Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
als ich den Bericht zum Gender Pay Gap des Netzwerks Frauen- und Geschlechterforschung NRW in die Hand bekam, habe ich mich gefragt, in welchem Jahrhundert wir eigentlich leben! Wie kann es sein, dass in den wenigen Jahren seit der Einführung der W-Besoldung über das individuelle Aushandeln der Leistungsbezüge eine Situation entstanden ist, in der Professorinnen in NRW im Durchschnitt 521 Euro weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen? Wenn man das mit anderen Tarifordnungen im öffentlichen Dienst vergleicht, tut sich hier bei prinzipiell gleichem Status ein Abstand von bis zu zwei Gehaltsstufen auf.
Meine Damen und Herren,
die Zeiten, dass wir Gerechtigkeitsforderungen angesichts solcher Differenzen – in der Spitze weit über 1000 Euro – mit Begründungen wie, dass die Karrierewege von Frauen durch Familienverpflichtungen anderen seien, dass Frauen eben besser verhandeln sollten, beschwichtigend abtun, müssen ein Ende haben!
Mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung ist weiblich, Abiturientinnen machen überdurchschnittlich gute Abschlüsse und im weiteren Verlauf der Qualifizierungsetappen über Studium, Promotion, Habilitation verlieren wir mit jedem weiteren Karriereschritt immer weitere Teile dieses wichtigen Potenzials der Wissenschaft für Forschung und Lehre an unseren Hochschulen. Das Stichwort „gläserne Decke“ gehört anscheinend auch zur wissenschaftlichen Realität in NRW. Das ist kein Zustand und wir brauchen hier ganz klar politische Instrumente für eine ordnungspolitische Nachsteuerung. Mit frommen Worten und bloß deklaratorisch kommen wir nicht weiter. Aber: Zurecht möchte keine Frau als Quotenfrau gelten, insbesondere nicht im Hochleistungsbereich der Wissenschaft. Bestenauswahl und Frauenförderung müssen zusammengedacht werden und komplementäre Bestandteile der Wissenschaftspolitik unseres Landes sein.
Ein Blick nach Eindhoven zeigt, wie rigoros dort mit dem Irène-Curie-Stipendium gehandelt wird: Laut Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung wolle die dortige Universität in den kommenden fünf Jahren die 150 wissenschaftlichen Stellen, die voraussichtlich frei werden, ausschließlich mit Frauen besetzen. Diese sollen jeweils 100.000 Euro zusätzliche Forschungsmittel erhalten und Männer würden erst in Betracht gezogen, wenn nach sechs Monaten Suche keine ausreichend qualifizierte Bewerberin gefunden werde. Ich glaube – und die sich um diese Maßnahmen rankenden Debatten zeigen es auch –, dass unsere niederländischen Freunde, indem sie durch diese Maßnahmen die eine Schieflage zu beheben beabsichtigen, zugleich neue Ungerechtigkeiten erzeugen und das kann nicht die Lösung für NRW sein: Diskriminierung kann man nicht mit Diskriminierung bekämpfen. Aber ich bekenne frei, dass mir der hier sichtbar gewordene Impetus sehr imponiert!
Die NRW-Koalition – und ich spreche hier für die CDU-Fraktion – will Frauen in der Wissenschaft stärken. Ein wichtiger Baustein dafür ist, dass wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als zentrale Zukunftsaufgabe der Hochschulen adressieren. Und diese Vereinbarkeit ist gleichermaßen ein Thema für Frauen und Männer! Wir müssen insbesondere die Kinderbetreuungsstrukturen verbessern und mehr Möglichkeiten für den Ausbau von Kitaplätzen in den Hochschulen schaffen, so wie es meine Alma mater in Münster mit dem Bau eines neuen Kindergartens gerade macht. Was wir hier baurechtlich dafür tun können, muss angegangen werden! Vor allem aber brauchen wir mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in den Gehaltsstrukturen: finanzielle Leistungsanreize müssen diskriminierungsfrei gewährt werden! Hier schließen wir uns den Forderungen des Deutschen Hochschulverbandes ausdrücklich an und hoffen sehr, dass im Austausch mit den Hochschulleitungen entsprechende Vergabekriterien und Beurteilungsrichtlinien erarbeitet werden können. Natürlich muss konstruktiver und anregender über Karriereperspektiven von Frauen in der Wissenschaft kommuniziert werden. Eine Imagekampagne kann exemplarisch weibliche Vorbilder in Wissenschaft und Forschung thematisieren und Anreize setzen. Frauenförderung in der Wissenschaft muss früher beginnen, deswegen regen wir ein entsprechendes Mentoring- und über die gemeinsame Wissenschaftskonferenz ein besonderes Mittelbauprogramm an. Wichtig sind auch Entlastungen und Nachteilsausgleiche für Frauen, die als Beauftragte überdurchschnittlich in Gremienarbeit eingebunden sind und deswegen ungleich mehr von Forschungsarbeit abgehalten werden. Damit die Bemühungen an den Hochschulen vor Ort auch landesweit sichtbar werden und eine mit der Bestenauswahl verbundene effektive Frauenförderung zu einem wichtigen Benchmark wird, möchten wir nicht zuletzt einen Landesgleichstellungspreis für exzellente Gleichstellungsarbeit an den Hochschulen ausloben.
Meine Damen und Herren,
es kann wohlfeil wirken, sich als Mann hier in den Landtag zu stellen und als Feminist zu outen. Ich garantiere Ihnen aber, dass wir die Entwicklungen in den kommenden Monaten intensiv beobachten werden. Diese Gehaltsunterschiede zu Lasten von Frauen sind in einer aufgeklärten „offenen Gesellschaft“ nicht hinzunehmen! Wir wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Elternverantwortung unterstützen und wir brauchen vor allem auch das kreative Potenzial unserer starken Frauen in der Wissenschaft.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
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