Angela Erwin zu TOP12: "Persönliche Daten von unschuldig Verfolgten müssen sicher und für die Betroffenen nachprüfbar gelöscht werden"

21.09.2023

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

der vorliegende Antrag beschäftigt sich mit personenbezogenen Daten. Ich glaube wir sind uns alle einige, dass es sich bei diesen Daten um sensible Daten handelt, bei deren Speicherung bzw. Löschung genau hingeschaut werden muss.

Dazu haben wir eine umfangreiche Anhörung durchgeführt.

Ergebnis dieser Anhörung war jedoch nicht – wie im Antrag suggeriert – dass alle Sachverständigen einen Verstoß der DSGVO bejaht haben. Im Gegenteil. Ich zitiere aus der Stellungnahme von Prof. Dr. Schwartmann wie folgt: „Das von der Landesdatenschutzbeauftragten kritisierte Verhalten der Polizeibehörden stellt keinen Verstoß gegen die DS-GVO dar.“

Aber der Reihe nach: In der Beschlussfassung wollen sie feststellen:
ich zitiere „Der Landtag stellt fest, dass die derzeit in NRW geltenden Regelungen zur Löschung personenbezogener Daten unschuldig Verfolgter in polizeilichen Datenbanken verfassungswidrig sind.“

Das können wir schlichtweg nicht!

Die Beurteilung der Verfassungswidrigkeit obliegt nämlich dem höchsten Gericht, dem Verfassungsgericht.
Jura, 1. Semester, Staatsorganisationsrecht.
Lieber Herr Kollege Pfeil, gerade Sie, als Unterzeichner des Antrages und als Jurist, wissen das doch.

Sie fordern in ihrem Antrag auch, dass es eine Zentralstelle für diejenigen geben soll, die ihre Auskunfts- und Löschungsansprüche durchsetzen wollen.
Dabei behaupten sie, dass dies in der Anhörung von allen Sachverständigen als notwendig gesehen wurde.

Das stimmt ebenfalls nicht.

Bleiben wir bei den Fakten:

Die Anhörung hat eindeutig ergeben, dass es keiner neuen zentralen Anlaufstelle bedarf. Dies hat unter anderem selbst die Landesdatenschutzbeauftragte gesagt. Im Übrigen würde dies auch neue rechtliche Fragestellungen aufwerfen. Stichwort Datenschutz und höherrangiges Recht.

Zudem fordern sie eine Änderung des Polizeigesetzes.

Nämlich in der Gestalt, dass Beschuldigte ohne Bürokratie darüber informiert werden, welche Stelle welche Daten über sie gespeichert haben. Und dies als automatisiertes Verfahren.
Das hört sich zunächst honorig an. Aber diese Regelung gibt es schon!

Der Anspruch ergibt sich nämlich aus dem Datenschutzgesetz NRW .
Auch die Umsetzung ist bereits untergesetzlich geregelt .

Wenn Sie darüber hinaus auf andere Regelungen im Polizeigesetz abzielen, verwundert dies schon. Dieses wurde zuletzt 2018 auch mit ihren Stimmen geändert!

Ihre Forderung nach Löschung der Daten als Regelfall und bei festem Zeitablauf – also ein Regel-Ausnahme-Prinzip – geht ebenfalls ins Leere. Das sieht § 22 Abs. 3 PolG NRW für den Restverdacht bereits vor.

Nachlesen lohnt sich. Da wird man schnell erkennen, dass schon heute eine dokumentierte Einzelfallprüfung zur weiteren Speicherung nach Freispruch oder rechtskräftiger Einstellung notwendig ist.

Problematisch ist dabei meistens, dass bereits Erkenntnisse, die eigentlich geprüft werden sollen, bei dieser Einzelprüfung häufig fehlen. Warum ist das so?

Es ist relativ einfach: Es kommt auf zwei Voraussetzungen an. Das Strafverfahren muss abgeschlossen sein. Und die maßgeblichen Gründe für einen Restverdacht bekannt sein. Erst dann kann die Prüfung erfolgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist alles nicht so einfach, wie es scheint.

Datenschutz ist wichtig. Aber die Vorhaltung von Daten in rechtlich zulässiger Weise ist ebenso wichtig. Es kann doch hier keiner ernsthaft wollen, dass wichtige Informationen verloren gehen. Man stelle sich vor, dass einem Gefahrenverdacht nicht mehr nachgegangen werden kann, weil die Daten schon gelöscht wurden.
Die Löschung von Daten haben wir ja auch an anderer Stelle diskutiert. Ich erinnere an den Jahrestag der EuGH-Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung erst vorgestern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der heute vorliegende Antrag ist handwerklich schlecht gemacht. Der Überweisung stimmen wir dennoch zu.

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