
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!
der hier eingebrachte Gesetzentwurf klingt sperrig: „Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens und des Staatsgesetzes betreffend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen“. Und trotzdem ist er – zumindest aus katholischer Sicht – sehr spannend.
Was hat der Entwurf zum Inhalt?
Er beschränkt sich darauf, in zwei kurzen Artikeln und mit sehr wenigen Worten zwei alte Gesetze aufzuheben.
1924 – also vor hundert Jahren - hatte der Freistaat Preußen damit das Vermögensverwaltungsrecht der katholischen Kirche und der evangelischen Kirche geregelt. Schon die Weimarer Reichsverfassung hatte aber in Artikel 137 Absatz 3 Satz 1 gefordert: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.“ Das Grundgesetz hat dieses Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften über Artikel 140 zum Teil des Grundgesetzes gemacht.
Alle anderen Bundesländer haben diese alten Gesetze deshalb bereits aufgehoben. Nordrhein-Westfalen ist das letzte Bundesland, das diesen Weg jetzt gehen muss.
Was tritt an deren Stelle?
Die evangelischen Landeskirchen hatten schon vor längerer Zeit eigene Regelungen erlassen. Vor gut zwei Jahren haben dann auch die fünf katholischen Diözesen in NRW einen Muster-Entwurf für ein innerkirchliches Vermögensverwaltungsgesetz vorgelegt, der vor gut einem Jahr nochmals überarbeitet wurde.
Und damit kam – im doppelten Wortsinn – erst Spannung in das Thema. Denn der Muster-Entwurf ist – so sagen auch Kirchenrechtler – aus demokratietheoretischer Sicht nicht der große Wurf. Viele engagierte Laien vermissen eine stärkere Wertschätzung ihres Engagements – zum Beispiel mehr Beteiligungsrechte, demokratische Kontrollgremien oder auch ein kirchliches Verwaltungsgericht. Es verwundert sicher nicht, dass viele Einwände auch unter uns Abgeordneten Sympathie finden.
Was ist aber unsere Aufgabe als Abgeordnete?
Wir führen hier einen Verfassungsauftrag aus – nämlich die Rückgabe der Regelungsbefugnis an die Kirchen. Wir sind diesmal deshalb nicht im klassischen Sinne als Gesetzgeber tätig, sondern nur als Gesetzaufheber.
Wir wollten dennoch auf Nummer sicher gehen. Deshalb haben die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP im Vorfeld dieses Gesetzentwurfs die Staatskanzlei um ein Rechtsgutachten gebeten. Die Ergebnisse sind dem Gesetzentwurf als Anlage beigefügt.
Es kommt zu dem Ergebnis, dass sich das dem Gesetzgeber zustehende Regelungsermessen „zu einer verfassungsrechtlichen Aufhebungspflicht verdichtet hat“. Weiter heißt es: „Besteht diese Pflicht richtigerweise, so gilt sie unbedingt und darf vom Landesgesetzgeber dementsprechend nicht an bestimmte, gegenüber den Kirchen formulierte Bedingungen oder Erwartungen geknüpft werden.“ (S. 51)
Mir fällt dies als Abgeordneter, aber auch als engagiertes Mitglied der katholischen Kirche sehr schwer. Und das geht sicher über die Fraktionsgrenzen hinweg vielen von uns so.
Aber ich fühle mich auch an diesen Verfassungsauftrag gebunden. Und es mag jetzt paradox klingen: Ich halte das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen als Teil der Religionsfreiheit sogar für eine wichtige Errungenschaft einer modernen Demokratie.
Was kann die Kirche trotzdem tun?
Der größte Schatz, den die Organisation katholische Kirche zurzeit hat, sind die vielen ehren- oder hauptamtlich engagierten Laien, die Tag für Tag der Kirche ein menschliches Gesicht geben – von den Kindertagesstätten bis in die Pflegeheime, von der Jugend- bis zur Seniorenarbeit, in unterschiedlichsten Vereinen und Verbänden, in Pfarrgemeinderäten und Kirchenvorständen, in Dekanats- und Diözesanräten – und vielem mehr. Sie leben Kirche.
Ich wünsche mir deshalb, dass für sie und mit ihnen bald ein neuer Prozess in Gang kommt, um die innerkirchlichen Regelungen zu verbessern und damit ihr Engagement stärker wertzuschätzen.
Abschließend danke ich allen, die an der Vorbereitung dieses Gesetzgebungsverfahrens beteiligt waren. Unter den beteiligten Fraktionen bestand immer Einigkeit, dieses sehr spezielle Gesetzgebungsverfahren möglichst einvernehmlich voranzutreiben. Ich hoffe sehr, dass dies weiter die gemeinsame Richtschnur bleiben wird.
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