Gesetz zur Gebührenfreiheit der Hochschulen des Landes NRW – Gebührenfreiheitsgesetz

01.03.2018
Rede
Guido Déus MdL zu TOP 2

Sehr geehrter Herr Präsident (sehr geehrte Frau Präsidentin),
sehr verehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren.

Man könnte den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD zur Gebührenfreiheit der Hochschulen des Landes NRW etwas flapsig als „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ für das Parlament kommentieren.

Denn, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzesentwurf richtet sich gegen Gebühren an Hochschulen, die es gar nicht gibt. Mit Blick auf die durchgeführte Anhörung möchte ich mich, mit der eigentlichen Problematik, einer vernünftigen und zukunftssicheren Hochschulfinanzierung, allerdings lieber angemessen befassen. Nordrhein-Westfalen hat eine hervorragende Hochschul- und Wissenschaftsstruktur. Mit über 67 Hochschulen und über 100 weiteren Forschungseinrichtungen sind wir das Wissenschaftsland in Deutschland! Und das soll nicht nur so bleiben, nein - wir wollen und müssen in diesem Bereich noch stärker werden.

Das ist nicht nur eine Aufgabe, sondern auch eine große Chance, die unser gemeinsames Ziel sein sollte. Denn Wissenschaft, Forschung und Entwicklung sind für unser Land, für unsere Volkswirtschaft, für die weitere wirtschaftliche Entwicklung und alle kommenden Herausforderungen essentiell! Und die Grundvoraussetzung und wichtigste Rahmenbedingung für die anstehenden Aufgaben ist eine angemessene finanzielle Ausstattung der Hochschulen! In diesem Punkt herrscht - davon hoffe ich ausgehen zu können - fraktionsübergreifend Konsens.

Jetzt aber hat die Fraktion der SPD einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem sie schon einmal vorab eine gesetzliche Regelung kritisiert, die gar nicht existiert! Es gibt noch nicht einmal eine Vorlage, meine Damen und Herren! Ein Gesetzentwurf als verfrühte Antwort auf eine Interpretation unseres Koalitionsvertrages? Bei allem Unverständnis über Zeitpunkt und Inhalt dieses Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion, geht es aber doch eigentlich darum, wie wir den Wissenschaftsstandort NRW zukunftsfest machen, wie wir eine dauerhafte Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen erreichen und sichern und dass wir die von der SPD betriebene wissenschaftsfeindliche Überregulierung und Bürokratisierung im Hochschulbereich der letzten Jahrzehnte endlich zurückfahren. Das bedeutet für uns eine Novellierung des Hochschulgesetzes, die Streichung des rot/grünen Hochschulentwicklungsplans oder der Zivilklausel, aber auch, dass das Durchgriffsrecht des Landes entfällt, das es bislang ermöglicht hat, bei Konflikten Landeszuschüsse als Druckmittel einzusetzen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion! Sie behaupten, so die Diktion Ihres Gesetzentwurfes, die NRW-Koalition habe angekündigt allgemeine Studiengebühren einführen zu wollen. Sie wenden sich gegen diese angeblichen Gebührenpläne und plädieren für eine allgemeine Studiengebühren-Freiheit. Dazu führen Sie argumentativ „stützende“ Stellungnahmen aus den Anhörungen im Wissenschaftsausschuss an, wonach sich die Meisten gegen die Einführung von Studiengebühren eingesetzt hätten (Studierendenwerke, Gewerkschaften, Bundesverband ausländischer Studierender und andere). Gegenstand der Anhörung war aber Ihr Gesetzesentwurf - nicht die Regelungen des Koalitionsvertrages - und Sie verschweigen, dass die überwiegende Mehrheit der Sachverständigen den Gesetzentwurf der SPD ablehnt und sehr differenziert zur Frage einer Einführung von allgemeinen Studiengebühren für Studierende aus „Drittstaaten“ an NRW-Hochschulen Stellung genommen hat und diese eben nicht „per se“ ablehnt.

Es ist kein guter Stil, das Thema Studiengebühren auf die Agenda zu heben und eine grundsätzliche Diskussion zu initiieren, nur um mit den dazugehörenden - und bekannten - Abwehrreflexen reagieren zu können. Hier machen Sie es sich zu einfach! Ansehen und Qualität des Studienangebotes sind im internationalen Vergleich weit wichtiger für die Wahl des Studienortes, als eine komplette Gebührenfreiheit.

Sie verschweigen, - vielleicht wollen Sie es aber auch nicht wissen -dass aus der Anhörung und den einzelnen Stellungnahmen eindeutig hervorgegangen ist - dass die Hochschulen chronisch unterfinanziert sind und wir uns dringend über neue Wege der Hochschulfinanzierung Gedanken machen müssen. Und das, obwohl wir in NRW den höchsten Hochschuletat aller Zeiten ausgewiesen haben. Die NRW Koalition aus CDU und FDP ist sich dieser Aufgabe also sehr bewusst.

Wir möchten und wir werden die Hochschulen zukünftig wieder stärker unterstützen und ihnen die eigenverantwortliche Gestaltungskraft zurückgeben, die ihnen zusteht und die ihnen unter der Regierungsverantwortung von SPD und unter Rot-Grün weitgehend genommen wurde. Der hoffentlich unter allen Fraktionen unstrittige Wunsch zur Verbesserung der Situation an den Hochschulen, die für eine höhere Qualität der Lehre sowie zur Verbesserung der Studienrahmenbedingungen kann nur, nur mit zusätzlichen finanziellen Mitteln in die Realität umgesetzt werden.

Aus den Stellungnahmen im Rahmen der Anhörung im Wissenschaftsausschuss vom 21.11.2017 ist uns allen bewusst, dass auch das Baden-Württemberg-Modell - d.h. die Umsetzung der Studienbeiträge für Nicht-EU-Ausländer (Studierende aus Drittstaaten) - von der Mehrheit der Sachverständigen „kritisch“ gesehen wird. Ebenso ist aber bekannt, dass das Modell in Baden-Württemberg aktuell evaluiert und hinsichtlich einer etwaigen Umsetzung in NRW sorgsam überprüft wird. Unsere Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen hat hierzu im Wissenschaftsausschuss klare Worte gefunden: * Wir werden in NRW keinen Schnellschuss wagen * Wir sind erst am Anfang eines Diskussionsprozesses * Wir werden die Auswertung aus Baden Württemberg abwarten, diese sorgsam analysieren und ihnen sodann eine Vorlage unterbreiten. Behauptungen, die NRW-Koalition beabsichtige also ganz aktuell eine ungeprüfte Übertragung eben des Baden-Württemberg-Modells auf NRW oder erst recht eine Ausweitung auf Studierende von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind unwahr!

Richtig ist vielmehr, dass wir im Koalitionsvertrag für NRW fixiert haben, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten (der Präsidentin) aus dem Koalitionsvertrag von CDU/FDP S. 18f.) „…Hochschulen sollen in ihrer Rolle als Katalysatoren für Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt wieder gestärkt werden ….dafür brauchen sie wieder mehr Freiheit, bessere Rahmenbedingungen und eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung“… und ich zitiere weiter … „zur Finanzierung … werden wir jedoch auf die Einführung allgemeiner Studiengebühren verzichten“. Verzichten, meine geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu einer etwaigen Vorhaltung, dass wir mit einer möglichen Einführung einer Gebührenpflicht für Studierende aus Drittländern gegen die Position im Koalitionsvertrag verstoßen oder Studierende aus Drittländern diskriminieren würden, erwidere ich: auch dem ist nicht so. Denn bei der Erhebung von Studiengebühren bildet der konkrete gefestigte Inlandsbezug das rechtlich entscheidende Kriterium. Und selbstverständlich werden wir, wenn es zu einer Vorlage der Regierung kommt, uns an dieser Stelle auch Gedanken über Stipendien machen um z.B. auch Studierenden aus Entwicklungsländern weiterhin ein Studium in NRW zu ermöglichen.

Und wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD unser Handeln an unserem Koalitionsvertrag messen möchten, gerne, dann erlauben Sie mir darauf hinzuweisen, dass in diesem auch fixiert ist, dass „wir den Landesanteil zur Ko-Finanzierung des Hochschulpakts im Umfang von 250 Millionen Euro verstetigen werden“. Das haben wir mit unserem Haushaltsgesetz 2018 bereits umgesetzt. Denn nur mit gesteigerten finanziellen Mitteln und geeigneten Maßnahmen zur Unterstützung der Hochschulfreiheit werden wir die Hochschulen in NRW noch attraktiver gestalten, Studienbedingungen für Lehre und Studierende nachhaltig verbessern, die Wissenschaft fördern und unsere Hochschulen im Wettbewerb mit anderen Hochschulen sowie im Bereich des internationalen Wettbewerbs zukunftsfit machen.

Das sind unsere Aufgaben, liebe Kolleginnen und Kollegen und hieran lassen wir uns dann 2022 gerne messen. Ich lebe, mit 20 Jahren Erfahrung in Kommunalparlamenten, in der Wissenschaftsstadt Bonn, die Bonner Uni hat aktuell die Chance NRWs dritte Exzellenzuniversität zu werden und mir ist nicht zuletzt durch zahlreiche Gespräche mit den Universitäts- und Hochschulleitungen in Bonn und der Region bekannt, wo genau der Schuh drückt. Die Reaktionen der Hochschulen auf die durch die NRW-Koalition angekündigte Entbürokratisierung bei Hochschulen und die Novellierung der Hochschulgesetzgebung zeigen mir, dass sich CDU und FDP zweifellos auf dem richtigen Weg befinden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot/Grün, im hohen Hause wird immer von den letzten 7 Jahren Ihrer Regierungszeit gesprochen. Mit nur einer Unterbrechung haben Sie allerdings in den letzten 50 Jahren NRW regiert. Sie wurden letztes Jahr abgewählt, da die Menschen in NRW mit Ihrer Regierungsleistung unzufrieden waren. Sie sollten die Menschen in NRW jetzt nicht auch noch als Opposition enttäuschen, sondern sich konstruktiv mit uns den realen Problemen stellen anstatt nur unnötige Ängste zu schüren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Anfang einer Diskussion um eine verbesserte Hochschulfinanzierung und nicht am Ende dieser Diskussion. Ich freue mich auf weitere - hoffentlich konstruktive - Beratungen hierzu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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