Anke Fuchs-Dreisbach zu TOP 12 „Das Krankheitsbild Lipödem aus der gesellschaftlichen Tabuzone holen – Aufklärung, Versorgung und Forschung stärken.“

21.03.2024

Sehr geehrte Präsidentin / sehr geehrter Präsident,liebe Kolleginnen und Kollegen,

ca. 4 Millionen Menschen leiden in Deutschland unter einer Lipödem-Erkrankung, von der überwiegend Frauen betroffen sind.  

Bei einem Lipödem handelt es sich um eine Vermehrung des Unterhautfettgewebes.
Diese chronische Fettverteilungsstörung betrifft vor allem die Beine, die Hüfte und oft auch die Arme.

Neben der sichtbaren Fettvermehrung leiden die Betroffenen unter regelmäßig auftretenden Schmerzen, Wassereinlagerungen und unter einer deutlich erhöhten Berührungs- oder Druckempfindlichkeit der Haut.

In Öffentlichen Anhörungen im Deutschen Bundestag haben Sachverständige dargelegt,
dass die Betroffenen bereits in frühen Stadien der Erkrankung unter teils schweren Schmerzen leiden.

In fast allen Fällen werden die Symptome, wenn sie unbehandelt bleiben, mit zunehmender Zeit schlimmer und führen zudem sehr häufig zu schweren psychischen Folgeerkrankungen.

In meiner Zeit als Physiotherapeutin waren Lymphpatienten meistens Dauerpatienten.
Eine Liplymph-Patientin habe ich die ganzen 15 Jahre, die ich in einer Praxis tätig war, als ihre Lymphtherapeutin begleiten dürfen.
Der Anspruch und das Ziel in der Physiotherapie ist eigentlich die Heilung eines Patienten. Daher muss man Acht geben, dass kein Frust bei Patienten und Therapeuten aufkommt, wenn man Lymphpatienten nur Linderung verschaffen kann,
nicht aber die erhoffte Heilung.

Frühe Stadien des Lipödems werden häufig nicht diagnostiziert, da die Ärzte zu wenig in dem Krankheitsbild sensibilisiert bzw. weitergebildet wurden.

Eine Umfrage der Lipödem Gesellschaft e.V. zeigt, dass eine operative Therapie zu einer deutlichen Verbesserung des Beschwerdebilds und zu einer Förderung der Arbeitsfähigkeit führt.

2019 hat der Gemeinsame Bundesausschuss entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten der Operationen im Stadium 3 für die Betroffenen übernehmen. Das war ein erster richtiger Schritt,
reicht für die Betroffenen jedoch nicht aus. 

Von 1.461 betroffenen Frauen gaben 50%- also die Hälfte- in der Umfrage an, dass sie sich für die Operationen verschulden mussten, um sich frühzeitiger behandeln zu lassen.

Die 2021 vom Gemeinsamen Bundesausschuss finanzierte LIPLEG-Studie begrüßen wir.

Die Erprobungsstudie soll klären,
welchen Nutzen die Liposuktion im Vergleich zu einer konservativen und symptomorientierten Behandlung hat.

Eine Expertenanhörung im Deutschen Bundestag hat jedoch bereits im September 2022 verdeutlicht, dass zur Behandlung eines Lipödems frühzeitiger die Liposuktion, also der operative Eingriff, erfolgen müsse,
da diese in frühen Krankheitsstadien einfacher und kostengünstiger durchzuführen sei.


Die Umfrage der Lipödem Gesellschaft e.V. ergab zudem, dass über 90% der Befragten sich erneut operieren lassen würden. Sie bestätigten zudem, dass die Operationen zu einer verbesserten Lebensqualität beigetragen haben.

CDU und CSU hatten im Juni 2023 im Bundestag diesbezüglich einen vielversprechenden Antrag eingebracht, der weitere Verbesserungen für die Betroffenen beinhaltete.
So eben auch eine frühere Kostenübernahme für die Operationen durch die Krankenkassen außerhalb der bereits erwähnten LIPLEG-Studie.

Deckungsgleich zu den heutigen Anträgen von FDP und SPD sollten zudem die Strukturen von Lipödem-Selbsthilfegruppen gestärkt, die Bevölkerung im Rahmen einer Kampagne aufgeklärt und die Ärzte in den Aus- und Fortbildungen zur Erkrankung besser sensibilisiert werden. FDP und SPD haben im Bund diesen Antrag abgelehnt. Sie hatten im letzten Jahr auf Bundesebene die Möglichkeit eine Verbesserung für die Betroffenen zu erzielen.

Den Betroffenen fehlt es dank ihrer Entscheidung damit auch weiterhin an einer zufriedenstellenden Behandlungssituation.

Der Überweisung des Antrags stimmen wir heute selbstverständlich zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.