Florian Braun zu TOP 7

10.10.2018
Gründungen fördern statt Programmbürokratie: Hochschul-Gründerbudgets einführen

Sehr geehrer Herr Präsident,
liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

ich freue mich, dass wir die Gelegenheit heute erneut nutzen, um über die Perspektiven von Gründerinnen und Gründern und die Chancen von Ausgründungen zu sprechen.

Wenn wir politische Einigkeit beweisen im Gedanken, junge Menschen für Gründungen zu begeistern, dann steht es gut um die Zukunft unseres Landes. Wenn wir junge Menschen fördern, um mit ihren innovativen Ideen einen Unternehmensaufbau zu wagen, dann steht es gut um die Zukunft unseres Landes. Wir alle wollen das Forschungs- und Entwicklungsgen der Jugend am Leben halten, vielleicht sogar wiedererwecken, weiterentwickeln.

Diese Gedanken begleiten auch die Arbeit der NRW-Koalition und der Landesregierung.
Schon in unserem Koalitionsvertrag steht:
„In diesem Sinne werden wir die Menschen und Unternehmen von überbordender Bürokratie befreien, Investitionen wieder beflügeln und die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft durch eine forschungs- und gründerfreundliche Innovationspolitik unterstützen.“

Deshalb kann ich den folgenden Satz aus dem Antrag der Grünen-Fraktion nur unterstreichen:
„Notwendig ist ein Umdenken: weg von der Programmbürokratie, hin zu einer einfachen und unbürokratischen Förderung von Gründerinnen und Gründern.“

Aber mit Verlaub:
Auf genau diesem Weg befinden wir uns seit Regierungsübernahme und leisten einen Beitrag nach dem anderen, um dieses Umdenken voranzutreiben.

- Durch die Entfesselungspakete schaffen wir Bürokratieabbau, z.B. in der digitalen Gewerbeanmeldung.
- Es gibt immer mehr Hubs, Startercenter, Inkubatoren und weitere Ansprechpartner vor Ort und an den Unis, die beim Wunsch nach Gründung supporten.
- Durch das Gründerstipendium 1000x1000 schaffen wir eine dezentrale, unbürokratische Möglichkeit für Gründerunterstützungen in zwei der entscheidensten Gründungsphasen:
Der Pre-Seed- und Seed-Phase.
1000 € im Monat für ein ganzes Jahr für 1000 Gründer.
Ein Kojunkturprogramm für Ideen in unserem Land.
- Wir leisten einen Beitrag durch unsere aktuelle Forderung auf Urlaubssemester für Gründer, die in das neue Hochschulgesetz eingearbeitet werden soll.
Damit sich Gründer voll und ganz auf ihr Projekt fokussieren können – und zwar genau zu dem Zeitpunkt, in dem die Idee gärt.
Dann können auch Klausuren ruhigen Gewissens mal eine Zeitlang auf die lange Bank geschoben werden und trotzdem bleiben alle Chancen erhalten.
- Und dann gibt es bereits bestehende, durchaus bewährte Konzepte wie das Programm „Start-Up-Hochschul-Ausgründungen“. Das sind Mittel, die Hochschulen schon heute beantragen können, um Gründungprojekte zu fördern. Eine Expertenjury entscheidet über die Vergabe.

Ein schon recht rundes Paket, bin ich geneigt festzustellen.

Das muss ja nicht dazu führen, die Augen vor neuen Ideen zu verschließen.
Die Grünen wollen die Mittel der sog. „StartUp-Hochschul-Ausgründungen“ pauschal den Hochschulen geben ohne Entscheidungsverfahren.
Eine gute Idee Fragezeichen?

Die Grünen begründen ihren Antrag damit, Ausgründungen von Studenten fördern – das tut aber auch schon das aktuelle Programm.

Darüber hinaus muss man folgendes nüchtern feststellen:

1. Die Budgets des Programms „StartUp-Hochschul-Ausgründungen“ speißen sich hauptsächlich aus europäischen EFRE-Mitteln.
Und diese können faktisch nicht einfach irgendwem zur freien Verfügung überwiesen werden.
Dafür braucht es Nachweise.
Schlicht und einfach.
2. Wenn wir auf die EU-Mittel verzichten und lediglich auf die verbleibenden Kofinanzierungsmittel des Landes abstellen, dann wird aus dem Programm ein Progrämmchen. Ist das wirklich im Sinne der Grünen?
3. Das aktuelle Programm läuft in der aktuellen Auflage gerade erst an.
Die Auswertung, welche Hochschule in welchem Umfang Unterstützung für die Gründungsvorhaben erhält, entscheidet sich frühestens nächsten Monat.
Erst dann werden wir wissen, wie die Resonanz und Verteilung der aktuellen Fördermittel aussieht.

Und dann laufen die Projekte erst einmal 18 Monate!
D.h., die Gelder sind verplant und verausgabt.
Vielleicht wollen wir uns die Gedanken also in 1-2 Jahren noch einmal machen – wenn tatsächlich auch die Chance einer Neuzuordnung der Gelder besteht.
So steht der Antrag im luftleeren Raum.

Es werden noch nicht einmal Gedanken auf Papier gebracht, wie hoch die Gründerbudgets sein sollen.
Wie sie finanziert werden sollen, wenn nicht aus den EFRE-Mitteln.
Nach welchem Schlüssel die Hochschulen die Gelder erhalten sollen.
Denn machen wir uns doch nicht vor: Auch an den Hochschulen müsste entschieden werden, wer welche Mittel erhält.
Da macht eine Expertenjury, bei denen sich die Hochschulen gemeinsam mit den Gründerinnen und Gründer mit ihrer Idee das erste Mal beweisen können, einfach Sinn, um immerhin den Zuschlag von bis zu 240.000 € pro Projekt erhalten zu können.

Im Ziel sind wir uns weiter einig: Wir brauchen Innovation und Unternehmertum in unserem Land.
Der vorliegende Antrag selbst ist unausgegoren und lässt viele Fragen offen.

Positiv formuliert: „Schön, dass wir darüber gesprochen haben“.

Aber wenn sie uns als regierungstragenden Fraktionen sinnvolle Ideen für die Weiterentwicklung der Gründerlandschaft in unserem Land unterbreiten wollen – oder wenn sie uns Handlungslücken vorwerfen wollen –,
dann muss da schon etwas mehr Fleisch an den Knochen. So ist es noch nicht einmal eine Kraftbrühe.

Ich bin gespannt, ob sie das Fleisch zu den Debatten in den Ausschüssen mitbringen.

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