Aufklärung sieht anders aus

27.03.2017

Zur heutigen Vorstellung des Gutachtens durch den Sonderermittler der NRW-Landesregierung im Fall Amri erklärt der Sprecher der CDU-Landtagsfraktion im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Fall Amri“, Daniel Sieveke:

„Die Ergebnisse dieses Gutachtens haben ein einziges Ziel: Frau Kraft und Herrn Jäger aus der Schusslinie zu nehmen. Mit Aufklärung hat das wenig zu tun. Der Regierungsgutachter tritt auf wie ein Strafverteidiger, der versucht die Unschuld seiner Mandanten zu beweisen. Hier werden den Aussagen von NRW-Innenminister Jäger, der Staat sei bei Amri an die Grenze gegangen, lediglich ein wissenschaftlichen Anstrich gegeben. Auch die Schuldzuweisungen in Richtung Berlin sollen durch den Gutachter noch einmal bestätigt werden. Diese Meinung vertritt jedoch allein mit seinen Auftraggebern. Wie bereits bei der Silvesternacht 2015 braucht es die Aufklärung durch Parlament und Medien, um die Wahrheit zu Tage zu fördern.

Die Erzählung des Gutachters jedenfalls liest sich wie das exakte Gegenteil zu allem, was bisher an Erkenntnissen gewonnen worden ist. Während Experten aus dem In- und Ausland Versäumnisse in NRW ausmachen, spricht der Regierungsgutachter davon, dass NRW nicht nur alles, sondern mehr als alle anderen unternommen habe. Während das ganze Land sich über die Enthüllung eines bisher unbekannten Brandbriefs des LKA NRW an das Ministerium wundert, schließt sich der Gutachter der Darstellung des Innenministers an, das sei alles längst bekannt. Während der Leiter des LKA NRW sich im Untersuchungsausschuss darüber beklagt, dass sein Haus auf die dringende Anregung, die Abschiebeanordnung nach Paragraf 58a zu prüfen, keine Rückmeldung der Sicherheitskonferenz im MIK erhalten habe, sagt der Gutachter, die Sicherheitskonferenz habe alles unternommen. Wir haben angesichts der Umstände seiner Bestellung nicht wirklich mit einer offenen Fehleranalyse gerechnet. Aber dass die Reinwaschung so plump ausfällt, verwundert dann doch.

Dass der Gutachter eine Sondermeinung vertritt und sich wenig an den Fakten orientiert scheint umso klarer, seit wir wissen, dass er einen Eintritt in den Landesdienst an der Universität in Bielefeld anstrebt. Es ist eine Täuschung der Öffentlichkeit, wenn Frau Kraft die Unabhängigkeit bei der Auswahl des Gutachters als ein ausschlaggebendes Kriterium präsentiert, im Weiteren aber verschweigt, dass die Landesregierung bereits vor der Vergabe des Gutachtens von dem Berufungsverfahren wusste. Diese dreiste Täuschung der Öffentlichkeit ist vor allem auch ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen des Anschlags. Sie müssen den Eindruck gewinnen, dass es der Landesregierung nie um ergebnisoffene Aufklärung, sondern vor allem um Eigenschutz ging – mit dem Ziel, den Fall Amri zügig zu den Akten legen. Umso wichtiger ist es, jetzt die Ausschussarbeit fortzuführen, um den Fall Amri umfassend aufzuklären.“

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