„Viel Effekthascherei, wenig Sachaufklärung“

09.05.2022
Rainer Deppe zur letzten Zeugenvernehmung im PUA zur Flutkatastrophe

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 (PUA V) hat am gestrigen Freitag zum letzten Mal in dieser Wahlperiode Zeugen vernommen. Dazu erklärt unser stellvertretender Vorsitzender und PUA-Mitglied Rainer Deppe:

„Die Vernehmung des Wirtschaftsministers Andreas Pinkwart hat erneut gezeigt, wie falsch es war, den Genehmigungszeitraum der Kiesgrube in Erftstadt-Blessem nicht in die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses einzubeziehen, obwohl CDU und FDP dieses beantragt hatten. Sämtliche Fragen zur tatsächlichen Konstruktion und zur Genehmigungslage der überfluteten Böschungen am Tagebau Blessem durften deshalb im Untersuchungsausschuss nicht gestellt werden. So ließen sich die Ursachen, warum es dort zu der Katastrophe kam, durch die insgesamt acht Häuser verloren gingen, nicht aufklären. Es befremdet sehr, dass insbesondere die Kollegen der SPD, die sich gern öffentlich als ,Chefaufklärer‘ feiern lassen, eine Ausweitung des Untersuchungsauftrags, die auch die eigene Regierungszeit betroffen hätte, mit Händen und Füßen abgewehrt haben. Im Sinne der Menschen, die in Blessem ihre Häuser verloren haben, können wir nur auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft setzen. Die Erkenntnisse sind unverzichtbar, um ähnliche Zerstörungen bei Hochwasser in der Zukunft zu verhindern.

Die Abteilungsleiterin für Gefahrenabwehr aus dem Innenministerium hat überzeugend dargestellt, mit welch hoher fachlicher Kompetenz und herausragendem persönlichen Einsatz die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Koordinierungsgruppe nach deren Aktivierung am 14. Juli um 15 Uhr unter Beteiligung aller betroffenen Ministerien in den Fluttagen gearbeitet haben. Die Einrichtung eines Krisenstabes, den sie zunächst empfohlen hatte, hätte zu keinen anderen Ergebnissen geführt als die professionell und effektiv handelnde Koordinierungsgruppe, erklärte sie. Wer personelle und organisatorische Hilfe benötigt habe, habe sie bekommen. Die Bezirksregierung Köln hatte diese auf jeden Fall nicht erbeten oder angefordert. Dennoch unterstützten zwei Mitarbeiter des Instituts der Feuerwehr auf Veranlassung des Innenministeriums dort.

Auch wenn mit der 21. Sitzung die parlamentarische Aufarbeitung der Flutkatastrophe für diese Wahlperiode zu Ende geht, kann man feststellen, dass die Ministerien unabhängig vom Untersuchungsausschuss mit Hochdruck an den Konsequenzen gearbeitet haben und die Katastrophenvorsorge in Nordrhein-Westfalen bereits verbessert wird.“

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz hat schon im Januar einen Zehn-Punkte-Arbeitsplan ,Hochwasserschutz in Zeiten des Klimawandels‘ vorgelegt. Das Innenministerium veröffentlichte im Februar einen 15-Punkte-Plan für kommende Katastrophen, den ein eigens eingerichtetes Kompetenzteam Katastrophenschutz erarbeitet hatte.

Als Beispiele für Konsequenzen und einen stärkeren Schutz vor Katastrophen sind zu nennen:

  • Verbesserung der Hochwasserprognosen. Insbesondere werden zukünftig die Pegel auch kleinerer Gewässer mit in den Blick genommen. Das Messstellennetz muss auch bei Extremwetter sicher funktionieren und es muss mehr Gewässer sowie die Geländeformation erfassen.
  • Beim Katastrophenschutz wird die Digitalisierung mit Nachdruck vorangetrieben, damit landesweite Lagebilder schneller erzeugt werden können. Zudem soll ein landeseigenes Krisenreaktionszentrum entstehen und gleichzeitig unmissverständliche Eingriffsmöglichkeiten in laufende Radioprogramme ermöglicht werden.

Rainer Deppe erklärt weiter: „Klar ist auch, dass das Katastrophenschutzgesetz in seiner von der rot-grünen Vorgängerregierung verabschiedeten Form nicht taugt, um die Menschen im Land wirksam zu schützen und Katastrophen zu bewältigen – es muss in der nächsten Wahlperiode dringend und zeitnah reformiert werden. Wichtig ist, dass in der zentralen operativen Führung einer Lage die gefragten Praktiker sitzen und nicht aus politischen Gründen Staatssekretäre aus Ressorts, die mit Katastrophenschutz rein gar nichts zu tun haben.

Es ist betrüblich, dass der Untersuchungsausschuss spätestens seit dem Beginn dieses Jahres seiner großen Aufgabe kaum mehr nachkommen konnte, weil es insbesondere der SPD mehr um Effekthascherei für ihren Wahlkampf ging als um eine konzentrierte Aufklärung in der Sache. In jeder Sitzung jeden Zeugen noch fünfmal zu fragen, ob der Krisenstab nicht hätte einberufen werden müssen, sollte schlicht und ergreifend billige Schlagzeilen produzieren. Gut, dass die echten Problemlösungsvorschläge in den Ministerien erarbeitet wurden und die Verwirklichung bereits vorbereitet wird.“

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