Daniel Hagemeier zu TOP 21 "Viertes Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes"

11.11.2020

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir nehmen hier heute eine Pflichtaufgabe vor, nämlich die Überprüfung des Landeswahlrechts vor jeder Landtagswahl. Hierbei gilt es die aktuelle Entwicklung des Bundeswahlrechts zu berücksichtigen und die Erfahrungen aus der Verwaltungspraxis zu berücksichtigen. Zudem sind die Vorschriften an die aktuelle Rechtsprechung anzupassen.

Künftig sollen entsprechend der Regelung auf Bundesebene dem Landeswahlausschuss zwei Richterinnen oder Richter des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen angehören, die von dem Landeswahlleiter auf Vorschlag des Gerichtspräsidenten berufen werden. Damit ist eine den Europa- und Bundestagswahlen vergleichbare Zusammensetzung gewährleistet.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist darüber hinaus das Einteilungskriterium für die Wahlkreise. Das Kriterium „Einwohnerzahl“  bzw. „deutsche Einwohnerzahl“ ist nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20.12.2019 (VerfGH 35/19, unter Bezugnahme auf BVerfGE 130,212) nicht mehr sinnvoll. Dementsprechend konsequent wird in § 13 Absatz 2 Satz 3 Landeswahlgesetz (LWahlG) das Kriterium „Einwohnerzahl“ durch das Merkmal „Wahlberechtigtenzahl“ ersetzt.

Dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes NRW folgend, ist bei der Einteilung möglichst gleich großer Wahlkreise auf die Wahlberechtigten abzustellen. Die in Art. 78 Absatz 1 Satz 2 Landesverfassung und Art. 28 Absatz 1 Satz 2 GG verankerte Wahlrechtsgleichheit schreibt eine Einteilung der Wahlkreise auf Grundlage nur der Wahlberechtigten vor. Der Gleichheitsgrundsatz bezieht sich nur auf die Wahlberechtigten, nicht auf die Wohnbevölkerung. Minderjährige deutsche Staatsangehörige sind davon ausgenommen. 

Die in § 13 Absatz 2 Satz 3 LWahlG ausschließliche Abweichungsobergrenze  von 20 % ist daher nicht mehr sinnvoll. Da eine Abweichung vom Durchschnittswert von bis zu 15 % in der Regel vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt ist, wird eine entsprechende Anpassung (Einfügung einer Sollvorschrift) vorgenommen. Eine Überschreitung bis zu 20 % bleibt im Einzelfall bei Vorliegen von Rechtfertigungsgründen möglich.

Infolgedessen müssen laut Datenerhebung des Landesbetriebs IT.NRW in etlichen der 128 Landtagswahlkreise Anpassungen vorgenommen werden. In 8 Wahlkreisen gibt es Abweichungen von mehr als 20%, 23 liegen zwischen 15 bis 20% Abweichung vom Referenzwert; 3 weitere weichen um 14,5 bis 14,9 % ab. In 34 Wahlkreisen wird somit eine Neueinteilung – unter Einbeziehung der Nachbarwahlkreise – erforderlich. Der Zuschnitt erfolgt in der Art, dass eine Verletzung der 15 %-Grenze auf der Basis der Wahlberechtigtenzahlen bei den Landtagswahlen 2022 vermieden wird.

Damit einher resultieren gleichwohl Schwankungen in den Regierungsbezirken. Dem Regierungsbezirk Düsseldorf stünden statt aktuell 38 Wahlkreise nur noch 36,3 zu, der Kölner Bezirk hätte statt bisher 30 dann 31,9. Alle anderen Regierungsbezirke liegen im Toleranzbereich. Insgesamt soll durch die Verlagerung eines Wahlkreises aus dem Raum Duisburg/Wesel (Regierungsbezirk Düsseldorf) in dem Raum Rhein-Erft-Kreis/Rhein-Sieg-Kreis (Regierungsbezirk Köln) ein bezirksübergreifender Ausgleich hergestellt werden

In Anlehnung an das Bundesrecht wird § 26 LWahlG analog zum Kommunalwahlrecht um Regelungen zur zulässigen Assistenz bei der Stimmabgabe ergänzt.

Die Geschehnisse um die Verbreitung des Corona-Virus offenbaren, dass Situationen eintreten können, in denen die Durchführung von Versammlungen zur Kandidatenaufstellung in dem dafür vorgesehen Zeitraum nicht möglich ist. Die Verordnungsermächtigung in § 46 Absatz 6 LWahlG wird somit dahingehend erweitert, dass das für Inneres zuständige Ministerium im Falle einer Naturkatastrophe oder eines Ereignisses höherer Gewalt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Landtags Regelungen über die Aufstellung von Wahlbewerbern durch Parteien und Wählergruppen treffen kann, die ausnahmsweise bei entsprechendem Erfordernis auch die Benennung ohne Aufstellungsversammlung ermöglichen.

Zur Vorbereitung einer rechtssicheren Landtagswahl 2022 sind dies notwendige Vorbereitungen. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen. Stimmen Sie für den Gesetzentwurf der Landesregierung!