Wie muss die Aufstellung und Ausstattung der Polizei in Nordrhein-Westfalen für eine effektive Kriminalitätsbekämpfung verbessert werden?

26.01.2017
Theo Kruse MdL, Sprecher des Innenausschusses

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, seit gut sechs Jahren trägt Rot-Grün mit dem Innenminister Ralf Jäger die Verantwortung in dem so wichtigen Politikfeld der Inneren Sicherheit. Seit 2010 versagt die rot-grüne Landesregierung bei der erforderlichen und dringend notwendigen Ausrichtung der inneren Ordnung, der inneren Sicherheit und des Zusammenhalts unserer Gesellschaft. Nicht zuletzt die Vorfälle in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 sowie der Fall Amri haben weitere außerordentlich negative Schlaglichter auf die Sicherheitslage in Nordrhein-Westfalen geworfen. Die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen wurden in den letzten ca. 20 Jahren noch nie so schlecht regiert. Das ist der Zeitraum, den ich in besonderer Weise überblicke. Rot-Grün ruiniert unser hochverschuldetes Land, wir erleben eine Flucht vor der Verantwortung. Die desolate Bilanz Nordrhein-Westfalens im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung ist in der Tat das Ergebnis einer über Jahrzehnte hinweg verfehlten Ausrichtung der nordrhein-westfälischen Polizei durch die SPD geführte Landesregierung. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Landtagsfraktion hat seit 2010 durch eine Vielzahl von Anträgen, Gesetzentwürfen sowie aktuellen Stunden Verbesserungsvorschläge eingebracht und Veränderungsnotwendigkeiten vorgetragen. Nach 2012 hat die CDU-Fraktion zwei Große Anfragen gestellt – zur Situation der Polizei insgesamt und zur Verbesserung der Aufstellung und Ausstattung für eine effektive Kriminalitätsbekämpfung, die Antwort der Landesregierung auf Letztere ist heute Gegenstand der Beratung. Die Antworten der Landesregierung offenbaren erhebliche Defizite in der Führung der Polizeibehörden. Sie erbringen den Nachweis, dass die Organisationseinheiten der Schutzpolizei durch das Innenministerium weder in den Direktionen Gefahrenabwehr/-einsatz noch in der Direktion Verkehr auf die Kriminalitätsbekämpfung ausgerichtet sind. Eine erfolgreiche und wirksame Bekämpfung der Kriminalität erfordert jedoch, auch die Beamten der Schutzpolizei verstärkt für die Kriminalitätsbekämpfung auszubilden und zu motivieren. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in Erinnerung rufen möchte ich, dass Innenminister Jäger schon zu seinem Dienstantritt im Jahr 2010 formuliert hatte, dass er eine Aufgabenkritik bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen vornehmen will, aber bisher weder die Ergebnisse der Großen Anfrage 4 der CDU-Fraktion mit ihren entlarvenden Inhalten zum Anlass genommen hat, die Leistungen und Ergebnisse dieser wesentlichen Polizeiorganisationen festzustellen. Das Innenministerium weißt in der außerordentlichen späten Beantwortung der Großen Anfrage 19 darauf hin, dass die Verteilung der Kräfte auf die einzelnen Polizeibehörden nach der sogenannten belastungsbezogenen Kräfteverteilung erfolgt. Die Kriminalpolizei hat immer wieder darauf hingewiesen, dass genau diese Berechnung ausschließlich auf quantitative Aspekte abstellt und eben nicht auf die Vorgangsintensitäten und –qualitäten. Dies führt dazu, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass der Aufwand eines Ladendiebstahls genauso gezählt wird wie für die Bearbeitung eines Mordfalls. Diese sachlichen Argumentationen zur Nichtberücksichtigung von Qualitäten wurden immer wieder in den Wind geschlagen. Bis heute gibt es keine qualitative Differenzierung in der BKV. Der einfache Verkehrsunfall mit Sachschaden wird genauso gerechnet wie der Verkehrsunfall mit Toten, der Ladendiebstahl wie der Mord. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, hinweisen möchte ich auf die Bemerkungen zu dem Vorgangsbearbeitungssystem IGVP. Sie zeigen, dass das Innenministerium scheinbar gar kein Interesse daran hat, eine viele Millionen Euro verschlingende Polizei hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, ihrer Leistungen und der Ergebnisse ihrer Arbeit in modernen Datenverarbeitungssystemen abzubilden. Die Tatsache, dass viele der Daten offensichtlich sehr mühsam durch Einzelauswertungen erhoben werden müssen und nicht durch automatisierte Recherchen gewonnen werden konnten, zeigt auch, dass das Interesse des Innenministeriums an relevanten Führungsdaten, die auch für die Aufgabenkritik bedeutsam wären und vor allem in der Langzeitbetrachtung Wirkung und Aussagekraft entfalten, sehr wenig ausgeprägt ist. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ansprechen möchte ich die Anzeigenaufnahme durch den Bezirksdienst. Es gibt offensichtlich keine landesweiten Vorgaben, wie die Anzeigen des Bezirksdienstes erfasst werden sollen. Dabei ist die Anzeigenaufnahme eine der wesentlichen Tätigkeiten insbesondere der Schutzpolizei. Die Kreispolizeibehörden Hagen, Hochsauerlandkreis, Mettmann, Recklinghausen und Viersen konnten überhaupt keine Zahlenwerte und keine Zuordnung von Anzeigeaufnahmedaten zu Organisationseinheiten zuliefern. Dies zeigt, dass die Führungsverantwortlichen in diesen Behörden es auch nicht für erforderlich halten, solche Tätigkeitsdaten z.B. zu ihrem Bezirksdienst zu erheben. Die Zahl der aufgenommenen Strafanzeigen pro Jahr und Planstellen des Bezirksdienstes variiert von 8 in Bergheim über 9 in Paderborn bis zur Zahl 96 in Euskirchen und z.B. 79 in Düsseldorf. Es kann nicht geschlossen werden, worauf sich diese erheblichen Unterschiede erklären. Es gab scheinbar auch noch nie ein Interesse des Innenministeriums, die Arbeitsleistung der Bezirksdienstbeamten, die u.a. aus Anzeigenaufnahmen besteht, zu prüfen. Offensichtlich gibt es bei diesen sehr unterschiedlichen Zahlen auch sehr unterschiedliche Regelungen in den Polizeibehörden, wann Bezirksdienstbeamte Strafanzeigen aufzunehmen haben. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ansprechen möchte ich die Aufnahme von Strafanzeigen an den Wachdienststandorten, hier macht in Frage 4 das Ministerium erneut deutlich, dass eine Berechnung der durchschnittlich aufgenommenen Strafanzeigen und Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen auf Ebene einzelner Polizeiwachen und Wachstandorten nicht möglich ist. Auch dies zeigt erneut, dass das Ministerium an vergleichenden Betrachtungen z.B. zur Leistungsfähigkeit gleich großer Dienststellen und Polizeiwachen nicht interessiert ist. Schon die Beantwortung einer Kleinen Anfrage der CDU zur Zahl der Polizeiwachen in den einzelnen Polizeibehörden und auch die Auflistung in Anlage 5 zeigen, wie unterschiedlich groß und zahlreich die Polizeiwachen in den einzelnen Polizeibehörden sind. Teilweise haben die Wachen nur bis zu 15 Mitarbeiter und sind dann natürlich nicht rund um die Uhr besetzt. Je mehr Wachen eine Polizeibehörde einrichtet, umso größer ist der Bedarf an Personal, an Liegenschaften und Betriebskosten. Das Innenministerium scheint hier keine Vorgaben machen zu wollen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch aus aktuellem Anlass möchte ich die Antwort der Landesregierung zum Themenkomplex „Aufhellung des Dunkelfeldes“ ansprechen, also die Feststellung des illegalen Aufenthaltes einer Person. Die Auswertungen in der Anlage 25 zeigen, dass auch hier das Leistungsspektrum der Behörden sehr unterschiedlich ist und das Thema illegaler Aufenthalt für manche Polizeibehörden überhaupt kein Thema ist. Es ist nicht erkennbar, dass von der Innenpolitik eine intensive Fahndung nach Illegalen betrieben werden soll. Dabei ist gerade im Rahmen der Flüchtlingskrise erkennbar, dass sich viele tausende Personen illegal in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, nach denen die Polizei in Nordrhein-Westfalen auch mangels professioneller Fahndungsdienststellen offensichtlich nicht fahndet. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ergebnisse dieser Anfrage bestätigen eigentlich unsere schlimmsten Befürchtungen. Die Landesregierung hat aus unserer Sicht selbst den Beweis für die schon seit Jahren erhobene Behauptung erbracht, dass die Organisationseinheiten weder der Direktion GE noch der Direktion Verkehr auf die Kriminalitätsbekämpfung ausgerichtet sind. Dass die Zahlenwerte allerdings auch bei den Straftaten im Straßenverkehr, die sicherlich in Bezug auf die Aufdeckung originär den schutzpolizeilichen Dienststellen zugerechnet werden können, so defizitär sind, hätten wir nun wirklich nicht erwartet. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein hohes Maß an Sicherheit ist Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und ein wichtiger Standortfaktor. Nordrhein-Westfalen ist das schlechteste Flächenland, die Bilanz von Rot-Grün ist grottenschlecht. Bei uns sind mit mehr als 40 Tsd. Beschäftigten bei privaten Sicherheitsdiensten inzwischen mehr im operativen Geschäft tätig als Polizeivollzugsbeamte. Wozu führt dies langfristig? Deutlich mehr Menschen als je zuvor haben 2016 in Nordrhein-Westfalen einen kleinen Waffenschein beantragt, die Anzahl der Inhaber stieg im vergangenen Jahr auf insgesamt über 121 Tsd. und nahm innerhalb eines Jahres um über 50 Tsd. zu. Warum eigentlich? Und diese Fragen stelle ich nicht nur der Landesregierung, sondern auch den regierungstragenden rot-grünen Fraktionen. Wenn die FAZ am 09.01.2017 von Nordrhein-Westfalen spricht als „einem Land, dessen rot-grüne Sicherheitspolitik und –behörden zu einem nationalen Risiko geworden sind“, ist das an Deutlichkeit nicht zu überbieten. Dieser rot-grüne Landesregierung mit dem populistisch agierenden Innenminister fehlt jede Gesamtkonzeption, wie Nordrhein-Westfalen in diesem Politikfeld besser werden kann. Dies hat die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage besorgniserregend verdeutlicht.

Es gilt das gesprochene Wort!

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