Christos Katzidis zu TOP 10: Null-Toleranz gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution

29.04.2021

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen ist der Menschenhandel der weltweit am schnellsten wachsende Kriminalitätsbereich. In vielen Fällen werden Menschen erst wie Ware gehandelt und anschließend in die Zwangsprostitution gedrängt.
Nach Angaben der Vereinten Nationen zielen 50 % aller identifizierten Fälle des Menschenhandels auf die kommerzielle sexuelle Ausbeutung ab. Frau Ministerin Scharrenbach hat eben auch die anderen Bereiche dargestellt, aber das ist die Hälfte aller Fälle.
Das Bundeslagebild des Bundeskriminalamtes ist schon angesprochen worden; es ist ein sehr wichtiges Lagebild. Frau Kollegin Paul hat auch das Dunkelfeld angesprochen. Das ist ebenfalls ein äußerst wichtiger Bereich, mit dem wir uns in Zukunft verstärkt beschäftigen müssen, weil nicht wirklich klar ist, wie es in diesem Bereich aussieht. Es wird vermutet, dass es sich um ein sehr großes Dunkelfeld handelt.
Sieht man sich die Zahlen aus dem Jahr 2019 an, waren die Opfer im Durchschnitt gerade einmal 26 Jahre alt. 32,5 % der identifizierten Opfer waren sogar unter 21 Jahre alt, und jedes siebte Opfer war noch minderjährig.
Die Loverboy-Methode ist eben angesprochen worden und betrifft ein Fünftel aller Opfer, die nämlich genau die Zielgruppe dieser besonders perfiden Vorgehensweise sind, die auf jüngere und insbesondere auf minderjährige Opfer abzielt: Es wird mit anfänglichen Schmeicheleien angebändelt, und anschließend werden sie in die Zwangsprostitution gedrängt.
Entscheidend bei der Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangsprostitution ist aber vorrangig die Bundes  und auch die Europaebene, was eben schon an verschiedenen Stellen angeklungen ist. Deswegen ist es uns innenpolitisch äußerst wichtig, dass wir da ansetzen und uns damit auch weiterhin beschäftigen sowie die eine oder andere Maßnahme mit dem Antrag, aber auch an anderen Stellen forciert betreiben.
Frau Kollegin Butschkau hat eben ein sehr schönes Beispiel zur Bundespolizei und der grenzüberschreitenden Organisierten Kriminalität gebracht. Das ist kein seltener Fall, sondern kommt regelmäßig vor. Deshalb brauchen wir vor allem eine stärkere, engere und besser vernetzte Zusammenarbeit auf europäischer und nationaler Ebene, wo leider auch die innere Sicherheit noch besser werden kann.
Die wenigsten Opfer von Menschenhandel sind Deutsche; viele Opfer kommen aus Osteuropa. Wir wollen deshalb insbesondere den Menschenhandel und die Zwangsprostitution auch innenpolitisch wirksam bekämpfen und die Frauen schützen.
Gerade der Opferschutz liegt uns dabei ganz besonders am Herzen. Wir werden deshalb auch versuchen, die Opfer und insbesondere die Opferrechte auf Bundesebene weiter zu stärken. Das Opferentschädigungsgesetz in seiner jetzigen Form muss überdacht werden. Uns wird auch von Opfern immer wieder zurückgemeldet, dass Verfahren lange dauern, Abläufe viel zu bürokratisch sind und Opfer nicht selten retraumatisiert werden. Auch der Straftatbestand des § 232 StGB muss überprüft werden.
Europol ist auf europäischer Ebene äußerst wichtig, hat bislang aber nur koordinierende Funktionen. Es muss darüber nachgedacht werden, ob man Europol nicht auch mit Blick auf Befugnisse weiterentwickelt; das ist ein ganz, ganz wichtiger Bereich.
Die Prävention ist ebenfalls schon angesprochen worden, bei der auch noch einiges getan werden muss. Ich teile ausdrücklich, was auch Frau Ministerin Scharrenbach zum Datenschutz, Täterschutz, Opferschutz und dazu gesagt hat, wo die Prioritäten gesetzt werden müssen.
Wenn ich mir in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses zum Kindesmissbrauch immer und immer wieder anhören muss, wer was warum nicht wusste, bekomme ich manchmal wirklich die Krise, um es in aller Deutlichkeit zu sagen. Es kann nicht sein, dass Institutionen, die alle mit einem Fall oder einem Vorgang beschäftigt sind, einen ganz unterschiedlichen Informationsstand haben.
Da müssen wir zwingend etwas tun und ansetzen, damit alle den gleichen Informationsstand haben und die Fälle auch vernünftig bearbeiten können.

innenpolitischen Bereich auch verstärkt genau dafür einsetzen, um zu sehen, was wir auf der Bundesebene weiter bewirken können, auch im Hinblick darauf, was eben gesagt worden ist: die Befugnisse zu stärken, vielleicht auch zu sehen, wo noch die eine oder andere Schraube gestellt werden muss, um zukünftig noch effektiver vorgehen zu können. Denn jedes Opfer von Menschenhandel, sexualisierter Gewalt und Zwangsprostitution ist eines zu viel.
Ich finde es super und danke ganz herzlich auch der SPD und den Grünen, dass wir hier so einen großen Konsens haben beim Thema „Sexkaufverbot“. Ich teile das, was in dem Zusammenhang alles dazu gesagt worden ist, dass Frauen in die Illegalität getrieben werden. Wir würden  den Kriminellen aus dem organisierten Bereich einen Bärendienst erweisen, wenn wir die Frauen in die Illegalität treiben würden.
Deswegen ein herzliches Dankeschön dafür, dass wir da so einen großen Konsens haben.

Lassen Sie mich abschließend gerne noch einmal sagen, dass wir uns freuen – Frau Kollegin Paul hat es eben angesprochen –, wenn es vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch eine verstärkte oder intensivere Zusammenarbeit gibt, um das eine oder andere auf den Weg zu bringen. Wir sind gerne bereit dazu. Denn wir wollen die Opfer schützen, und wir wollen die Kriminellen bekämpfen. – Danke schön, meine sehr geehrten Damen und Herren.