dörfer statt sinnloser Eskalation“
Mit solchen Anträgen heißen sie die weitere Eskalation an, indem sie so tun, als wenn alles möglich ist und alles kein Problem sei. Die Böse Landesregierung und die noch bösere RWE muss nur wollen. Rechtliche Vorgaben und genehmigte Pläne spielen da für sie keine Rolle.
Das Umweltaktivisten für ihre Meinung friedlich demonstrieren ist ihr gutes Recht. Ich habe mit Erleichterung aus der Presse zur Kenntnis genommen, dass die Polizei hier bislang eine sehr viel friedlichere Gruppe vorfindet als im Hambacher Forst. Selbst der Bezirksdienstbeamte in Uniform kann Lützerath überall betreten, was ja auch eigentlich selbstverständlich ist.
Und in der letzten Woche noch hat der Polizeipräsident von Aachen mitgeteilt, dass derzeit mit keinen Vollzugshilfeersuchen zu rechnen ist und man davon ausgeht, dass diese erst dann gestellt werden, wenn Rechtsklarheit besteht.
Die Lage vor Ort ist daher erfreulicherweise friedlicher, als sie es darstellen.
Heizen sie dies mit solchen Anträgen nicht noch zusätzlich an.
Und kurz zum Hambacher Forst.
Setzen Sie sich mit dafür ein, dass die Besetzung des Hambacher Forstes von Gewalttätern beendet wird. Der Hambacher Forst wird nicht abgebaggert. Aber welche Stiftung soll den Forst übernehmen, solange sich dort eine Gruppe von Gewalttätern aufhält, denen es weniger um die Umwelt als viel mehr um einen Systemwechsel in unserm Land geht.
Ich habe den Eindruck, dass sie mit all Ihren Anträgen seit Juni 2017, seit dem sie nun nicht mehr Verantwortung tragen, versuchen, ihr Gewissen zu beruhigen und bei ihren Wählerinnen und Wählern vergessen machen zu wollen, dass sie ich ihrer Leitentscheidung 2016 die Voraussetzungen für die Zerstörung der Dörfer geschaffen haben und diesen Prozess in Gang gesetzt haben.
Ich habe mir in der Vorbereitung auf den heutigen Tagesordnungspunkt mal ihr Wahlprogramm 2017 durchgelesen und geschaut, was sie hier zum Erhalt der damals noch vom Tagebau bedrohten Dörfer geschrieben haben.
Nichts.
Die Dörfer sind hier keinmal erwähnt, der Hambacher Forst ist keinmal erwähnt, nichtmal ein Hambacher Wald.
Sie haben in ihrem Wahlprogramm nur die damalige Verkleinerung von Garzweiler II gefeiert und keine Ambitionen zu einer weiteren Verkleinerung der Abbaugebiet formuliert. Damals hatten sie gehofft, weiter in der Regierung zu bleiben und wollten nichts versprechen.
Die jetzige Landesregierung jedoch hat in der neuen Leitentscheidung 3 mal so viel Kohle im Boden gelassen wie sie 2016, damit konnte die Abstände der Tagebauranddörfer mindestens vervierfacht werden.
Und sie hat mit der geänderten Abbaurichtung dafür gesorgt, dass in den 5 Orten des aktuellen Umsiedlungsabschnittes keine Fakten geschaffen werden und hier die weiteren Entwicklungen zum Kohlebedarf und zu einem eventuell noch früheren Kohleausstieg abgewartet werden können.
Die NRW Koalition hat daher mehr erreicht, als sie sich 2017 je hätten vorstellen können.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.
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