Peter Preuß zu TOP 1 „Verantwortungsvoll und vorausschauend – die Lage und der Ausblick zur Bewältigung der Corona-Pandemie in Nordrhein-Westfalen“ (Unterrichtung Landesregierung)...

11.11.2020

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst möchte ich mich bei der Landesregierung für die ausführliche Unterrichtung bedanken.

Die Pandemielage ist nach wie vor sehr ernst. In den Nachbarländern hat sich die Lage dramatisch verschärft und auch in Deutschland steigen die Corona-Infektionszahlen seit Wochen deutlich an. Gestern (10.11.) wurden mehr als 15.000 Neuinfektionen innerhalb eines Tages für das Bundesgebiet gemeldet. Immer mehr an COVID-19 schwer erkrankte Patientinnen und Patienten müssen auf den Intensivstationen der Krankenhäuser behandelt werden.

Wir müssen heute von Infektionszahlen ausgehen, die schon mindestens 10 bis 14 Tage alt sind. Das bedeutet, dass die Anzahl der Erkrankten auf den Intensivstationen in den kommenden zwei Wochen noch deutlich steigen wird. Die Landesregierung hat dies gerade ausgeführt.

In der jetzigen Situation ist es wichtig, angemessen zu reagieren. Wie am Montag bekannt wurde, scheint ein geeigneter Impfstoff erfreulicherweise wohl in greifbarer Nähe sein. Aber wir dürfen uns nichts vormachen. Auch für den Fall, dass in absehbarer Zeit mit den Impfungen begonnen werden kann, würde es vermutlich noch etliche Monate dauern, bis ein großer Teil der Bevölkerung geimpft wäre.
Wir werden uns darüber unterhalten müssen, wie es gelingt, die Menschen dazu zu bringen, sich impfen zu lassen.

Aus diesem Grund ist es nach wie vor wichtig mit geeigneten und angemessenen Maßnahmen auf die Pandemie zu reagieren, um die Ausbreitung des Coronavirus möglichst einzudämmen oder zumindest zu verlangsamen.

Die Corona-Situation stellt uns dabei alle vor große Herausforderungen.

Denn
• die enorme Ausbreitungsgeschwindigkeit (exponentielle) des Virus,
• die Anfälligkeit für Infektionen in einer globalisierten Welt,
• das zum Teil panische-hysterische, aber auch gelassene, vielleicht sogar unbekümmerte Verhalten der Menschen,
• das bewusst oder unbewusst rücksichtslose Verhalten mancher Zeitgenossen,

zwingen
• zu mehr Aufklärung,
• zu Eigenverantwortung,
• zu Solidarität und Verantwortung gegenüber anderen, insbesondere erkrankten und immungeschwächten Menschen,
• aber eben auch zu staatlichem Handeln, das wir so noch nicht gekannt haben. Die Eignung, Angemessenheit und die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen und Zuständigkeiten müssen neu definiert werden.

Die Corona-Situation hat das Bewusstsein dafür geschärft, wie man sich selbst und andere schützen kann durch Hygienemaßnahmen, Kontaktvermeidung oder durch einen Verzicht auf Teilnahme an Großveranstaltungen. Im Falle einer Ansteckung sollte man sich so verhalten, wie man es bei einer normalen Influenza auch tun würde: Zuhause bleiben, ggf. Bettruhe halten, Kontakte vermeiden und nicht zur Arbeit gehen, um niemanden anzustecken.

Zunächst ist jeder Einzelne von uns gefragt, mit seinem eigenverantwortlichen Handeln angemessen auf die aktuelle Situation zu reagieren, nämlich durch Einhaltung der bekannten Abstands- und Hygieneregeln.

Gerade bei einer exponentiellen Infektionsdynamik, wie wir sie derzeit erleben, muss die Politik mit geeigneten und angemessenen Maßnahmen reagieren. Und das geschieht auch seit vielen Monaten, sowohl hier im Landtag, der die rechtlichen Grundlagen geschaffen und finanzielle Mittel freigegeben hat, sowie auf Ebene der Ministerien und Behörden mit umfangreichen Maßnahmenpaketen.

Bei der Frage, wie die beschlossenen Maßnahmen zu bewerten sind, geht es nicht darum, ob alle Maßnahmen die richtigen sind. Es geht darum, ob sie mit allem, was man heute weiß, geeigneter als andere erscheinen. Es geht um den vorsichtigen, klugen und bei aller Unsicherheit möglichst sicheren Weg!!!

An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich noch einmal bei dem Minister, seinem Staatssekretär und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für den gewaltigen Einsatz bedanken.

Auch den Ärztinnen und Ärzten, den Pflegekräften und allen Menschen, die sich für die Patientinnen und Patienten seit vielen Monaten unter großen Anstrengungen einsetzen und mit ganzer Kraft an der Bewältigung der Pandemie arbeiten, gilt unser ausdrücklicher Dank.

Das Ziel all dieser Maßnahmen, Vorgaben und Regelungen ist es, das Leben der Bevölkerung zu schützen, das Infektionsgeschehen auszubremsen, das Gesundheitssystem vor einer Überforderung und Überlastung zu bewahren und die sozialen und wirtschaftlichen Folgen abzumildern.

Durch das richtige Krisenmanagement soll die Verbreitung des Virus möglichst eingedämmt werden und vor allem das Vertrauen der Menschen in das Gesundheitssystem bestehen bleiben. Eine gute medizinische Versorgung aller Menschen muss dabei selbstverständliche gewährleistet sein.

Alle ordnungsrechtlichen und medizinischen Maßnahmen müssen nach Lage der Dinge immer wieder flexibel entschieden und angepasst werden.

Die Infektionslage ist dynamisch und darauf muss die Politik ebenfalls dynamisch reagieren.

Die Pandemie zwingt uns zu staatlichem Handeln, wie wir es bis vor einigen Monaten noch nicht gekannt haben. Die Eignung, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen müssen daher laufend und immer wieder definiert und angepasst werden.

Dieser umfangreichen Aufgabe kommen die zuständigen Behörden – die Ministerien, die Gesundheitsämter und die Ordnungsbehörden – seit vielen Monaten in verantwortungsvoller Weise nach.

Die aktuelle Coronasituation stellt uns alle vor große Herausforderungen, wie wir sie in dieser Form bis Anfang dieses Jahres noch nicht kannten. COVID-19 und andere Infektionskrankheiten wie beispielsweise die Schweinegrippe, die Hongkong-Grippe oder SARS zeigen, dass sich die Menschen und die Wissenschaft immer wieder mit Pandemien und bislang nicht da gewesenen Infektionen auseinandersetzen müssen.

In solch einer Situation muss die Politik mit ordnungspolitischen Instrumenten reagieren, die geeignet sind, die Ausbreitung eines Virus zu verlangsamen. 

Wir sind uns alle bewusst, dass mit den getroffenen Maßnahmen und dem aktuell geltenden Teil-Lockdown erhebliche Einschränkungen der Grundrechte jedes Einzelnen verbunden sind, sei es die Einschränkung der Versammlungsfreiheit, der freien Berufsausübung oder der Religionsausübung. Diese Einschränkungen sind für einen freiheitlichen Rechtsstaat erhebliche Eingriffe, die sich nur durch eine außergewöhnliche Krisensituation wie die aktuelle rechtfertigen lassen.

Dies alles dient dazu, Zeit zu gewinnen, um bereits erkrankte Patientinnen und Patienten optimal behandeln zu können und der Wissenschaft die Zeit zur Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten zu verschaffen.

Bislang ist dies gut gelungen. Unser Gesundheitssystem zeigt sich auch in der aktuellen Situation gut aufgestellt und genießt das Vertrauen der Bevölkerung.

Zum Abschluss möchte ich noch einige Bemerkungen zum Antrag der SPD zur Aktuellen Stunde machen.

Sie stellen fest, dass überall dort, wo Menschen auf engstem Raum zusammenkommen – wie etwa im öffentlichen Personennahverkehr - auch das Risiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken, steigt.

Das haben Sie richtig erkannt! Diese Erkenntnis dürfte in diesem Haus im Grunde jedem klar sein.

Jetzt machen Sie den ÖPNV als Ort mit erhöhtem Infektionsrisiko aus und bemerken gleichzeitig, dass dafür noch nicht genügend empirische Daten vorliegen.

Der öffentliche Personennahverkehr ist eine der zentralen Lebensadern unseres Landes. Jeden Tag nutzen Tausende von Menschen Busse und Bahnen, um an ihren Arbeitsplatz oder in die Schule zu kommen.

Um das Infektionsrisiko zu minimieren, muss in den öffentlichen Verkehrsmitteln schon seit vielen Monaten ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.

In Düsseldorf wird diese Maßnahme zum Beispiel durch intensives Lüften und automatisches Öffnen der Türen an den Haltestationen sowie Desinfektionsmittelspendern in U-Bahn-Stationen ergänzt.

Die Corona-Pandemie verdeutlicht noch einmal mehr, dass die Politik immer auch auf die Mitwirkung und eigenverantwortliches Handeln der Bevölkerung sowie intelligente Lösungen der Behörden und Unternehmen angewiesen ist.

Ich glaube nicht, dass das Ansteckungsrisiko im ÖPNV falsch eingeschätzt wird. Denn die Politik hat wirkungsvolle Maßnahmen beschlossen, die es konsequent einzuhalten gilt. Das gilt nicht nur für den öffentlichen Personennahverkehr, sondern für alle Bereiche.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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