Daniel Sieveke zu TOP 5 "Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 41 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zum Behördenskandal im Zusammenhang mit dem publik gewordenen langjährigen und vielfachen Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz

22.05.2019

[Anrede],

die AfD-Fraktion hat zu heute erneut den vorliegenden Antrag gestellt und sieht, gemäß Antragstext, den Bedarf „einer umfassenden politischen und parlamentarischen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals“ in Lügde, auch „jenseits der juristischen Bearbeitung, Klärung und Aburteilung der einzelnen Straftaten“.
In weiten Teilen ist Ihr Antrag Herr Wagner, mit dem aus dem April Plenum vergleichbar und stellenweise wurden nur eine andere Formatierung gewählt.

In meiner Rede, zu ihrem ersten Antrag auf Einrichtung eines PUA Lügde, habe ich betont, dass wir in diesem Hohen Hause zu allererst an der Seite der Opfer und Ihrer Angehörigen stehen! Diesen Standpunkt vertreten wir als CDU-Landtagsfraktion auch heute noch.

Ich bin aber nun auch froh und Dankbar, dass inzwischen Anklage gegen zwei Hauptverdächtige erhoben wurde. Es ist nun auch an der Zeit, der Polizei, den Ermittlern, der Ermittlungskommission und der Justiz für ihre umfangreiche Arbeit zu danken! Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdienen Lob und Anerkennung für ihr Tun.
Es ist eben nicht selbstverständlich, dass bei einem Fall dieses Ausmaßes, so früh Anklage erhoben werden kann.

Sie haben zwar den Fragekatalog im Vergleich zum letzten Antrag etwas erweitert, doch sie beschränken sich noch immer mit der Namensgebung, der inhaltlichen Antragsbegründung und dem konkreten Untersuchungsauftrag klar auf Lüdge als (Tat-)Ort und die zugehörigen Fälle im Kreis Lippe sowie auf die betreffenden Behörden. Noch immer stelle ich in Frage, dass der Landtag den Untersuchungsauftrag jederzeit später ausdehnen kann, sowie sie es unverändert in Abschnitt B ihres Antrags schreiben. Das „Gesetz über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen“ (in §3 Absatz 2) bindet einen PUA klar an den ihm erteilten Auftrag und eine etwaige Ausdehnung als „nicht berechtigt“ ist untersagt.

Darüber hinaus vertrauen wir dieser Landesregierung und insbesondere unserem Innenminister Herbert Reul aufgrund ihrer transparenten Informationspolitik. Wiir wollen den eingeschlagenen Weg mit den bisherigen Maßnahmen unbeirrt weitergehen.
Ich möchte hier exemplarisch einige nennen:
1. Einrichtung einer Stabsstelle Kindesmissbrauch im IM
- Thema eine neue Wertigkeit und neue Wahrnehmung verschaffen
- Aufarbeitung der strukturellen Defizite im Bereich der kriminalpolizeilichen Bearbeitung von sexuellem Missbrauch an Kindern

2.  Ankündigung eines Investitionsprogramms „Kampf gegen den Kindesmissbrauch“ im Haushaltsjahr 2020
-  Zweistelliger Millionenbetrag angedacht
- Investition in Personal und Technik (Analysesoftware)
3. Einrichtung eines Kompetenzzentrums für Kinderschutz im   Gesundheitswesen
- Rund zwei Millionen Euro werden in den nächsten drei Jahren für den Aufbau zur Verfügung gestellt
- Beratung und Unterstützung der Akteure im Gesundheitswesen bei Verdachtsfällen von Kindesmisshandlung, bei der Sicherung von Befunden sowie der Handlungs- und Rechtssicherheit.
4. Novelle des SGB VIII
- Im Rahmen der angekündigten Reform des SGB VIII wird sich Nordrhein-Westfalen für die Festsetzung von Fallobergrenzen und überdies für eine Prüfung der bestehenden Zuständigkeitsregelungen der Jugendämter einsetzen.
5. Datenschutz und Datenweitergabe
- Zudem wird das Land mit Blick auf den Kinderschutz auf eine Überprüfung des Bereiches des Datenschutzes und hier besonders der Regelungen zur Datenweitergabe hinwirken.
Wie sie sehen, die Landeregierung tut eine Menge, damit sich ein solcher Fall nicht wiederholt! Und ich möchte noch mal betonen, die Arbeit im Innenausschuss bei diesem Fall, habe ich über lange Zeit als vorbildlich angesehen.

Allerdings verschärft sich auch dort der Ton. Am Karsamstag melden sich die Kollegen Wolf und Ganzke von der SPD zu Wort. Sie fordern den Rücktritt von Innenminister Herbert Reul. Der gleiche Kollege Ganzke, der 3 Tage vorher in der Plenardebatte zum ersten Antrag der AfD auf Einrichtung eines PUA sagte:
„Der Minister hat dies zu seinem Projekt gemacht. Das ist im Innenausschuss immer klar gewesen. Herr Reul, wir nehmen Ihnen ab, dass Sie das zu Ihrem Projekt gemacht haben. Wir sehen wohl alle im Innenausschuss, wie Sie sich bemühen und versuchen, dieses Projekt der Öffentlichkeit zu erklären bzw. uns mitzuteilen, dass Sie gewillt sind, die Aufklärung zu leisten.
Ein Projekt endet immer mit einem Abschluss. Diesen Projektabschluss muss man unter die Lupe nehmen und in der Politik dann sehen: Ist der vorgelegte Abschluss für uns und die Öffentlichkeit ausreichend, damit die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, was bei der Aufklärung versucht worden ist? Diesen Projektabschluss, den Sie, Herr Minister, uns vorzulegen haben, werden wir bewerten.“
Da fragt man sich schon, kam da ein Anruf von weiter oben und der lieber Herr Ganzke musste nun den Rücktritt fordern? Die Frage nach dem Warum darf man stellen. Eine mögliche Erklärung ist für mich, dass die SPD „ihren“ Landrat in Lippe, Dr. Axel Lehmann, schützen möchte. Ich zitiere aus dem heutigen Kommentar von Christian Althoff im Westfalen Blatt:

Es ist soweit: Die SPD-Landtagsfraktion will die Polizeipannen im Missbrauchsfall Lügde mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufarbeiten. Wohlgemerkt: nur die Polizeipannen. Das mögliche Versagen des Jugendamts Lippe soll nicht Thema im U-Ausschuss werden – schließlich steht die Kreisverwaltung Lippe unter Leitung des SPD-Landrats Dr. Axel Lehmann, und den möchte man wohl nicht in Erklärungsnot bringen.

Dies ist ein billiges und durchschaubares Manöver um von der Verantwortung von Ihrem SPD-Landrat in Lippe abzulenken. Im Innenausschuss haben wir das bereits thematisiert, ich wiederhole es für die werten Kollegen der Sozialdemokratie auch noch mal: Die Leitung der Kreispolizeibehörde gehört zu einer der Kernaufgaben eines Landrats. Zumindest die ersten vier Durchsuchungen sind federführend durch die KPB Lippe durchgeführt worden.
Ich zitiere noch mal aus dem heutigen Kommentar von Christian Althoff im Westfalen Blatt:
Aber das interessiert die SPD nicht. Sie hat sich vorgenommen, Innenminister Herbert Reul (CDU) über den Fall Lügde stolpern zu lassen. Die Aussichten, dass das klappen wird, sind allerdings schlecht. Von allen Vorwürfen, die die Sozialdemokraten in den vergangenen Monaten zusammengekratzt haben, ist einer übrig geblieben: Reul habe den Fall zwei, drei Wochen zu spät von der Polizei Lippe an die größere Polizeibehörde Bielefeld übergeben, meint die SPD.
Aber was hätte eine schnellere Übernahme durch Bielefeld gebracht? 155 CDs und DVDs waren bereits verschwunden, Kinder von ungeschulten Polizisten befragt, die Akten schlecht geführt. Klar: Die Missstände wären zwei, drei Wochen eher beendet worden. Aber reicht das, um den Rücktritt des Ministers zu fordern? Zumal der Polizeichef der Behörde Lippe damals selbstbewusst erklärt hatte, man könne in dem Fall alleine ermitteln und brauche keine Hilfe.

Die Gewerkschaft der Polizei, keine Zweigstelle der CDU, positioniert sich hier ganz eindeutig und stärkt dem Innenminister den Rücken. Ich darf den Vorsitzenden der GdP NRW, zitieren: „Wir stehen hinter unserem Minister“, gerade in schwierigen Zeiten brauche man „eine Konstante in der Führung“.
In der NRZ heißt es weiter: Michael Mertens ist überzeugt: „Minister Reul genießt nicht nur bei den Polizeibeamten hohes Ansehen, sondern – so wie ich das wahrnehme – auch bei den Bürgern.“ Diese Ansicht teile ich ebenso.
Mertens wird weiter zitiert: Minister Reul jedoch habe in seiner kurzen Amtszeit so viel bewegt wie manche Vorgänger in deren ganzer Periode nicht.

Auch diese Aussage unterschreibe ich so! Ihr SPD-Innenminister Ralf Jäger hat in den sieben Jahre seiner Amtszeit weniger bewegt, als Herbert Reul in den letzten zwei Jahren!

Nach jeder Sitzung des Innenausschusses, gehen sie liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, an die Presse und erklären, trotz aller Transparenz, beziehungsweise, wider besseren Wissens, dass mehr Fragen als Antworten hängen geblieben wären.

Transparenz und Skandale
Die Liste von Intransparenz und Skandalen von Ralf Jäger ist deutlich länger als seine Erfolge! In seine siebenjährige Amtszeit fallen so viele Skandale, so viele bei keinem anderen Innenminister unseres Landes.
• 05/2012: Zwei Polizisten durch Messerstiche bei Salafisten Demo schwer verletzt.
• 09/2014: Misshandelte Flüchtlinge durch Mitarbeiter des Sicherheitsdiensts in Landesunterkunft in Siegen.
• 10/2014: Die Polizei unterschätzt „Hooligans gegen Salafisten“ Demonstration in Köln. Beamte werden in Straßenschlacht verwickelt.
• 12/2015: In Silvesternacht 15/16 werden Frauen am Kölner Hauptbahnhof massenhaft Opfer sexualisierter Gewalt.
• 12/2016: Anschlag am Breitscheidplatz/Anis Amri.

Jäger 90 oder Pattex Ralf, hätten Sie schon viel eher auffordern sollen, seinen Stuhl zu räumen!!!

Im Gegensatz dazu pflegt Innenminister Herbert Reul einen neuen, offenen Umgang mit Fehlern. Das Wort „Fehlerkultur“ hat unter ihm eine neue Bedeutung und Stellenwert erhalten.
Liebe Opposition, ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich nicht bald mal in einer ruhigen Minute fragen müssen, ob Sie durch Ihre Aktionen „Sondersitzungen, Pressestatements, Rücktrittsforderungen, schreiende Kritik in den Ermittlungen“ nicht das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei, in den Rechtsstaat und vielleicht auch in die Politik schädigen.
Kommen wir noch mal zum Manöver der Spezialdemokraten vom gestrigen Tag. Die SPD möchte nun auch einen PUA Lüdge einrichten. Aber anders als in diesem vorliegenden Antrag und nach den Äußerungen von Kollegin Schäffer in der Presse, soll es nicht um ein Fehlverhalten des Kreisjugendamts Lippe gehen, sondern einzig um Ermittlungspannen. Dieses Tun ist schäbig, verhöhnt die Opfer und dient in keinster Weise der Aufklärung. Ihnen geht es einzig darum, den besten Innenminister der letzten 50 Jahre in NRW zu beschädigen!
Ein letztes Mal Herr Althoff im Westfalen Blatt:
SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty verstieg sich gestern sogar zu der Aussage, Reul habe bisher »keinen Beitrag zur Aufklärung« geleistet. Keinen Beitrag? Reul hat einen Sonderermittler nach Detmold geschickt, der dort die größten Fehler dokumentierte und nach Düsseldorf meldete, wo der Minister die Informationen umgehend an die Innenpolitiker der Opposition weitergab. In welchem anderen Ermittlungsverfahren hat es jemals lange vor einem Prozess eine solche Transparenz gegeben wie in diesem Fall? In keinem!

Dieses Spiel werden wir nicht mitmachen!

Den heutigen Antrag der AfD und das durchsichtige Spiel der Opposition lehnen wir ab!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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