
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Herr Mostofizadeh,
mit Ihrem Neustart-Antrag feiern Sie den Stärkungspakt Stadtfinanzen ja so richtig ab. Damit wir uns nicht falsch verstehen. Natürlich ist es gut, wenn die Stärkungspaktkommunen ihre laufenden Haushalte in den Griff bekommen.
Sie blenden bei der Feier nur leider aus, dass sich im gleichen Zeitraum der Schuldenstand bei den Kommunen dramatisch erhöht hat.
Zwischen den Jahren 2007 und 2017 sind in den Kernhaushalten der Kommunen die Schulden von 37,2 Mrd. Euro auf 49 Mrd. Euro angestiegen - und bei den Kassenkrediten sogar von 13,7 Mrd. Euro auf 23,9 Mrd. Euro.
Aber anders als in Ihrer Regierungsverantwortung wird das Problem jetzt auch aktiv angegangen.
Dazu gab es im Dezember schon einen Sachstandsbericht aus dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung.
Ihr Neustart-Antrag fällt damit ganz klar in die Kategorie: „Dieses Antrages hätte es nicht bedurft!“ Er ist unausgegoren und er kommt zum falschen Zeitpunkt.
Die Altschuldenproblematik ist natürlich wichtig. Darum arbeiten wir seit geraumer Zeit daran. In unserem Koalitionsvertrag steht dazu, dass wir den Stärkungspakt zu einer kommunalen Kredithilfe weiter entwickeln werden. Zu unserem Wort stehen wir.
Sie hauen stattdessen in Ihrem Antrag einfach ein ganzes Sammelsurium an Vorschlägen heraus, in der Hoffnung, dass vielleicht ein guter Vorschlag dabei ist.
Wer das Problem wirklich nachhaltig lösen will, sollte sich vorher vielleicht die Zeit nehmen, einmal genauer auf die Ursachen für die kommunalen Schulden zu schauen. Da gibt es sicher eine bundespolitische Verantwortung im Bereich der Soziallasten, insbesondere bei den Kosten der Unterkunft. Und das werden Sie jetzt nicht so gern hören, da gibt es auch eine große rot-grüne Schuld.
In den letzten Jahrzehnten ist auf Landesseite von Rot-Grün wenig kommunalfreundlich gehandelt worden, angefangen 1983 mit der schrittweisen Absenkung des Verbundsatzes von 28,5 Prozent auf letztlich 23 Prozent - bis zu Ihrem letzten Regierungsjahr mit der Einbehaltung der kompletten Integrationspauschale von 432 Millionen Euro. Null Euro sind an die Kommunen gegangen. Kommunalfreundlich geht anders.
Nun zurück zu Ihrem Antrag.
Er basiert auf einem von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN bei Dr. Manfred Busch in Auftrag gegebenen Gutachten. Dr. Busch nennt sein 35 Seiten starkes Papier selbst nicht Gutachten, für ihn ist es ein Vorschlag zur Entschuldung der Kommunen. Das passt auch besser. Streng genommen sind es sogar viele Varianten eines Vorschlags.
Das Papier nimmt nicht nur die Verschuldung der Kommunen in NRW in den Blick, sondern in der Hauptsache von Städten und Gemeinden in ganz Deutschland. Für Ihren Antrag haben Sie die schönsten Zahlen scheinbar wahllos aus dem Papier herausgegriffen und konzeptlos über die vier Antragsseiten verteilt. Da werden Bundes- und Landeszahlen ohne Kennzeichnung munter durcheinander gewirbelt und ohne Zuhilfenahme des Busch-Papiers ist der Antrag überhaupt nicht nachvollziehbar.
Um die Verwirrung komplett zu machen, hängen Sie ans Ende des Antrags auch noch einen Vorschlag des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“, das davon ausgeht, dass der Bund mit 50 Prozent bei Zinsen und Tilgung einsteigt.
Und genau darin liegt die größte Schwäche ihres Antrags. Er geht einfach davon aus, dass der Bund sich mit mindestens einem Drittel am Schuldenabbau beteiligt.
Woher wissen Sie das? Ja, in der Kommission der Bundesregierung für „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ wird auch über Altschulden gesprochen.
Natürlich haben wir ein großes Interesse an einer Bundesbeteiligung und natürlich setzen wir uns dafür in Berlin ein.
Abschließende Ergebnisse sollen Mitte des Jahres vorliegen. Das sollten wir doch erst einmal abwarten. Für die Landesregierung ist es daher aktuell zielführender, keine millionenschweren Schnellschüsse abzugeben, sondern die Ergebnisse des Bundes zu berücksichtigen. Alles andere, dieser Antrag eingeschlossen, ist erst einmal nur Spekulation.
Der Überweisung stimmen wir natürlich trotzdem zu.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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