Daniel Sieveke zur aktuellen Stunde "Rechtsterrorismus bekämpfen… Null-Toleranz bei Rechtsextremismus… Kampf gegen rechtsextremistischen Terror"

26.06.2019

[Anrede],

viele Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag haben – wie ich auch – in den letzten Jahren immer wieder Debatten zu den Herausforderungen von Extremismus in unserem Land geführt.
Dabei haben wir zuletzt insbesondere über Linksextremismus und über Islamismus aber auch über Rechtsextremismus gesprochen.
Manchmal haben wir es gefühlt in unseren Diskussionen zugelassen, dass auch hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen Vergleiche aufkamen, ob eine Form des Extremismus schlimmer ist, als eine andere.

Ich weiß, dass man gerade meiner Partei, den Konservativen, von bestimmten Seiten gerne immer wieder vorwirft, insbesondere den Rechtsextremismus zu verharmlosen.
Nachvollziehen kann ich das in keiner Weise.
Berechtigt ist es ebenso wenig.
Denn die CDU ist nicht nur eine Volkspartei, sondern auch eine Union, die über eine außerordentliche Fähigkeit zur Selbstkritik verfügt, die wir intern, aber durchaus auch öffentlich, bei mehr als einer Gelegenheit in 70 Jahren bewiesen haben!
Und wenn unsere Kritiker ehrlich wären, dann würden sie auch sehr wohl wahrnehmen und anerkennen, dass wir uns sehr schnell von einigen wenigen verwirrten Mitgliedern, gerade auch in den letzten Tagen, klar abgegrenzt haben!
Auch in den Fernsehsendungen der letzten Tage oder im Internet erlebt meine Partei selbst jetzt noch entsprechende Vorwürfe oder Andeutungen, obwohl mit Walter Lübcke ein CDU-Politiker ermordet wurde und weitere CDU-Vertreter bzw. von der CDU unterstützte Repräsentanten des Staates offen bedroht werden.
Dabei war es insbesondere Walter Lübcke, der sich nachweislich gegen rechtspopulistische Parolen und Stimmungsmache gestellt hat und der damit im wahrsten Sinne des Wortes staats- und Verantwortung tragend gewirkt hat.
Und der gerade deshalb zum Feind der Feinde unserer Demokratie wurde.
Sie wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Hause, welche „Formel“, welches „Leitmotiv“ mir selbst in diesem Kontext immer wichtig gewesen ist:
„Jeder Extremist ist Mist!“ – Das lernt man bei der Union bereits in jungen Jahren, in der Jungen Union!
Wissen Sie, warum ich diese Formulierung so gut finde?
Weil Sie eben nicht verharmlost!
Weil Sie immer daran erinnert, auf keinem Auge blind sein zu dürfen!
Weil Sie nicht die Zahlen der Morde und Verletzungen gegeneinander aufrechnet!
Weil Sie nicht zuerst fragt, ob es um einen Einzeltäter oder um ein Netzwerk geht, sondern weil selbstverständlich Einzeltäter und etwaige Netzwerke verfolgt und hinter Gitter gehören!
Weil ich persönlich mit diesem Leitmotiv immer beides ansprechen möchte, die gesellschaftliche Diskussion und Arbeit und das innenpolitische, behördliche Wirken und Bekämpfen von Extremismus gleichermaßen!
Und das ist ja auch die große und auch notwendige Einigkeit von CDU, FDP, GRÜNEN und SPD heute zu dieser Aktuellen Stunde, man sieht es schon an den Überschriften der Anträge, aber auch in deren wesentlichen Inhalten: Null Toleranz gegenüber Extremismus und null Toleranz damit auch gegenüber jeder Form von Rechtsextremismus!
Das sollte eine Selbstverständlichkeit in unserem Lande sein, ist es aber leider nicht und daher müssen wir es auch heute erneut in dieser Gemeinsamkeit und in dieser Deutlichkeit aussprechen!
Der Bundespräsident hat kürzlich über das „Sagbare und das Unsägliche“ in unserer Gesellschaft gesprochen und wurde dafür zurecht viel gelobt. Häufig wurde in den letzten Tagen und Wochen auch eine Verrohung der Sprache kritisiert.
Ich halte mich selbst durchaus für einen Freund harter und auch einmal emotionaler politischer Debatten. Und ich bin auch im Zusammenhang mit Hass im Internet für ein sehr behutsames weiteres Vorgehen des Staates. Die Menschen fordern zurecht eine Unterscheidbarkeit der demokratischen Parteien in unseren Parlamenten ein und warum sollte man für seine Überzeugungen nicht auch hin und wieder etwas lauter streiten dürfen.
Aber es gibt für alles im Leben Grenzen! Und diese Grenze wird in deutschen Parlamenten eben insbesondere von einer Partei nicht eingehalten.
Einer Partei, die sonst jede Form von Grenzübertritt auf das Schärfste kritisiert und die sich, da bin ich mit führenden Vertretern meiner Partei in Berlin vollkommen einig, die sich dieser Tage fragen muss, welche Verantwortung, welche politische Mitschuld sie trägt!


Wogegen ich mich aber auch wende, ist ein zu weit gehender Relativismus.
Ich habe heute schon die selbstkritische Haltung innerhalb der CDU betont, daher erlauben Sie mir bitte, das Folgende auch anzumerken:
Wenn Spitzenpolitiker Verächtliches oder völliges Unverständnis zum Thema Vaterlandsliebe publizieren, dann ist das kein wertvoller Beitrag.
Dass ist auch nichts, worauf man stolz sein sollte, keinerlei Patriotismus im Herzen zu tragen. Denn ich sage das Gegenteil wäre gut:
Auf der Grundlage eines gesunden, aufgeklärten Patriotismus kann eine Gesellschaft sich gut entwickeln!
Damit wird Rechtsextremen der Nährboden entzogen!
Ein verkrampftes Verhältnis zum eigenen Heimatland hingegen spielt denen nur in die Karten und kann auch nicht zum Vorbild taugen.
Lassen Sie uns als demokratische Parteien in diesem Hohen Hause daran mitwirken, dass es besser wird, dass der Nährboden für den Rechtsextremismus nicht Blüte trägt in der Zukunft, sondern schnellstmöglich austrocknet und verkümmert!
Wenn wir uns bei dieser Problemstellung parteiübergreifend noch weiter als bisher aus eingewachsenen Denkmustern befreien, ernsthaft für unsere jeweiligen politischen Ansichten und Lösungen streiten und einmal mehr Schritte aufeinander zugehen, dann bleiben wir gemeinsam auf den richtigen Weg!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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