Tom Brüntrup zu TOP 11 "Willkommenskultur für Neugeborene schaffen - Der Demografiekatastrophe entschlossen entgegentreten -Familiengründung endlich ins richtige Licht rücken"

16.05.2024

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

wenn Zuwanderung von der AfD nicht als Problem dargestellt werden kann, wird sie einfach ignoriert und verschwiegen. Nur ein einziges Mal taucht das Wort im vorliegenden Antrag auf, um zu beziffern, wie viele Kinder es pro Frau bräuchte um ohne Zuwanderung einer schrumpfenden Gesellschaft zu entgehen. 2,1 lautet die Antwort, für die die AfD extra auf das statistische Bundesamt verweist. Nicht das jemand bei dem sonst inhaltlosen Antrag an den wenigen konkreten Inhalten zweifelt. Da die Zahl der Geburten im Jahr 2022 jedoch nur bei 1,46 lag, befürchtet die AfD-Fraktion, Zitat „erhebliche Auswirkungen auf zentrale Bereiche innerhalb der Struktur der Bundesrepublik Deutschland“. Genauer gesagt auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Aber genau dort, wo die Zuwanderung ausländischer Fach- und Arbeitskräfte bereits zur Lösung des Problems beiträgt, wird Sie von der AfD verschwiegen. Stattdessen fordert sie eine „Willkommenskultur für Neugeborene“.

Nach den vergangenen AfD-Anträgen in diesem Plenum, in denen unter anderem landeseinheitliche Willkommenspakete für Kinder und die Absenkung der Mehrwertsteuer für Baby-Artikel gefordert wurden, hat man sich scheinbar von der vermeintlichen Verbesserung der Rahmenbedingungen verabschiedet und will nun der „gewollten Kinderlosigkeit“ an den Kragen. Die Grundlage des vorliegenden Antrages bildet dabei eine Studie der Hochschule Gera, bei der kinderlose Frauen zu den Gründen ihrer Entscheidung befragt wurden. Zwar sieht die AfD ein, dass die Entscheidung eine Familie zu gründen individuell ist, von jedem Menschen selbst getroffen werden sollte und -Zitat- „selbstverständlich respektiert werden sollte“. ABER. Aber dennoch sei es -Zitat- „die Aufgabe [der Regierung] die Geburtenrate (…) zu regulieren und das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland (…) dazu zu bewegen Kinder auf die Welt zu bringen“. So individuell, selbstbestimmt und unanfechtbar ist der Kinderwunsch in den Augen der AfD also doch nicht.
Genauso wenig ist die Entscheidung endgültig, wenn es nach der AfD geht. Unter Verweis auf den Autor Gunnar Heinsohn, der für seine umstrittenen Thesen zur Bevölkerungspolitik und Demographie bekannt ist, heißt es, dass die Einstellungen der Frauen nicht unveränderbar seien. Aus diesem Grund solle man über die positiven Auswirkungen der Mutterschaft aufklären. Hierzu hat die AfD-Fraktion auch schon mal einige Benefits herausgesucht. So hätten Studien nachgewiesen, dass Frauen mit Kindern ein höheres Wohlbefinden aufweisen und zufriedener mit ihrem Leben sind. Beide Elternteile würden eine erhöhte Sinnhaftigkeit im mittleren Alter verspüren. Und darüber hinaus seien Menschen mit Kindern weniger anfällig für Erkältung und hätten seltener Probleme mit Blutdruck.

Ich will nicht abstreiten, dass die Studien zu den entsprechenden Ergebnissen gelangt sind. Aber was sich zumindest auf meinen Blutdruck negativ auswirkt, ist die Vermischung unterschiedlicher Studienergebnisse zum gewünschten Zweck. Betrachten wir nur mal die Ergebnisse zum höheren Wohlbefinden und zur Lebenszufriedenheit. Der in der Studie vorgenommene Vergleich bezieht sich nicht auf Frauen mit Kindern und gewollt kinderlose Frauen. Referenzgruppe sind einfach Frauen ohne Kinder, ungeachtet des Grundes. Und an dieser Stelle zeigt sich leider auch, dass Sie -liebe AfD-Fraktion- den MDR-Artikel zur gewollten Kinderlosigkeit einfach nicht zu Ende gelesen haben. So steht ausdrücklich in der von Ihnen angeführten Studie, dass die Wissenschaftlerinnen dem Klischee der selbstbezogenen und egoistischen gewollt kinderlosen Frau widersprechen. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Studie „Mehr als 70 Prozent der Frauen haben nie in ihrem Leben (…) den Wunsch verspürt, eine Familie zu gründen. (…) Es wäre also überraschender, wenn die betreffende Frau wider ihren eigenen Willen [handeln würde] (…).“ Hoffentlich merken sie es selbst: Einer Frau wider ihrem Willen ein Kind einzureden, wird weder ihr Wohlbefinden noch ihr Lebensglück positiv beeinflussen.

Entsprechend abstrus und falsch ist ihr Versuch, politisch in die Geburtenrate eingreifen zu wollen.
Fragen Sie mal bei ihren neuen Freunden nach, wie erfolgreich so eine Ein-, bzw. bei Ihnen Drei-Kind-Politik läuft und vielleicht lehnen sie ihren Antrag im Ausschuss dann selbst ab.

Autoren