Fabian Schrumpf zu TOP 1 "Schließungswelle beim Kaufhaus-Konzern "Galeria Karstadt-Kaufhof"

25.06.2020

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

eine Hiobsbotschaft für Nordrhein-Westfalen, aber insbesondere auch für die Ruhrgebietsstädte Dortmund, Essen und Witten gibt uns Anlass zur heutigen aktuellen Stunde.

Noch im letzten Jahr haben wir als CDU Fraktion bei einem Werkstattgespräch ausführlich mit Vertreterinnen und Vertretern des Einzelhandels über Perspektiven für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen diskutiert. Einig waren sich alle Beteiligten darüber:
Der stationäre Einzelhandel in unseren Städten und Gemeinden steht vor großen Herausforderungen.

Doch niemand konnte zu diesem Zeitpunkt aber auch nur ansatzweise erahnen, wie gewaltig diese Herausforderungen im Jahr 2020 tatsächlich sein würden. Heute hat die Corona-Pandemie den Einzelhandel mit voller Wucht getroffen.

Die Folgen der Pandemie – in Kombination mit hausgemachten Fehlern, Oliver Kehrl ist gerade darauf eingegangen – sind so schwerwiegend, dass Karstadt Kaufhof – als einstiger stolzer Kaufhausriese, ja als letzter großer Warenhauskonzern in Deutschland –  diesen bundesweit nicht standhalten kann.

Unabhängig von den letztendlichen Ursachen steht fest, dass die geplanten Schließungen für alle betroffenen Städte ein harter Schlag sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
gerade für mich als Essener ist es unvorstellbar, dass der großzügige Galeria-Kaufhof-Bau am Willy-Brand-Platz in Essen künftig seine Türen für immer schließen soll.

Und auch Karstadt ist für viele Menschen mehr als nur ein Ort zum Einkaufen. Karstadt ist mit seinem vielfältigen Warenangebot und der integrierten Gastronomie für Viele auch Ort der Begegnung. Ein Treffpunkt für Jung und Alt.
Vielerorts das Eingangstor zur Innenstadt und damit nicht zuletzt auch Aushängeschild und Einkaufsmagnet.

Viele Menschen verbinden mit Karstadt Kindheitserinnerungen. Sei es der Ausflug mit Oma und Opa anlässlich der Einschulung, um den ersten eigenen Schulranzen auszusuchen,
das kleine Spielzeugauto als Belohnung nach einem tapferen Zahnarztbesuch, oder auch das obligatorische Paar Socken oder die Krawatte für den Verwandten zum Geburtstag.

Auch ich verbinde ganz besondere Erinnerungen mit Karstadt. So habe ich mir damals im Karstadt Sporthaus am Limbecker Platz in Essen meine ersten Inlineskates aussuchen dürfen, die mir heute zwar nicht mehr passen, aber immer noch gut verstaut im Keller liegen.

Karstadt hat sich aus guten Gründen Ende der 60er Jahre entschieden, seine Konzernzentrale nach Essen ins Ruhrgebiet zu verlegen. Karstadt ist daher mit meiner Heimatstadt und den Menschen vor Ort über mehr als fünfzig Jahre fest verbunden.
Wir haben Karstadt – neben dem großen Warenangebot und den schönen Kindheitserinnerungen – daher auch die Schaffung vieler Arbeitsplätze zu verdanken.
Und die Menschen vor Ort haben dies in guten Zeiten durch Kaufkraft und Kauflust stets zurückgezahlt.
Doch Nostalgie alleine hilft heute nicht weiter. Es wurde bereits mehrfach angesprochen. Die Welt hat sich weitergedreht.
Doch gerade in schwierigen Zeiten wie diesen gilt es umso mehr, Verantwortung, soziale Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für die Region, für die Stadt, für die Menschen und die vielen Beschäftigten.
Das Ziel muss sein, einen kompletten Kahlschlag bei den Standorten im Ruhrgebiet abzuwenden. Denn dieser wäre nicht nur für die betroffenen Städte fatal.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle an alle Verantwortlichen appellieren,
im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
des Unternehmens,
sowie der betroffenen Kommunen, überdenken Sie nochmals die beabsichtigten Schließungen! Lassen Sie Ihren Stammsitz, lassen Sie Ihre Heimat nicht im Stich!

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir im Ruhrgebiet sind es gewohnt, Herausforderungen anzunehmen und diese weniger als Risiko, sondern viel mehr als Chance zu begreifen. Wir stecken die Köpfe nicht so schnell in den Sand, sondern krempeln die Ärmel hoch!


Schon 2016 – als es seitens der Unternehmensspitze Überlegungen gegeben hat, die Konzernzentrale in eine andere Stadt zu verlegen – hat die Stadt Essen unter Führung unseres Oberbürgermeisters Thomas Kufen gezeigt, dass sie an der Seite der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht und für den Standort kämpft.
In konstruktiven Gesprächen konnte das Ziel erreicht werden, den Konzern und damit auch viele Arbeitsplätzen in Essen zu halten.

Und auch jetzt zeigen sich die betroffenen Städte, aber auch viele Menschen in der Region, solidarisch mit den Beschäftigten und setzen sich gemeinsam für jeden einzelnen Standort ein.

Und das völlig zu Recht liebe Kolleginnen und Kollegen:
Der Limbecker Platz in Essen zieht im Durchschnitt täglich 51.000 Besucherinnen und Besucher an.
Sowohl die Limbecker Straße in Essen als auch der Westenhellweg in Dortmund werden unter den bundesweit 20 meist frequentierten Einkaufsstraßen gelistet.
Das müssen aus unternehmerischer Sicht doch gute Argumente sein, um genau dort die Standorte zu erhalten!


Sehr geehrte Damen und Herren,
die Landesregierung hat mit starker Stimme und großem Engagement im Bund dafür gesorgt, dass unsere Kommunen von ihren Soziallasten erheblich befreit werden und damit nicht zuletzt auch finanzielle Spielräume und Perspektiven geschaffen. Allein für die Ruhrgebietsstädte bedeutet die höhere Übernahme der Kosten der Unterkunft eine Entlastung rund 400 Millionen Euro.
Das Landeskabinett hat zudem das Nordrhein-Westfalen-Programm I in Höhe von 3,9 Mrd. Euro auf den Weg gebracht.
Darin enthalten sind – neben weiteren Entlastungen – u.a. ein 70 Millionen schweres Sofortprogramm zur Stärkung und Attraktivierung der Innenstädte und Zentren.

Wir wollen Gewerbe und Industrie erhalten und stärken, wirtschaftliche Perspektiven verbessern, die Menschen in Lohn und Brot halten oder bringen, attraktive Lebensbedingungen schaffen, Innovation und Fortschritt ermöglichen. Damit letztlich auch die Bürgerinnen und Bürger in der Metropole Ruhr von dem überzeugt sind, was Ministerin Scharrenbach einmal sehr schön formuliert hat –
„Wer im Ruhrgebiet wohnt, wohnt in der Zukunft.“
Und ich ergänze nun, auch in dieser Zukunft soll es einen festen Platz für einen Karstadt oder einen Kaufhof geben! Herzlichen Dank.

Autoren