Dr. Jörg Geerlings zu TOP 6 "Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 41 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zur Verantwortung der nordrhein-westfälischen Landesregierung...:"

15.05.2024

Herr Präsident / Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,

wir sprechen heute zum wiederholten Mal über das Besetzungsverfahren für den Präsidenten bzw. die Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen.

Ein Verfahren, das – nüchtern betrachtet – keinerlei Besonderheiten aufweist. Der Minister der Justiz, Herr Limbach, hat – wie auch sein Amtsvorgänger – schlicht und einfach geltendes Recht angewendet und die Besetzung nach dem Grundsatz der Bestenauslese vorgenommen.

Zwei unterlegene Bewerber haben nach der Entscheidung über die Besetzung den Weg der beamtenrechtlichen Konkurrentenklage bestritten. Das ist in der öffentlichen Verwaltung und in der Justiz erstens legitim und zweitens nicht unüblich. Erinnert sei etwa an die Besetzung der Spitzenposition beim OLG Hamm (2009) oder beim OLG Köln (2020). Auch bevor 2019 ein neuer Präsident des Landessozialgerichtes eingeführt wurde, gab es eine juristische Auseinandersetzung.

Inzwischen ist über die beiden Verfahren abschließend entschieden. Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Minister der Justiz rechtmäßig gehandelt hat. Diese Entscheidung ist abschließend, eine Revision ist nicht möglich.

Nun hat ein unterlegener Bewerber den Weg der Verfassungsbeschwerde beschritten. Hierbei wird lediglich geprüft, ob ein Urteil aufgrund verfassungsmäßiger Gesetze ergangen ist und ob die Grundrechte bei Anwendung dieser Gesetze beachtet worden sind. Tatsachen oder Fehler bei der Rechtsanwendung spielen dabei keine Rolle. Soweit die nüchternen Fakten.

Von diesen Fakten haben Sie, die Abgeordneten von SPD und FDP, sich meilenweit entfernt. Sie haben schon vor Monaten die Ebene des Sachlichen verlassen und veranstalten politischen Klamauk!
- Sie versuchen, etwas zu konstruieren, was in Wirklichkeit nie stattgefunden hat.
- Sie haben mehrere Sondersitzungen des Rechtsausschusses nur zu diesem Thema beantragt, zusätzlich eine Fragestunde hier im Plenum des Landtags.
- Sie haben sich immer aufs Neue mit Rücktrittsforderungen überboten.

Und nun also die Krönung: Sie beantragen einen Untersuchungsausschuss!

Ich frage mich: Wo bleibt eigentlich Ihr Respekt vor der Justiz und den Richtern? Welchen Stellenwert hat für Sie eigentlich die richterliche Unabhängigkeit? Wollen Sie jetzt unseren Rechtsstaat umbauen und den Untersuchungsausschuss als neue Super-Revisionsinstanz installieren?

Mit diesem Untersuchungsausschuss zeigen Sie, dass Sie der Justiz unseres Landes misstrauen! Das finde ich unerträglich!

Und ich komme zu dem Schluss: Der Untersuchungsausschuss ist unnötig und überflüssig.

Und dazu ist der Antrag auch noch handwerklich schlecht gemacht. Dazu drei Beispiele:

- Ein Einsetzungsbeschluss darf nicht wertend oder spekulativ sein und keine (unbelegten) Tatsachenbehauptungen enthalten, da er in diesem Fall das vorwegnimmt, was durch die Untersuchung erst aufgedeckt werden soll.
Das tut aber der Antrag von SPD und FDP.

- Der Einsetzungsbeschluss muss sowohl sachlich als auch zeitlich und personell hinreichend bestimmt sein, da er den Arbeitsauftrag des Untersuchungsausschusses klar zu umgrenzen hat.
Das ist aber der Antrag von SPD und FDP nicht.

- Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, konkret der Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung, darf von Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausgeforscht werden. Dies gilt insbesondere für die Willensbildung der Regierung selbst, das heißt die Erörterungen im Kabinett, die Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen und die ressortübergreifenden und ressortinternen Abstimmungsprozesse.
Genau das will der Antrag von SPD und FDP aber untersuchen.

Ich fasse zusammen: Der Untersuchungsausschuss ist unnötig und überflüssig. Und der Antrag ist handwerklich schlecht gemacht. Die Fraktionen von SPD und FDP haben sich verrannt. Eigentlich sollten sie diesen Antrag zurückziehen.

Meine Damen und Herren, das Untersuchungsrecht ist eines der wichtigsten und ältesten parlamentarischen Rechte und ist von herausragender Bedeutung in einer Demokratie. Der Minderheit steht zwar nicht das Recht auf Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses selbst zu; zur Einsetzung ist ein Mehrheitsbeschluss erforderlich, auf den die Minderheit einen Anspruch gegenüber dem Landtag hat. Das respektieren wir bei allen vorgebrachten Bedenken.

Wir achten unsere Verfassung und wir respektieren auch die Rechte der Minderheit im Parlament. Deshalb werden wir nicht gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stimmen und uns bei der Abstimmung über den Antrag enthalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.