
Sehr geehrter Herr/Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
gute Pflege braucht Zeit und die volle Unterstützung der Politik (Pause)
– das sehen nicht nur Sie von den Grünen so, sondern auch wir als Christdemokraten haben uns das Thema Pflege in dieser Legislaturperiode in Bund und Land als einen Schwerpunkt unserer Politik auf die Fahnen geschrieben.
Beim Lesen ihres Antrages fällt auf, in vielen Bereichen liegen wir gar nicht so weit auseinander. Das Thema Pflege ist sehr komplex und ihr Antrag greift eine Reihe von Einzelthemen auf, die zwar alle in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, aber jeder einzelne Punkt – beginnend mit dem Fachkräftemangel, der Attraktivitätssteigerung des Berufsbildes bis hin zur Ausbildung künftiger Fach- und Arbeitskräfte – könnte die Redezeit locker sprengen. Deshalb nur einige grundsätzliche Bemerkungen, die fachliche Debatte des Antrages wird dann ja in der Ausschusssitzung erfolgen, wo sie auch hingehört.
Einig sind wir uns wohl alle darin, dass die Pflegedebatte sachlich und nicht auf dem Rücken der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen oder der Pflegekräfte ausgetragen werden sollte. Dazu ist dieses Thema für unsere Gesellschaft zu wichtig und wird uns in den nächsten Jahren noch in jeder Hinsicht fordern.
Schon heute ist jeder vierte Einwohner Nordrhein-Westfalens über 60 Jahre alt. Und diese Zahl wird in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen.
Doch auch jetzt gibt es in NRW schon rund 640.000 pflegebedürftige Menschen. Der überwiegende Teil, rund 71%, wird zu Hause durch Angehörige oder mit Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes gepflegt. Rund 160.000 Pflegebedürftige leben derzeit in einem Pflegeheim. Tendenz steigend.
Es gibt also genug zu tun. Auch darin sind wir uns alle einig.
Nun könnte man sich allerdings fragen, warum die Grünen mit diesem Antrag gerade jetzt um die Ecke kommen. Denn bekanntlich stellten Sie doch in der letzten Legislaturperiode die zuständige Ministerin für Pflege und Alter. Sie hatten also sieben Jahre Zeit das Thema Pflege nach ihren Vorstellungen zu gestalten.
Stattdessen stellen Sie nun einen Antrag, der sicherlich eine Grundlage für die weitere Diskussion im Fachausschuss bietet, der aber in großen Teilen auch schon Dinge und Forderungen enthält, die längst auf Landes- und Bundesebene auf den Weg gebracht worden sind.
Ich darf einmal kurz aus ihrem Antrag (S. 11) zitieren: „Die Arbeitssituation in Pflegeeinrichtungen muss durch zusätzliche Pflegestellen verbessert werden. Hierzu bedarf es auch längerfristiger Maßnahmen zur Gewinnung zusätzlichen Pflegepersonals, Ausweitung der Ausbildungsplätze und Qualifikationen in den Pflegeberufen. Gleichwohl bedarf es eines Sofortprogramms (…)“
Das haben Sie alles richtig erkannt, allein dies ist nichts Neues und längst von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Mai diesen Jahres auf den Weg gebracht – was sie selbst in ihrem Antrag an anderer Stelle auch feststellen.
Gerade erst wurden in einem Sofortprogramm die Finanzierung von 13.000 zusätzlichen Stellen für die Altenpflege sichergestellt und weitere Investitionen zur Schaffung besserer Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte ab dem 01.01.2019 in die Wege geleitet.
Wir alle wissen um die hohe Arbeitsverdichtung in der Alten- und Krankenpflege und um die Arbeitsbedingungen, die dringend verbessert werden müssen, um wieder mehr Menschen für die Pflegeberufe zu begeistern und den Beruf attraktiver zu gestalten.
Wir brauchen mehr Arbeitskräfte in der Pflege – keine Frage. Auch die 13.000 Stellen aus dem Sofortprogramm werden nicht ausreichen. Aber wie der Name schon sagt, es handelt sich um ein SOFORT-Programm und bildet nicht das Ende umfangreicher Maßnahmen, um das Berufsfeld der Alten- und Krankenpflege attraktiver zu gestalten, sondern ist erst der Anfang.
Wie der Bundesgesundheitsminister mit seinem Sofortprogramm deutlich gemacht hat: Politik hat verstanden. Es geht darum, spürbare Entlastungen für die Arbeitskräfte in der Pflege auf den Weg zu bringen.
Hierfür arbeiten Bund und Land Hand in Hand, denn auch unser Landesgesundheitsminister hat die Probleme in der Pflege vor Augen und weiß als ehemaliger Pflegebeauftragter der Bundesregierung wohl besser als viele andere wie es um die Pflege in Deutschland bestellt ist.
Lassen Sie mich noch kurz etwas zu der These sagen, ambulante müsste Vorrang vor stationärer Pflege haben und dementsprechend stärker unterstützt und weiter ausgebaut werden.
Ambulant vor stationär – sicherlich für viele Menschen wünschenswert, aber eben nicht immer machbar. Deswegen sprechen wir uns als CDU für echte Wahlfreiheit aus.
Jeder Mensch sollte selbst entscheiden dürfen, wie er im Alter gepflegt werden möchte. Doch wir dürfen nicht vergessen, die Zahl der Demenzerkrankungen steigt und auch wenn sich viele Angehörige bis an die eigenen Grenzen aufopfern, um ihre Angehörigen in der gewohnten, häuslichen Umgebung zu pflegen, so ist es manchmal vielleicht für alle der bessere Weg, die stationäre Pflege in Anspruch zu nehmen.
Nicht immer, weil der Mensch zu Hause nicht mehr allein oder mit Hilfe ambulanter Pflege zurechtkommt, sondern in vielen Fällen auch einfach, weil er zu Hause vereinsamt und in einem Alten- oder Pflegeheim wieder Anschluss finden könnte.
Menschen sind vielfältig, es gibt viele Formen des Alterns und genau so sollten wir auch die Pflege gestalten. Wir schaffen verschiedene Angebote auf ambulanter wie auf stationärer Ebene und die Menschen selbst oder ihre Angehörigen entscheiden, welche Form sie zu ihrer Unterstützung wollen.
Verehrte Damen und Herren von den Grünen, liest man ihren Antrag, entsteht der Eindruck, ambulante Pflege sollte immer Vorrang vor stationärer Betreuung haben. Für viele Menschen mag dies die richtige Wahl sein, doch wir sollten aufhören, stationäre Pflege zu verteufeln. Nicht immer ist die ambulante Hilfe der bessere Weg.
Wir sind für Wahlfreiheit und wollen deshalb einen gleichberechtigten Ausbau stationärer wie ambulanter Angebote, damit jeder Mensch im Alter möglichst wohnortnah gepflegt und unterstützt werden kann, wenn es notwendig ist.
In diesem Sinne freue ich mich auf die fachliche Debatte zu ihrem Antrag in einer der kommenden Ausschusssitzungen.
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