Daniel Sieveke zu TOP 4 "Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 41 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zum Behördenskandal im Zusammenhang mit dem publik gewordenen langjährigen und vielfachen Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz"

10.04.2019

[Anrede],

die AfD-Fraktion hat zu heute den vorliegenden Antrag gestellt und sieht, gemäß Antragstext, den Bedarf „einer umfassenden politischen und parlamentarischen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals“ in Lügde, auch „jenseits der juristischen Bearbeitung, Klärung und Aburteilung der einzelnen Straftaten“.
Der Herr Kollege Wagner hat die Sichtweise seiner Fraktion gerade erläutert.
Mir ist es an dieser Stelle aber zunächst noch einmal sehr wichtig zu betonen, dass wir in diesem Hohen Hause zu allererst an der Seite der Opfer und Ihrer Angehörigen stehen!
Wir alle sind erschüttert und ich spreche sicherlich im Sinne aller Kolleginnen und Kollegen im Innen- und Rechtsausschuss, dass die momentan ja weiterhin sehr intensiv fortschreitende Aufklärung und Beratung nicht nur die Mütter und Väter unter uns, sondern wirklich jeden, emotional bewegt und mehr als nur erschrocken und traurig macht!

Mit der Namensgebung, der inhaltlichen Antragsbegründung und dem konkreten Untersuchungsauftrag ab der Seite 5 des Antrages umgrenzen Sie den möglichen PUA „Lügde“ klar auf diesen (Tat-)Ort und die zugehörigen Fälle im Kreis Lippe sowie auf die betreffenden Behörden.

Sie wissen, dass seit der Einreichung des Antrages leider ein zweiter Fall von sexuellem Missbrauch in Bad Oeynhausen aufgetreten ist. Hierzu liegen uns erst wenige Erkenntnisse vor, über etwaige vernetzte kriminelle Strukturen oder auch Zusammenhänge zwischen den benachbarten Kreisen Lippe und Minden-Lübbecke kann und will ich hier und heute nicht mutmaßen!
Ich sage aber auch: Wenn hier eine Relevanz für einen möglichen PUA sichtbar würde, könnte sich eine zu starke Begrenzung des Untersuchungsauftrages auf Lügde später als Fehler herausstellen.
Denn Sie wissen auch, dass das „Gesetz über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen“ (in §3 Absatz 2) einen PUA klar an den ihm erteilten Auftrag bindet und eine etwaige Ausdehnung als „nicht berechtigt“ untersagt.

Daher möchte ich an dieser Stelle auch den Abschnitt B Ihres Antrages zumindest in Frage stellen, wonach der Landtag den Untersuchungsauftrag jederzeit später ausdehnen könnte.

Das ist aber letztlich auch gar nicht entscheidend. Denn die Aufklärungsarbeit ist doch jetzt erst einmal in vollem Gange! Ob Erkenntnisse aus diesen laufenden Ermittlungen dann später die Einsetzung eines PUA rechtfertigen, ist dann zu beraten und möglichst auch parteiübergreifend zu beschließen, wenn ein überwiegender Teil dieses Hohen Hauses das für gegeben hält.

Jetzt wäre das einfach voreilig.
Ich gehe davon aus, dass sie den Antrag von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN zur Wiedereinsetzung des PUA Amri vom Juni 2017, also nach der Landtagswahl, zum Vergleich noch einmal angeschaut haben! Zumindest finden sich in den Antragstexten einige Parallelen, was sogar nachvollziehbar ist.
Aber wenn Sie Ihren heutigen Antrag und den zum PUA Amri nebeneinander legen, dann komme zumindest ich zu dem Ergebnis, dass die sinnvolle Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht allein durch einen langen Fragenkatalog ein erfolgversprechendes Fundament erhält.

Ich unterstelle Ihnen in dieser Sache auch keinen billigen Populismus, das Thema ist einfach zu furchtbar, als dass daraus irgendjemand politisches Kapital schlagen könnte oder sollte. Gerade deswegen möchte ich Ihnen empfehlen, Ihren Antrag aus den genannten sachbezogenen Gründen heute  zurückzuziehen.

Lassen Sie uns gemeinsam als Parlamentarier, in den jeweiligen Beratungen die weitere Entwicklung intensiv und zeitnah begleiten! Aus Fehlern von Behörden müssen Konsequenzen gezogen werden. Das ist bspw. vom Innenminister unmissverständlich verdeutlicht worden.

 

Und ich erinnere auch noch einmal daran:
Wir müssen zu allererst die Schritte unternehmen beziehungsweise zulassen, die im Sinne der Opfer und gerade auch zur Verhinderung etwaiger zukünftiger Straftaten erforderlich sind.
Und die liegen derzeit ganz klar operativ bei der Polizei und der Justiz!

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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