Versucht die Landesregierung am Flughafen Köln/Bonn die notwendige Aufklärung interner Verfehlungen durch den Austausch des Aufsuchtsratsvorsitzenden zu behindern?

16.11.2017
Klaus Voussem MdL zur aktuellen Stunde

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

außerordentlich und außergewöhnlich sind die beiden Worte, die mir zu dem Vorgehen und zur Beantragung Ihrer Aktuellen Stunde einfallen, Herr Klocke.

Bisher haben wir alles, was wir über dieses Vorgehen wissen aus der Presse. Worum geht es dabei? Anonyme Vorwürfe gegen Michael Garvens, öffentlich gemachte interne Aufsichtsratspapiere, ein Beschuldigter, der sich in der Aufsichtsratssitzung am Freitag nicht äußern durfte und der den gegen ihn erhobenen Vorwürfen inzwischen in einem Schreiben seiner Anwälte, dass am Dienstagabend per E-Mail an die Medien gegangen ist, Punkt für Punkt widersprochen hat (so der Generalanzeiger Bonn vom 15.11.2017, Seite 8).

Was haben wir noch? Einen erfolgreichen Manager. Der Flughafen Köln/Bonn ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Rheinland und das einzige große internationale Drehkreuz für den Frachtflug in Nordrhein-Westfalen.

Die Wirtschaft in der Region Köln ist exportorientiert und genau in den Branchen stark, die zu den wichtigen Warengruppen im Luftfrachtverkehr zählen (Maschinenbau, chemische Industrie und Fahrzeugbau), aber auch andere Unternehmen, die im Ausland aktiv sind schätzen die Möglichkeit Produkte als Expressfracht an den Kunden zu schicken.

In der Passage liegen die Schwerpunkte in den Bereiche Tourismus und Geschäftsreisende. Der Flughafen stärkt das Image einer europäischen Metropolregion. Mit 21.400 Jobs ist der Airport einer der zehn größten Arbeitsstätten in der Region Köln/Bonn. Unter ihm ist der Flughafen außerdem strategisch neu positioniert und zum führenden Low-Cost-Flughafen in Deutschland entwickelt worden. Diese gute wirtschaftliche Situation ist auch Verdienst von Michael Garvens. (Pause)

Im WDR (Aktuelle Stunde) haben Sie, Herr Klocke, bereits am 9.11., also bevor der Aufsichtsrat getagt hatte, gesagt. Ich zitiere mit der Erlaubnis des Präsidenten: „Es hat ein Geschmäckle, wenn jetzt gerade in dieser Situation, wo der Prüfbericht vorgelegt wird, den Herr Bodewig ja mit beauftrag hatte, wenn jetzt gerade diese Personalie - gemeint ist Friedrich Merz - ins Spiel kommt.“ Und auch in Ihrer Beantragung werfen Sie der Landesregierung vor, dass die „notwendige Aufklärung interner Verfehlungen durch den Aufsichtsratsvorsitzenden“ verhindert werden solle. Folgendes ist richtig: Ich betone - und das ist ja auch in dem Bericht mit der Stellungnahme aus der Staatskanzlei bereits deutlich geworden - dass das Land ein hohes Interesse an der Aufklärung hat.

Die Erklärung der Staatskanzlei an den WDR können Sie ebenfalls dem WDR-Bericht entnehmen: „Sollten Vermutungen im Rahmen der internen Untersuchungen belegt werden, werden sich die von der Landesregierung entsandten Mitglieder im Aufsichtsrat dafür einsetzen, die notwendigen Konsequenzen in der Geschäftsführung zu ziehen.“ Auch die CDU-Landtagsfraktion ist selbstverständlich an einer lückenlosen Aufklärung, unabhängig der Besetzung des Aufsichtsgremiums, interessiert.

In der Sitzung des Aufsichtsrates von Freitag ist der Kölnischen Rundschau in der Ausgabe von Montag (Seite 3) zu entnehmen, dass die Beurlaubung von Herrn Garvens einstimmig gefasst worden ist, also auch mit den Stimmen der Vertreter des Landes. Bei der Sitzung am 6. Oktober regten die Vertreter der Landesregierung die weitere Untersuchung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft neben der durch die Rechtsanwaltskanzlei an, sagte ein Sprecher der Landesregierung (Aachener Nachrichten vom 11.11., Seite 9). Dieses Vorgehen zeigt, dass die Aufklärung der im Raum stehenden Vermutungen vollumfänglich unterstützt wird. Aber für die Aufklärung müssen wir uns einmal die Aufgaben und Pflichten der unterschiedlichen Ebenen anschauen. Der Aufsichtsrat prüft derzeit die Vorwürfe.

Mögliche Pflichtverletzungen der Geschäftsführung waren Thema der Aufsichtsratssitzung vom vergangenen Freitag, zu dem ein vorläufiger Prüfbericht einer Rechtsanwaltskanzlei und einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgestellt wurde. Seit dem frühen Donnerstagabend sind Medienmeldungen im Umlauf, die aus dem internen Prüfbericht zitieren, dem Parlament und mir als Abgeordneten liegen aber bisher keine weiteren Unterlagen vor. Werfen wir einmal einen Blick ins Gesetz: § 116 (AktG) behandelt die „Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder“.

Dort heißt es unter anderem: Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Daran hat sich vorliegend wohlmöglich nicht jeder gehalten. Nunmehr zu Ihrem Vorwurf, Herr Kollege Klocke, die Landesregierung wolle mit der Personalie Merz eine transparente Aufklärung verhindern: Das ist abstrus.

Meine Damen und Herren, grundsätzlich gilt:
Hält das Land Anteile an Unternehmen, ist es als Institution im Aufsichtsrat vertreten und entsendet Aufsichtsratsmitglieder. Dabei handelt es sich nicht um persönliche Mandate. Es ist geübte Praxis in Folge eines Regierungswechsels Mandate in Unternehmensgremien, an denen das Land beteiligt ist, neu zu besetzen. Das Land kann Mitglieder in den Aufsichtsrat berufen oder abberufen. Regierungswechsel heißt Personalwechsel. Das ist Rot-Grün bestens bekannt. Durch einen Wechsel im Aufsichtsrat wird die Kontrollfunktion des Gremiums nicht beeinträchtigt.

Die Aufsichtsratsmitglieder führen unabhängig von Wechseln ihre Arbeit fort. Niemand ist unersetzlich! Und Friedrich Merz ist für die Spitze des Aufsichtsrates aus unserer Sicht eine sehr gute Wahl. Herr Merz ist ein ausgewiesener Fachmann mit betriebswirtschaftlichem und juristischem Sachverstand. Im internationalen Luftverkehr am Flughafen Köln-Bonn besonders für das transatlantische Frachtgeschäft sind seine gute Beziehungen gefragt. Gerade weil sich die Geschäftsführung Vorwürfen ausgesetzt sieht, braucht es eine Person mit diesen Kontakten, um für Vertrauen zu werben. Nach der Insolvenz von Air Berlin werden die „Karten“ in der Luftfahrtbranchen „neu gemischt“. Gerade jetzt bedarf es eines klugen und besonnenen Vorgehens. Meine Damen und Herren, aus der Presse wissen wir nun schlussendlich auch, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen hat, da ein Anfangsverdacht auf Untreue bestehe (Aachener Nachrichten, 15.11., Seite 9). Damit können wir jetzt nur das Ergebnis der Ermittlungen abwarten und das kann eine Weile dauern dauern. Die Ermittlungen werden in alle Richtungen gehen. Möglichweise wird dabei ja auch die Frage beantwortet werden, wer die internen Prüfberichte durchgestochen hat.

Meine Damen und Herren, denn schon Julius Cäsar wusste: „Die Welt liebt den Verrat, nicht jedoch den Verräter.“ Dem Flughafen als wichtiges Unternehmen in der Köln-Bonner Region wird all derweil ein Bärendienst erwiesen.

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