
In einem Brief vom 22. April stellt der CDU-Fraktionsvorsitzende dem SPD-Oppositionsführer und -Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty Fragen zu dessen Verhältnis zum russischen Regierungsregime. Anlass war die rückhaltlose Unterstützung Kutschatys für die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns Manuela Schwesig, die wegen ihrer Verstrickungen in eine dubiose Stiftung im Zusammenhang mit Nordstream2 in der Kritik steht. Kutschaty selbst hatte im vergangenen Jahr öffentlich dafür geworben, NRW solle große Mengen des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik kaufen. Diese für die Öffentlichkeit wichtigen Fragen wären für gewöhnlich wohl in einer Aktuellen Stunde im Plenum des Landtags behandelt worden, aufgrund der bevorstehenden Landtagswahl tritt das Parlament aber nicht mehr zusammen.
An die
SPD-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen
Herrn Fraktionsvorsitzenden Thomas Kutschaty MdL
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf
Ihre Positionierung zur Russland-Affäre der SPD
Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender, lieber Kollege Thomas Kutschaty,
der verbrecherische Angriffskrieg des russischen Präsidenten Putin gegen die Ukraine hat die Menschen in Nordrhein-Westfalen, hat uns alle zutiefst erschüttert. Mitten in Europa fallen Bomben und Granaten auf unschuldige Menschen, werden ganze Städte ausradiert und Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben.
Umso verstörender wirken auf viele Menschen die immer neuen Enthüllungen zu der engen Verbandelung führender deutscher Politiker mit Putins Regime.
Vom Netzwerk um einen von Putin gekauften Altbundeskanzler bis hin zu Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, von der die New York Times dieser Tage schrieb, sie habe die Staatskanzlei von Mecklenburg-Vorpommern zu einer Filiale von Gazprom gemacht: Der Einfluss des russischen Regimes auf die deutsche Politik wirft Fragen auf.
Als Spitzenkandidat der SPD zur Landtagswahl bewerben Sie sich um das Amt des Ministerpräsidenten – um ein Amt, das gerade in dieser schwierigen Zeit mit großer Verantwortung für unser Land verbunden ist. Die Bürgerinnen und Bürger haben daher einen Anspruch auf Klarheit zur Frage, wie Sie, Herr Kutschaty, zu all den Fragen, die die Menschen im Land umtreiben, stehen.
Aus diesem Grunde frage ich Sie:
- Sie haben sich öffentlich hinter Manuela Schwesig gestellt, die im Verdacht steht, in enger Abstimmung mit Gazprom die deutsche Öffentlichkeit bewusst getäuscht zu haben. Kennen Sie alle Vereinbarungen zwischen Gazprom und der Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern zur sogenannten „Klima-Stiftung“ und zum Einfluss von Gazprom und dem russischen Regime auf diese Stiftung? Falls ja, wie bewerten Sie diese Vereinbarungen? Falls nein, auf welcher Grundlage verteidigen Sie dann Frau Schwesig?
- Gab es hierzu Absprachen oder Abstimmungen mit anderen SPD-Politikern auf Landes- oder Bundesebene? Falls ja, wann und mit wem? Werden Sie sich innerhalb der Bundesgremien für eine schnelle Aufklärung einsetzen?
- Sie haben Altbundeskanzler Schröder öffentlich aufgefordert, seine wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Putin-Regime aufzulösen. Welche konkreten Schritte haben Sie daraufhin unternommen? Welche Konsequenzen haben Sie aus Schröders Weigerung gezogen, dieser Aufforderung nachzukommen?
- Bundeskanzler Scholz wird auch aus den Reihen der eigenen Koalition massiv dafür kritisiert, der Ukraine nicht die erbetene Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Haben Sie sich als stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD und als Landesvorsitzender der SPD NRW beim Bundeskanzler dafür eingesetzt, der Ukraine die erbetene Unterstützung zur Verfügung zu stellen? Falls ja, wie genau und mit welchem Ergebnis? Falls nein, warum nicht?
- Mit Jochen Ott MdL unterstützte ein Abgeordneter ihrer Fraktion am 22. April auf Twitter ausdrücklich die Äußerungen des Brigadegeneral a. D. Erich Vad in der Sendung „Maybrit Illner“ vom 21. April. Er äußerte dort: „Ich glaube, wichtig ist jetzt, von der politischen Seite her nicht zu sagen, wir wollen den Sieg der Ukraine.“ Teilen Sie die Meinung Ihres Kollegen Ott, der dazu bemerkte. „Dieser Mann sagt es, so wie es ist.“? Falls ja, wie begründen Sie diese Aufffassung?
- Sind Ihnen Verbindungen von Mitgliedern der SPD-Landtagsfraktion oder der SPD Nordrhein-Westfalen zu Funktionsträgern des russischen Regimes, zum Unternehmen Gazprom oder anderen staatsnahen russischen Unternehmen bekannt? Falls ja, welche und seit wann?
- Hat die SPD Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren (seit 2010) Spenden von Gazprom oder von Personen, die mit Gazprom verbunden sind, erhalten?
- Können Sie ausschließen, dass ähnlich wie bei der SPD Niedersachsen auch in der SPD-Landtagsfraktion oder in der SPD Nordrhein-Westfalen finanzielle Verstrickungen zum Putin-Regime bestehen? Wie würden Sie reagieren, wenn sich herausstellen sollte, dass ein Mitglied Ihrer Fraktion solche Verbindungen hat?
- Sie haben die Landesregierung öffentlich dafür kritisiert, keinen „Sputnik V“-Impfstoff beim Putin-Regime bestellt zu haben. Bleiben Sie dabei, dass die Landesregierung „Sputnik V“-Impfstoff hätte bestellen sollen?
- Wie stehen Sie zur Kritik, dass Deutschland mit einer Bestellung von „Sputnik V“ aus dem Konsens mit unseren europäischen Partnern ausgeschert wäre und sich überdies in weitere Abhängigkeit zu Russland und dem Kreml begeben hätte? Warum haben Sie öffentlich für eine Bestellung von „Sputnik V“ geworben?
- Haben Sie sich vor Ihrer Werbung für „Sputnik V“ mit Herrn Professor Dr. Lauterbach oder mit anderen medizinischen Fachleuten ausgetauscht? Falls ja, wann, mit wem und mit welchem Ergebnis? Falls nein, wie kamen Sie ohne fachliche Expertise zu der Einschätzung, dass dieser Impfstoff gut für die Menschen in Nordrhein-Westfalen sei?
- Haben Sie sich mit dem Impfstoff „Sputnik V“ impfen lassen? Falls nein, warum nicht? Werden Sie dies bei der nächsten anstehenden Auffrischungsimpfung tun? Falls nein, warum nicht?
Sicherlich ist auch Ihnen daran gelegen, zu diesen drängenden Fragen rasch Transparenz zu schaffen. Deshalb stimmen Sie gewiss mit mir darin überein, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen eine Antwort bis spätestens 26. April 2022 erwarten dürfen.
Für Ihre Mühen im Voraus recht herzlichen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Bodo Löttgen
Die Antwort von Thomas Kutschaty vom 24. April, die keine Antworten auf Bodo Löttgens Fragen enthält, finden Sie hier: https://www.spd-fraktion-nrw.de
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