Angela Erwin zu TOP 1 "NRW in Rechtsnot: Aktenberge und über 400 fehlende Staatsanwälte entlarven die Justizkrise – Stopft der Justizminister ein Loch, indem er an anderer Stelle ein neues reißt, und ist die Decke bildlich gesprochen einfach zu Kurz"

16.05.2024

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

in Nordrhein-Westfalen haben wir eine funktionierende Justiz. Das Fundament dafür bieten über 40.000 Beschäftigte, die jeden Tag voller Herzblut, Einsatz und Leidenschaft dafür arbeiten.

Ihnen allen gebührt unser Respekt, unsere Wertschätzung und unser Dank!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ein funktionierender Staat braucht vor allem eins: Vertrauen!

Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Das beruht auf Verlässlichkeit, Leistungsfähigkeit und Sichtbarkeit des Staates – aber auch auf Freiheit.

Es sollte eigentlich die Aufgabe von uns allen sein, jeden Tag unser Bestes dafür zu geben, genau dieses Vertrauen zu stärken. Bei der antragstellenden Fraktion bin ich mir da allerdings nicht immer so sicher! 

Durch eine gute Innen- und Rechtspolitik schaffen wir dieses Vertrauen in NRW.

Und ich nenne bewusst die Innen- und die Rechtspolitik, denn diese Bereiche müssen immer zusammen gedacht werden. Dank unserer Null-Toleranz Strategie und 3.000 zusätzlichen Polizeianwärterinnen und Anwärtern pro Jahr, werden deutlich mehr Verbrechen aufgedeckt.

Das gilt auch beim Thema Kindesmissbrauch. Da lasse ich politisch nicht locker.

Es ist verdammt gut, dass wir es hier geschafft haben, in ein Wespennest zu stechen! Das war und ist ein harter Kampf. Nur dadurch wissen wir aber, dass sich die Delikte durch alle Gesellschaftsschichten hindurchziehen. Die erhöhten Quoten bei der Aufklärung sind gerade deshalb ein echter Schritt nach vorn!

Auch in den Bereichen Cybercrime, Clankriminalität oder Geldwäsche haben wir starke Anstiege zu verzeichnen. Das Gleiche gilt bei Bürgergeld- und Sozialbetrug oder Verstößen im Aufenthaltsrecht.

Wenn mehr ermittelt und aufgeklärt wird, dann führt das auch zu mehr Verfahren vor Gericht. Dadurch steigt die Belastung der Justiz. Insbesondere bei den Staatsanwaltschaften.

Dieses Problem ist erkannt. Die bereits getroffenen Maßnahmen zum Belastungsabbau führen unmittelbar zu einer deutlich besseren Situation bei den Staatsanwaltschaften. 100 Richter wechseln zur Staatsanwaltschaft. Ein starkes Zeichen der Solidarität innerhalb der Justiz!

Das Erkennen des Problems beschreiben sie so auch in ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde. Ihre Schlussfolgerung ist aber vollkommen falsch! Eine „Rechtsnot“ haben wir in NRW nicht! Werden wir nie haben! 

Jeder der das behauptet, spricht nicht für eine Verbesserung der Belastungssituation von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten.  Er hat das Ziel unseren Rechtsstaat zu schädigen!

Genau das tun sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD!

Ihre Agenda heißt: Unsicherheit verbreiten. Negative Emotionen wecken. Die Justiz schlecht machen.

Unsere Agenda ist eine andere: Arbeiten, wertschätzen und Rechtsstaatlichkeit garantieren!

Das gelingt nur, wenn man Herausforderungen ins Auge sieht. Sie anpackt!
Das beginnt damit ehrlich miteinander zu sein.
Schon jetzt wird mit Hochdruck daran gearbeitet, unbesetzte Stellen zu besetzen. Hier muss noch mehr passieren. Hier müssen wir besser werden. Viele Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung in der Justiz wurden aber bereits auf den Weg gebracht. Das heißt: Planstellenaufwuchs und Ausbildungsoffensive.

Und auch im aktuellen Haushalt 2024 legen wir wieder einen Fokus auf zusätzliches Personal! Mit zusätzlichen Stellen greifen wir unseren Staatsanwaltschaften unter die Arme. Ziel ist die Belastung weiter zurückzuführen.

Das ist auch notwendig. Wenn man sich anschaut, welche irrsinnigen Mehraufwände stetig auf unsere Justiz zukommen.

Nehmen wir das Thema Cannabis-Legalisierung. Es ist kein Geheimnis, dass ich eine Legalisierung bereits grundsätzlich aus Kinder- und Jugendschutz - Aspekten ablehne. Angesichts dieser verfehlten Gesetzgebung im Bund, werden die Kolleginnen und Kollegen in der staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Praxis enorm belastet.

Wenn ich daran denke, dass unsere Justiz in NRW aufgrund des rückwirkenden Straferlasses 87.000 Cannabis-Fälle sichten musste – und das händisch!
Dann wird mir richtig schwindelig! Das hätte die Ampel den Staatsanwaltschaften ersparen können.

Schütteln wir den Schwindel ab und arbeiten wir gemeinsam daran, der Justiz unseres Landes den Rücken zu stärken, statt die Justiz schlecht zu reden.

Für einen wehrhaften Rechtsstaat. Für Vertrauen.

Darum wird es vor allem auch in der kommenden Haushaltsdebatte im November gehen. Dabei wird auch debattiert werden müssen, was die Kernaufgaben des Staates in angespannten Zeiten sind.

Den Brief des Bund der Richter und Staatsanwälte in NRW nehmen wir nicht nur ernst, sondern werden diese Sorgen auch in den anstehenden Beratungen bedenken.

Themen

Autoren