Björn Franken zu TOP 6 "Stahl ist Zukunft. Und die gehört zu NRW!"

16.05.2024

Anrede Präsidium,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit Jahrhunderten schlägt das Herz der Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen.
40 Prozent der gesamtdeutschen Stahlproduktion finden bei uns im Ruhrgebiet, in Duisburg statt.

Unser schönes Bundesland beheimatet die gesamte Wertschöpfungskette, das findet man in selten in Deutschland.
Darauf können wir zurecht stolz sein, meine sehr verehrten Damen und Herren. 

Im Ausschuss haben wir uns bereits intensiv mit dem heutigen Thema beschäftigt.
Ministerin Neubaur hat die Position und Handlungsspielräume unserer Landesregierung deutlich aufgezeigt. Mehrfach.

Dass Sie mit Ihrem Antrag nun „aktives Handeln der Landesregierung“ fordern, ist doch mehr als verwunderlich, wo sie sich doch immer berichten lassen, was getan wurde. Da die Kommunikation innerhalb Ihrer Fraktion scheinbar nicht läuft, hole ich Sie gerne inhaltlich noch einmal ab.


Erstens:
Bei den aktuellen Entwicklungen handelt es sich um unternehmerische Entscheidungen.
Es ist nicht Aufgabe der Politik zu glauben, man sei der bessere Unternehmer.
Wir können und wir kritisieren Entscheidungen aktiv, unsere Erwartung haben wir daher offen kommuniziert:
Das Unternehmen muss seiner Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern gerecht werden, ohne wenn und ohne aber.
Unsere eigentliche Aufgabe ist es, optimale Rahmenbedingungen für wettbewerbsfähigen, - künftig grünen Stahl - aus Nordrhein-Westfalen aufzustellen.


Zweitens:
Das Runterfahren der Produktionskapazitäten ist der schwierigen Marktsituation geschuldet.

• Abflachende Nachfrage
• internationalen Stahlüberkapazitäten,
• (teilweise) Dumpingkonkurrenz aus China

Um auch weiterhin wettbewerbsfähig und profitabel zu sein, braucht es Anpassungen.
Das Produktionsvolumen wird von jährlich 11,5 Millionen Tonnen Stahl auf 9 bis 9,5 Millionen Tonnen reduziert. Dass die tatsächliche Auslastung bei aktuell rund 7 Millionen Tonnen liegt, verschweigen Sie in Ihrem Antrag.
Natürlich würden wir es uns anders Wünschen, aber die Realität auf dem Weltmarkt ist wie sie ist.

Das Thyssenkrupp zugesagt hat, auch weiterhin betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und die Arbeitsplätze in Duisburg langfristig zu sichern ist doch ein entscheidendes Bekenntnis.


Drittens:
Wir erwarten, dass das Unternehmen das frische Kapital für seinen Transformationsprozess nutzt.
Denn der Weg zur klimaneutralen Stahlproduktion ist kostenintensiv.
Mit öffentlichen Geldern allein gelingt das nicht.
Dafür bedarf es private Mittel.
Der Einstieg des Investors kann also eine Chance sein. Allerdings NUR, WENN die Arbeitnehmer an sämtlichen Entscheidungen beteiligt werden.


Viertens:
Mit unserer 700 Millionen €-Förderung unterstützen wir EIN KONKRETES Projekt.
An diese Gelder sind klare Realisierungsbedingungen gekoppelt, die wir nicht vorgeben können.
Bedingungen wie die von Ihnen geforderten Arbeitsplatzgarantien können wir nicht verlangen.

Wie haltlos und scheinheilig diese Forderungen sind, zeigt uns der Blick auf SPD-geführte Bundesländer:

In Niedersachsen bei Salzgitter.
Im Saarland bei Saar-Stahl.
In Hamburg bei Arcelor Mittal.

Nirgendwo finden sich in den Förderbedingungen Arbeitsplatzgarantien.

Wir haben die Interessen und die Nöte der Industrie in NRW im Blick, das zeigen wir mit unseren Anträgen, und die Landesregierung durch ihr Handeln.
Ich erinnere an unseren Antrag zum Wirtschaftsstandort im Herbst, indem wir klare Konzepte aufgezeigt haben für NRW und auch von Berlin, speziell vom Bundeskanzler eine aktive Rolle eingefordert haben.

Denn die hohen Preise für die Energie unserer Industrie entstehen dort. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Damit wir auch in Zukunft „Industriemotor Deutschlands“ sein können, muss uns der Spagat zwischen wettbewerbsfähiger Industrie und nachhaltigem Klimaschutz gelingen. Für die Stahlindustrie bedeutet das konkret: Klimaneutraler Umbau der Produktion.

Wir sind mit dem Versprechen angetreten, unseren Industriestandort bei diesem Transformationsprozess zu unterstützen. Und wir halten unsere Versprechen: Mit 700 Millionen €, der höchsten Einzelförderung in unserer Landesgeschichte, unterstützen wir Thyssenkrupp dabei, grünen Stahl zu produzieren.
Das ist ein starkes Signal für unsere Stahlkocher.

Wir bekennen uns klar zu grünem Stahl aus Nordrhein-Westfalen. Deshalb beobachten wir die aktuellen Entwicklungen rund um Thyssenkrupp sehr genau. Dass die Verringerung der Produktionskapazitäten und der Einstieg eines ausländischen Investors zu Sorgen bei der Belegschaft führen, ist verständlich. Diese Sorgen nehmen wir natürlich sehr ernst.

Doch genau hier zeigt sich mal wieder, welchen Anspruch die SPD an ihr eigenes Handeln hat. Anstatt dass Sie sich mit den Fakten auseinandersetzen, schüren Sie mit Ihren Halbwahrheiten die Ängste der Arbeitnehmer. Das ist nicht nur unredlich, es ist unanständig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wenn Sie ehrlich sind, Sie können es nicht im Ansatz besser:
Denn zur ganzen Wahrheit gehört auch dazu: Vor Ihrer Abwahl 2017 war die Lage ebenso prekär:
500 Millionen € wollte Thyssenkrupp einsparen.
4.000 Arbeitsplätze waren in Gefahr.
Und die IG Metall kritisierte öffentlich mehrfach den mangelnden Rückhalt Ihrer SPD-Ministerpräsidentin, Hannelore Kraft.


Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion. Ihre Sorge, dass unsere 700 Millionen €-Förderung „in den Kamin geblasen wird“ können wir Ihnen nehmen.

Die Haltung von uns ist klar:

• Es darf keine betriebsbedingten Kündigungen geben.
• Die Mitbestimmung muss eingehalten werden.
• Wir erwarten von der Arbeitgeberseite, gemeinsam mit den Betriebsräten einen Zukunftsplan für grünen Stahl aus Duisburg zu erarbeiten.

Die Sicherung der Arbeitsplätze in unserer heimischen Stahlindustrie hat für uns oberste Priorität, dazu nutzen wir alle zur Verfügung stehenden Mittel. Dafür braucht es Ihren Antrag nicht.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

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