Dr. Jörg Geerlings MdL zu TOP 11

19.09.2018
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen

Herr Präsident / Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Feststellungen und Bewertungen in den Abschlussberichten von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen können auf die betroffenen Personen schwerwiegende Auswirkungen haben. Sie werden als Parlamentsdrucksache veröffentlicht, enthalten oftmals politische Wertungen und müssen nicht zwingend dem Anspruch objektiver Sachdarstellungen genügen. Folglich können sie Ehre, Ansehen und andere Rechte der Betroffenen schädigen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse gemäß Art. 44 Absatz 4 GG der richterlichen Erörterung entzogen, also nicht mehr justizabel sind.

Bedarf es also der Einführung eines Rechts zur Stellungnahme zu den Ausführungen im Entwurf eines Abschlussberichtes? Bedarf es dazu einer Ergänzung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen, wie die AfD-Fraktion sie beantragt?

Daran habe ich große Zweifel! Denn ein Anspruch auf rechtliches Gehör vor der Veröffentlichung des Abschlussberichtes besteht schon jetzt aus der Verfassung heraus – und zwar unabhängig davon, ob es eine entsprechende einfachgesetzliche Regelung gibt. Er ist ein subjektiv-öffentliches Recht des Einzelnen aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Absatz 3.

Dieses Recht ist gängige Praxis in den Untersuchungsausschüssen von Bund und Ländern und sowohl von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und der juristischen Literatur bestätigt. Nur exemplarisch nenne ich einen Beschluss des OVG Münster vom 2. September 1986 zum Untersuchungsausschuss „Neue Heimat“. Das Recht zur Stellungnahme wird vielfältig gelebt. Und es ist auch nur im Untersuchungsausschussgesetz des Bundes und in wenigen Bundesländern ausdrücklich geregelt. Zweifel an der Notwendigkeit einer Vorschrift, die lediglich eine einfachgesetzliche Ausprägung und Konkretisierung der Reichweite wäre, sind daher angebracht.

Soweit zum Grundsätzlichen. Lassen Sie mich aber auch noch etwas zum konkreten Formulierungsvorschlag der AfD-Fraktion sagen, der – so viel Kreativität war selten – exakt der Regelung des § 32 PUAG (Bund) gleicht. Denn in der juristischen Literatur begegnet diese Formulierung erstzunehmenden Bedenken.

1.) Damit jemand das Recht zur Stellungnahme wahrnehmen kann, muss eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegen. Der Begriff „erheblich“ ist unbestimmt und deshalb nicht gut geeignet, als Kriterium zur Begrenzung des rechtlichen Gehörs zu dienen.
2.) Das Recht zur Stellungnahme soll nach dem Gesetzentwurf gar nicht bestehen, soweit die Ausführungen der beeinträchtigten Person in einer Sitzung zur Beweisaufnahme erörtert worden sind. Auch diese Begrenzung hat sich in der Praxis als äußert problematisch erwiesen.

Wir werden in den Ausschussberatungen die Möglichkeit haben, diese im Einzelfall zu erörtern. Und wir werden sehen, ob eine solche Regelung wirklich erforderlich ist und wie sie eventuell aussehen kann.

Der Überweisung an den Rechtsausschuss stimmen wir natürlich zu.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

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