Angesichts der jüngsten Anschläge in Kabul haben sich Bund und Länder am 1. Juni dieses Jahres darauf geeinigt, dass der Bund die Sicherheitslage in Afghanistan neu beurteilt. Bis zur Vorlage einer neuen Lagebeurteilung des Auswärtigen Amtes und bis zur vollen Funktionsfähigkeit der deutschen Botschaft in Kabul sind Abschiebungen weitgehend ausgesetzt. Nach Afghanistan abgeschoben werden – jeweils nach Ausschöpfung aller möglichen Rechtsmittel und auf Basis einer strengen Einzelfallprüfung – vorläufig nur noch Gefährder, verurteilte Straftäter und Personen, die über ihre Identität getäuscht haben. Das Auswärtige Amt strebt an, seine Neubewertung der Lage in Afghanistan im Laufe des Monats Juli vorzulegen. Dies ist wie gesagt das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen Bundeskanzlerin Merkel und den Regierungschefs der Länder vom 1. Juni. Zu diesem Zeitpunkt war die abgewählte rot-grüne Landesregierung noch geschäftsführend im Amt, d.h. die Vereinbarung ist vom Kabinett Kraft/Löhrmann mitgetragen worden. Dass die Grünen von alledem gut einen Monat später offenbar nichts mehr wissen wollen, das ist dann doch ziemlich peinlich und unnötig. Mir ist jedenfalls schleierhaft, weshalb Sie beispielsweise in Ziffer 1 Ihres Antrags eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan fordern – wohlwissend, dass eine solche Bewertung durch das Auswärtige Amt bereits im Gange ist und dass sich NRW noch unter Ihrer Regierungsverantwortung gemeinsam mit dem Bund und den anderen Ländern auf exakt dieses Vorgehen verständigt hat. Gleiches gilt für Ihre Forderung, einstweilen auf eine Rückführung von „ausreisepflichtigen Asylsuchenden“ zu verzichten. Wie beschrieben, sind Rückführungen nach Afghanistan bis zum Vorliegen einer neuen Lagebeurteilung schon vor mehreren Wochen eingestellt worden. So gesehen kann man Ihren Antrag eigentlich gar nicht ernst nehmen. Was mich allerdings ärgert, ist der Umstand, dass darin konsequent von einer Abschiebung von „ausreisepflichtigen Asylsuchenden“ gesprochen wird. Indem Sie durchgängig von „Asylsuchenden“ sprechen, erwecken Sie zumindest unterschwellig den Eindruck, dass es um Personen geht, die möglicherweise einen Anspruch auf Asyl in Deutschland haben. Das tun Sie aber vermutlich nur, um Sympathie für den eigenen Antrag zu wecken. Bedauerlicherweise betreiben die Grünen in Nordrhein-Westfalen dieses Spiel schon seit einiger Zeit. In diesem Zusammenhang darf ich auf eine Pressemitteilung Ihrer Partei vom 22. April 2017 mit der Überschrift „GRÜNE NRW FORDERN ABSCHIEBESTOPP FÜR FLÜCHTLINGE AUS AFGHANISTAN“ hinweisen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, Sie wissen genauso gut wie ich, dass wir für Flüchtlinge und Asylbewerber keinen Abschiebestopp brauchen, weil Flüchtlinge und Asylbewerber gar nicht abgeschoben werden dürfen! Nach Afghanistan abgeschoben werden lediglich ausreisepflichtige Ausländer, d.h. Personen, deren Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde und denen gerade kein Flüchtlingsstatus zugesprochen wurde; und das nur in ganz besonderen Fällen, sprich Straftäter, Gefährder! Definitiv nicht abgeschoben werden Kinder, Frauen und Familien! Hören Sie also auf, durch begriffliche Unschärfen den irreführenden Eindruck zu erwecken, es sei anders. Das ist schlicht und ergreifend falsch und auch keine redliche Form der politischen Auseinandersetzung. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, zweifellos ist die Sicherheitslage in Afghanistan volatil. Sie ist regional unterschiedlich. Es gibt Regionen, in denen die Lage ausreichend kontrollierbar und für den Einzelnen vergleichsweise ruhig und stabil ist. Aus Sicht der CDU-Fraktion ist es deshalb richtig, dass Straftäter und Gefährder – nach Einzelfallprüfung und unter strengen Voraussetzungen – auch in dieses Land abgeschoben werden dürfen. Denn: Wer sein Gastrecht zur Begehung von Straftaten nicht nur unwesentlich missbraucht, den religiösen Frieden in unserem Land stört oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist, der muss es wieder verlassen. Aus diesem Grund kommt auch der von den Grünen geforderte allgemeine Abschiebestopp für Afghanistan nach Ansicht der CDU-Fraktion nicht in Betracht. Dafür spricht auch, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bislang keinen Entscheidungsstopp nach § 11a Asylgesetz für die Asylverfahren afghanischer Staatsangehöriger verhängt hat. Aktuell erfolgt lediglich eine Rückpriorisierung vor dem Hintergrund der vom Auswärtigen Amt zugesagten kurzfristigen Neubewertung der Sicherheitslage. In diesem Sinne rate ich uns allen dazu, diese Neubewertung abzuwarten und sich so lange an das zu halten, was Bund und Länder – wohlgemerkt mit Zustimmung der früheren rot-grünen Landesregierung – Anfang Juni vereinbart haben. Die CDU-Fraktion wird den vorliegenden Antrag daher ablehnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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